1. Zion control
Auf der Oberfläche des
Mensch-Maschinen-Konflikts sind Lock und der Architekt Gegenspieler: Der
Architekt schickt die Wächter, gegen die Lock Zion verteidigt. Die
Subebene deutet die beiden dagegen als zwei Verkörperungen der gleichen
Idee. Der Architekt repräsentiert den Materialismus auf der Ebene des
Verstandes, Lock auf der Ebene des Körpers. Die Parallelität der Bilder
verweist auf die Parallelität der hinter den beiden stehenden Ideen.
„Nebuchadnezzar, this is Zion control...“.
Virtual Control
Virtual Control
Zion wird aus einem Raum heraus kontrolliert, in dem sich das äußere Geschehen in einer Vielzahl von Bildschirmen spiegelt.
Die kontrollierenden Menschen sind an eine Art Matrix angeschlossen …
… an einen Raum, der weiß, steril, rund und zugleich virtueller Natur ist.
Aus diesem Raum heraus übernimmt Lock beim Angriff der Wächter die Kontrolle über Zion.
Die oberste Kontrollinstanz der
angreifenden Maschinen ist der Architekt, in dessen weißen, sterilen,
runden und virtuellen Raum …
... sich das gesamte Geschehen
der Matrix und sämtlicher an sie angeschlossenen Menschen in einer
Vielzahl von Monitoren spiegelt.
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Die deutlichste Parallelisierung von Lock und dem Architekten war den Wachowskis vielleicht zu offensichtlich; sie findet sich zwar im Drehbuch zu Revolutions, hat es aber nicht in den Film geschafft:
Der Rationalist sieht sich mit einer dunkelhäutigen älteren Frau konfrontiert.
Eine Aussage, die Lock bekannt vorgekommen wäre:
Der Rationalist sieht sich mit einem Dunkelhäutigen ...
... und einer älteren Frau konfrontiert.
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Mensch ≠ Maschine
Der Rave interpretierte Sex als
Einswerden des Materiellen mit einem Absoluten jenseits des Materiellen.
Er zeigte ein freies Bewusstsein, jenseits der Kontrolle jeglicher dem
Menschen inne wohnender mechanischer Prozesse.
Mensch = Maschine
Die Schlacht um Zion ist der
Gegenentwurf zum Rave. Die beiden Rationalisten Lock und der Architekt
übernehmen das Kommando und damit die Kontrolle. Der Mensch wird zur
Maschine. Auf diese einfache Formel brachte Julien-Offray de la Mettrie
den Inhalt und die Konsequenz des Materialismus im Titel seines Werkes
„Der Mensch eine Maschine“. Die Theorie, dass sich alle Vorgänge und
Phänomene dieses Universums inklusive des Menschen und des menschlichen
Bewusstseins auf ein einziges Grundprinzip – die Materie – zurückführen
lassen und dass sich die Matrixtrilogie mit dieser Theorie
auseinandersetzt, zog sich mal mehr mal weniger intensiv durch alle
vorangegangenen Kapitel. Die Schlacht um Zion deutet diese Theorie auf
der Ebene des Materiellen aus. Was bedeutet es, wenn das Bewusstsein und
damit alle unsere Wahrnehmungen, unsere Entscheidungen und die daraus
resultierenden Handlungen nur eine Funktion von materiellen Prozessen
sind? In was für einen Kosmos wären wir hineingeboren, wie sinnvoll eine
entsprechende Existenz? Das martialische Gemetzel der Schlacht um Zion
gibt eine subjektive Antwort auf diese Frage.
Die Grundidee der Schlacht ist die
gleiche wie beim Rave: Die Einwohner Zions repräsentieren die Idee, dass
der Mensch mehr ist als eine Maschine und die Wächter die Idee, dass
der Mensch eine Maschine ist. Im Kampf gegen die Maschinen werden die
Menschen selbst immer mehr Teil eines maschinellen Prozesses, der Mensch
wird Maschine.
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2. Simulierte Filmrealitäten I: Computerspielende Rebellen
Die Subebene formt die Oberfläche.
In der Inszenierung der Schlacht um Zion setzen die Wachowskis dieses
Grundkonzeptes in extremer Weise um. Die Oberfläche zeigt eine Schlacht
zwischen Menschen und Maschinen. Die Subebene deutet diesen Kampf als
einen zwischen der Deutung des Menschen als Maschine und der Deutung des
Menschen als einer Lebensform jenseits einer Maschine. Sie
charakterisiert dabei die Idee des maschinellen Menschen. Diese
Konzeption der Subebene formt die Oberfläche. Sie tut dies nicht nur im
Hinblick auf einzelne Szenen, Bilder oder Inhalte, sondern auf eine
grundlegende Art: Die Wachowskis adaptieren Konstellationen,
Stillelemente, Logik, Ästhetik, Inszenierung, Realität und Wertesysteme
von „fremden“ Genres. In der Schlacht von Zion simuliert und reflektiert
die Oberfläche die Realitäten von Computerspielen sowie von
reaktionär-patriotischen Kriegsepen.
Computerspiele werden auf verschiedenen Ebenen gespiegelt.
So folgt Mifunes Kampf gegen den ihn
attackierenden Wächterwurm kaum der Logik eines realistischen
Kampfgeschehens. In der Realität eines Computerspiels dagegen ergibt das
Szenario Sinn: Ein einzelner Kämpfer steht einer Überzahl sich auf ihn
zu bewegender Angreifer gegenüber und muss sie vernichten. Irgendwann
wird das zahlenmäßige Ungleichgewicht zu groß und der Einzelkämpfer wird
nach einem glorreichen Kampf vom Gegner überrollt.
Der zur Geschichte des tapferen Ego-Shooters passende Perspektivwechsel findet sich an anderer Stelle:
An den bewegten Bildern ist es
deutlicher zu erkennen: Die Kameraperspektive folgt – wie in einem
Ego-Shooter – der Bewegung der Waffe. Die Oberfläche adaptiert die
Gesetzmäßigkeiten eines Computerspiels. Der nächste Schnitt verrät dem
Zuschauer auch sofort, wer da gerade eine Runde spielt.
Während die Auseinandersetzungen
zwischen Mensch und Maschine in der virtuellen Welt physischer Natur
sind, scheinen sie ironischerweise in der physischen Welt einen
virtuellen Charakter zu haben. Kämpfende Menschen zeigt die Schlacht von
Zion in erster Linie sitzend, mit einem oder zwei Joysticks in der
Hand und häufig mit einem Bildschirm in der Nähe.
Gespielt werden die Klassiker:
Von oben herabkommende, in ihrer Zahl zunehmende „Aliens“, die
abgeschossen werden müssen. Der schnelle Flug mit einem Raumschiff durch
einen Tunnel und eine Kombination von beiden: Verfolger im Tunnel
abschießen.
Zwei von diesen Spielen hat der
Zuschauer, der sich die Zeit zwischen Reloaded und Revolutions mit
„Enter the Matrix“ vertrieben hat, selbst gespielt. Er hat dies in der
Rolle der Personen getan, die er jetzt spielen sieht: Als Niobe musste
er die Logos im Verlaufe einer Flucht vor den Wächtern durch das
Tunnelsystem lenken. In der Rolle von Ghost galt es wie hier die
Verfolger vom Hovercraft fern zu halten.
Bei einem Computerspiel entsteht
eine Verbindung zwischen dem Spieler und einer Maschine. Der Mensch wird
zum Bestandteil eines maschinell gesteuerten Prozesses. Er reagiert auf
vorgegebene Reize: Aktion – Reaktion. Diese Erfahrung haben viele
Zuschauer in den gleichen Szenarien gemacht, die die Filmoberfläche
zeigt. Revolutions nimmt die im Spiel bereits gemachten Erfahrungen der
Zuschauer auf und transferiert sie auf die Oberfläche. So entsteht eine
etwas ungewöhnliche Art der Interaktion zwischen Film und Spiel: Der
Spieler wird ein Teil des Computerspiels, das Computerspiel wird ein
Teil der Oberfläche, die Oberfläche folgt der Konzeption der Subebene,
die Subebene zeigt, wie der Mensch eine Maschine wird.
Diese zunächst recht abstrakte Idee
erfährt in der anschließenden Sequenz eine visuelle Umsetzung auf der
Bildoberfläche: Nach den am Bildschirm spielenden Besatzungsmitgliedern
werden Menschen gezeigt, die dieses „Spiel“ in einen maschinellen
Prozess einbindet. Beim Nachladen der Waffen werden die Menschen ein
Teil eines entsprechenden Mechanismus. Im vorgegebenen Moment schieben
sie den vorgegebenen Behälter in vorgegebener Weise an die vorgegebene
Stellung und ziehen an den vorgegebenen Hebeln.
Der Mensch wird als ein Glied in
einer Kette sich fortsetzender Bewegungen inszeniert, er wird zum
Gefangenen sich gegenseitig bewegenden Zahnrädern, …
…er wird zu einem Uhrwerk!
Die vollständige Sequenz:
1. Inszenierung als Computerspiel
2. Computerspielende Rebellen, die als „Spieler“ Teil eines maschinellen Prozesses werden
3. Menschen, die das „Spiel“ zu einem Teil eines maschinellen Prozesses werden lässt
4. Die Rückkehr auf die „Spieloberfläche“
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Das dritte Spiel, das die
Rebellen spielen - „Dock defense“- findet sich nicht in Enter the
Matrix, dafür auf auf der offiziellen Seite.
Auch bei der Inszenierung dieses
Spiels wird ein Zusammenhang erzeugt zwischen der Steuerung per
Bildschirm und der Einbindung in maschinelle Prozesse. Was im
Überschaubaren auf der Hammer exemplifiziert wurde, wird nun in ein
umfassenderes Szenario übertragen.
In Zion gibt es eine Ebene mehr: Lock verfolgt, kontrolliert und steuert auf einer Vielzahl von Bildschirmen die Kämpfe.
Die von ihm Gesteuerten, die ihren menschlichen Körper mit einem überdimensionalen maschinellen Körper umgeben, …
… obliegt die Gewalt über die Joysticks. Sie steuern den maschinellen Prozess und werden zugleich gesteuert.
Noch eine Stufe weiter unten in
der Hierarchie stehenden die nachladenden Menschen, Zee und Kid, die
wiederum ein Teil des Mechanismus werden.
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3. Simulierte Filmrealitäten II: Militaristische Rebellen
Das Verhalten der Einwohner Zions
vor dem Eintreffen der Wächter lässt das Herz eines jeden Fans von
reaktionär-militaristischen Filmen höher schlagen:
Die Beschwörung von Militarismus,
Heroismus, Männerbündeleien (zwischen Frauen!), der Akzeptanz von
Hierarchien und der Unterordnungs- sowie Opferbereitschaft des
Individuums für das Wohl der Allgemeinheit – typische Elemente
entsprechender Filme, finden sich zunächst in den Szenen zwischen Mifune
und Kid sowie zwischen der (G.I. Jane – Karikatur) Charra und Zee …
… und finden sowohl in der Rede Mifunes eine Fortsetzung …
… als auch in der anschließenden Reaktion der Rebellen.
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4. Flexible Filmrealitäten
“The great thing with the Wachowskis brothers is
that when they write a project they don’t clarify what the audience is
seeing with a specific point of view."
Joe Silver
Joe Silver
Was hat diese scheinbar
unreflektierte Glorifizierung des Militarismus in einem Matrixfilm zu
suchen? Glaubt der Film selbst an die transportierten Werte? In
„Independence Day“ hält der Präsident, natürlich ein Vietnam-Veteran,
vor dem entscheidenden Kampf eine Durchhalterede und verweist darauf,
dass es sich immer lohnt für diese großartige Nation zu sterben. Die
Inszenierung erzeugt keinerlei Distanz zum Inhalt. Der Zuschauer soll in
den Gefühlen von Kampfes- und Opferbereitschaft schwelgen, das
patriotische Herz sich erwärmen. Wenn in der Parodie auf diese Rede in
„Mars Attacks“ selbst dem feindseligen Alien eine Träne aus dem Auge
kullert, dann erzeugt die Inszenierung durch die verwendete Ironie – für
jeden erkennbar – eine inhaltliche Distanz zum platten
Hurra-Patriotismus. Auch die Wachowskis erzeugen eine entsprechende
Distanz. Anders als in „Mars Attacks“ finden sich die Distanz erzeugen
Elemente nicht auf der Oberfläche und sind damit für den Zuschauer
entsprechend schwer zu erkennen.
Filme lassen sich in der Regel in
ein Genre einordnen. Jedes Genre basiert auf einer spezifischen Form der
Filmrealität. In einem Cartoon ist die Handlung in eine andere Realität
eingebettet, die anderen Gesetzmäßigkeiten folgt als in einem Western
oder einem Film noir. Die Erwartungshaltung des Publikums an einen Film
bzw. eine Filmreihe ist ein konstantes Genre und entsprechend
verlässliche Gesetzmäßigkeiten, die der erzählten Geschichte einen
Rahmen geben. In der Matrixtrilogie sind alle Realitäten flexibel,
konsequenterweise auch die Filmrealität! Die Subebene formt die
Oberfläche! Auf der Ebene des Subtextes ist die Schlacht von Zion eine
charakterisierende filmische Umsetzung der Deutung des Menschen als
Maschine. Zu einer Maschine wird ein Mensch, wenn er keinen freien
Willen hat, keine eigenen Entscheidungen trifft, wenn er kein autonomes
Individuum mehr, sondern ein vollständig integrierter Bestandteil in der
großen Mechanik des materiellen Universums ist: Ein Rad im Getriebe.
Innerhalb des Genres des pathetisch-patriotischen Kriegsfilms ist eine
entsprechende Opferung der freien Individualität zugunsten einer großen
und umfassenden Kriegsmaschinerie positiv besetzt. In ihrem Bestreben,
eine Einheit von Form und Inhalt zu erzeugen, adaptieren die Wachowskis
dieses Genre. Sie zeigen, wie der Mensch eine Maschine wird, in einem
Genre, in dem der Mensch zu einem Teil einer Maschine wird.
Der Mensch ist mehr als eine
Maschine! Dies zu zeigen ist das Anliegen des Subtextes der Trilogie.
Aus der Perspektive dieses Anliegens entsteht die (dringend notwendige)
Distanz zum gezeigten Inhalt und aus ihr heraus wird auch die Ironie von
Revolutions erkennbar: Kids Aussage, dass er seinen Teil beitragen will
zum großen Ganzen, die Vereinbarung zwischen Zee und Charra, den
Mechanismus von Laden und Schießen nicht unterbrechen zu wollen, das
grotesk überzeichnete Heben der Arme der kampfbereiten Menschen in ihren
überdimensionalen Maschinenhüllen und Mifunes Drohung, dass er, der
Mensch und die Maschinen etwas gemeinsam hätten – all dies ist innerhalb
des Genres konsequent und stilgerecht, aus der Perspektive der Subebene
aber als ironische Hinweise auf eben diese Subebene zu erkennen.
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5. Zion als materialistische Hölle
"If it’s our time to die, it’s our time. All I
ask is if we have to give these bastards our lives, we give them hell
before we do."
Mifune
Mifune
“Reality can be a pretty scary thing for some
people. This world must have been a cold and alienating place for a boy
like that.”
Kids Story
Kids Story
Auch die Rede Mifunes enthält mit
dem Hinweis auf die Hölle, die die Menschen den Maschinen bereiten
wollen, einen Hinweis auf den Subtext. Im Materialismus ist Leben
gleichbedeutend mit dem Kampf der egoistischen Gene um Reproduktion. Der
menschliche Organismus ist das Produkt eines selektiven
Ausleseprozesses, das in diesen Organismus eingebettete Bewusstsein ein
passives Opfer allein genetisch bestimmter Prozesse, ein komplexer
Computer, programmiert durch die Notwendigkeiten des Überlebens im
evolutionären Prozess. Eine Welt, in der nur die Stärksten überleben
können, ist ein kalter und brutaler Ort. Erweist sich diese
Interpretation als die maßgebliche, wird der Mensch eine Maschine, dann
stirbt das, was den Menschen zum Menschen macht, dann stirbt der Mensch.
Deshalb sterben in Revolutions die Menschen, die in einen Mechanismus
eingebunden wurden, …
… im Verlaufe dieses Integrationsprozess.
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Stirbt das Menschliche, dann wird
die Welt zu einem Ort der Qual und des Leids, sie wird zu einer Hölle.
Wendet sich der Mensch vom Geist ab, dann wird die Welt zu einem Ort der
Gottesferne, sie wird zu einer Hölle. Bereits in „The Second
Renaissance” wurden die Konzeptionen der Hölle und des Menschen als ein
Rad im Getriebe parallelisiert.
Wie die andere Hölle, der Club
Hel (geschrieben wie die germanische Todesgöttin) des Merowingers,
charakterisieren die in der Schlacht verwendeten Bilder …
… auch Zion unter der Kontrolle der Rationalisten als Hölle des Materialismus oder als materialistische Hölle.
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6. Spiegelungen I: Eindringen in das Zentrum des Gegners
Der Angriff der Wächter auf Zion
reflektiert den Angriff der Wächter auf die Nebukadnezar. Beide
Geschichten stehen im Zusammenhang mit einer unmöglichen Mission Neos.
In Matrix rettete er zuvor Morpheus vor den Agenten, in Revolutions
rettet er anschließend Zion vor den Wächtern.
◄ & ► Die Außenhülle ist gebrochen, die Wächter dringen ein.
◄ Die Wächter verschaffen sich einen Eingang in die Nebukadnezar.
► Die Wächter versperren einen Eingang nach Zion.
► Die Wächter versperren einen Eingang nach Zion.
◄ Ein Wächter fliegt auf den liegenden Neo zu.
► Ein Wächter fliegt auf den am Boden liegenden Kid zu.
► Ein Wächter fliegt auf den am Boden liegenden Kid zu.
◄ & ► Er beugt sich über sein Opfer, bereit es zu attackieren.
◄ Eine Waffe, die blaue Strahlen aussendet, rettet Neo das Leben.
► Eine Waffe, die blaue Strahlen aussendet, rettet Kid das Leben.
► Eine Waffe, die blaue Strahlen aussendet, rettet Kid das Leben.
◄ Die Zündung des EMP beendet den Angriff der Wächter.
► Die Zündung des EMP beendet vorläufig den Angriff der Wächter.
► Die Zündung des EMP beendet vorläufig den Angriff der Wächter.
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7. Spiegelung II: Die Hand Gottes
Nach seiner Befreiung aus dem
Kraftwerk, als Neo hilflos im Wasser schwimmt, wird ihm zu seiner
Rettung eine Art Greifarm entgegen geschickt.
Während des Kampfes in Zion
bildet ein Schwarm Maschinen die Form eines Greifarms, der einen Angriff
gegen den Kran fliegt. Einem Angriff, dem die Menschen hilflos
ausgeliefert.
◄ Der Neo rettende Greifarm kommt
aus dem Licht. Neo in dieses heraufziehend stellt er eine Verbindung
zwischen dem Licht und Neo her. Neo entschwindet im Licht.
► Der Greifarm, den der
Maschinenschwarm bildet, greift das Licht an. Den Kran herabstoßend,
unterbricht er den nach oben gerichteten Lichtstrahl. Das Licht
entschwindet.
Die Sequenz in Zion zeigt dessen
Trennung vom Licht: Die Materie wird vom Geist getrennt und ist auf sich
selbst zurückgeworfen. Zwischen der Schlacht um Zion und den
anschließenden Ereignissen – Trinitys und Neos Kampf beim Eindringen in
die Maschinenstadt und Neos Kampf gegen Smith – gibt es eine Reihe von
Querverweisen und Reflexionen. Eine weitere Variante der
Greifarm-Sequenz des ersten Films zeigt die gegensätzliche inhaltliche
Ausrichtung beider Handlungsstränge auf.
Diese Szene ist eine der
rätselhaftesten der Matrixfilme. Den Anflug des Wächters und seinen
Aufprall „sehen“ wir mit Neos Augen; die Darstellung transzendiert die
materielle Oberfläche und zeigt die darunter liegende immaterielle
Realität. Bei dem zwischen Anflug und Aufprall platzierte Flug des
Wächters durch die Scheibe der Logos wird die materielle Oberfläche
gezeigt. Nur verhält sich die Materie nicht in der üblichen von ihr
erwarteten Weise. Weder wird die Scheibe zerschlagen, noch hinterlässt
der Wächter irgendwelche anderen Spuren. In der materiellen Welt bleibt
die Aktion ohne Reaktion. Die Reaktionskette ist durchbrochen, auch
Trinity zeigt keine Reaktion auf das Fehlen einer Reaktion der Materie.
Die Wachowskis platzieren für alles,
was verborgen ist, einen offensichtlichen Hinweis auf der Oberfläche.
Der Subtext deutet das Materielle als Oberfläche einer immateriellen
Ebene, die sich darunter verbirgt. Diese Szene ist der eine, der
offensichtliche Hinweis darauf, dass diese Idee eine Rolle in der
Matrixtrilogie spielt. Relevanz erlangt in ihr nur das immaterielle
Geschehen, das materielle Geschehen bleibt folgenlos und damit
irrelevant.
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8. Spiegelungen III: Die Rettung
Was rettet Zion vor den Maschinen?
Oder anders formuliert: Was rettet den Menschen davor, eine Maschine zu
sein? Wer in den vorangegangenen Kapiteln schon ein Unbehagen angesichts
des Kitsches in der Symbolik der Trilogie empfand, der wird nun
endgültig am Boden liegen: Liebe und Glaube, was sonst, retten den
Menschen davor zur Maschine zu werden.
So wie der Rave die Ereignisse um
Trinity und Neo in der Maschinenstadt reflektiert, so spiegelt er auch
die Schlacht um Zion. Bereits die räumliche Grundkonstellation ist die
gleiche.
Die Rebellen tanzen unten im Tempel, Trinity und Neo befinden sich oberhalb davon.
In Revolutions kämpfen die Rebellen unten in Zion gegen die Maschinen, Trinity und Neo tun dies weiter oben.
Endgültig gerettet werden die
Menschen in Zion vor den Maschinen erst, nachdem Neo die drei Ebenen des
Bewusstseins wieder vereinigt hat und zusammen mit Trinity im Licht
entschwindet
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Damit die Einwohner Zions diese endgültige Rettung erleben können, ist eine vorübergehende begrenzte Rettungsaktion notwendig.
Beim Rave noch vereinigt, sind Zee
und Link während des Kampfes getrennt. Die Liebe zum jeweils Anderen und
das Bedürfnis wieder vereint zu sein, motiviert sie den Maschinen zu
trotzen.
Zeigt sich Link, angesichts des
Wunsches Zees ein Amulett zu tragen, zunächst skeptisch, so wird während
des Kampfes der Glaube an dessen Kraft ein weiteres verbindendes
Element zwischen den beiden.
Beim Rave noch getrennt, sind
Niobe und Morpheus während des Kampfes vereint. Zeigte sich Niobe,
angesichts Morpheus Glauben an die Konzeption eines kommenden
Auserwählten, zunächst skeptisch, so wird der gemeinsame Glaube an Neo
ein verbindendes Element zwischen ihnen. Die Überwindung des Trennenden
lässt sie wieder ein Paar werden.
Neben diesen beiden Paaren rettet
auch Kid Zion, der einzige Mensch, dem es gelungen ist, die Matrix
nicht durch eine Entscheidung, sondern durch seinen Glauben an Neo zu
verlassen. Diesen Glauben beteuert er, bevor er sich das Hochhaus
herunterfallen lässt und abermals bevor er das Tor für die Hammer
öffnet. Er symbolisiert den reinen unkritischen Glauben in der Trilogie …
… und er ist es, der der herbeinahenden Kavallerie die Tür öffnet …
… deren Inszenierung – innerhalb der Realität der Monitore – durch die gewählten Farben Neos Rettungstat vorweg nimmt.
Liebe und Glauben verhindern das
der Mensch zur Maschine wird. Zion wird gerettet durch zwei Paare und
einen Jungen. Das eine Paar findet durch ihre Liebe zu einem gemeinsamen
Glauben, das andere Paar findet durch einen gemeinsamen Glauben zurück
zu ihrer Liebe.
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“E.M.P.”“An electromagnetic pulse. It disables any electrical system in the blast radius. It’s the only weapon we have against the machines.”
Neo & Trinity
Angesichts der Abermillionen von
Kugeln, die in der Schlacht von Zion abgefeuert werden, wirkt die
Aussage Trinitys zumindest ein wenig merkwürdig. Den Vernichtung
bringenden aus Materie bestehenden Angreifern wird in Form der Kugeln
vernichtende Materie entgegen geschleudert. Die Rettung allerdings
bringen die Waffen, deren Wirkung nicht auf Materie basiert, …
… die sicher nicht zufällig von Zee und Link ausgelöst werden …
… die eine erstaunliche
Ähnlichkeit mit den blauen Strahlen haben, die es Niobe erlauben durch
eine „mechanical line“ zu fliegen ...
… und deren Symbolik vielleicht diesem Bild entnommen werden kann.
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Mir scheint es, dass eine weitere Verbindung zwischen dem Rave und dem Eindringen der Wächter in Zion besteht. Eine Parallelisierung, die die Wachowskis bereits in ähnlicher Weise in „Bound“ integrierten.
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9. Spiegelung IV: Die Maschine im Menschen
In Matrix wird Neo verwanzt: Durch eine Öffnung …
… dringt eine Maschine gewaltsam in seinen Körper ein.
Doch die Rettung naht: Mit Hilfe eines Gerätes, dessen Ende kuppelförmig ist …
… und das auf Beinen zu stehen scheint …
… rettet ihn die Frau, die mit Neo durch ihre Liebe zu ihm und ihren Glauben an ihn verbunden ist, …
… sie schaltet ihr Gerät ein …
… blaue Blitze schießen durch die Kuppel …
… Trinity befreit den Menschen von der Maschine …
… die im blauen Blitzgewitter zugrunde geht.
Wieder gilt: Was in den Fortsetzungen symbolisch geschieht, geschieht im ersten Film leibhaftig!
Die Maschine dringt in den Menschen ein und macht ihn zu einem Teil der
Maschinerie. Trinity, die Liebe, holt die Maschine aus dem Menschen.
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Dieses Kapitel begann mit der Parallelisierung der Schlacht um Zion und dem Raum des Architekten. Die gleiche Parallelisierung findet sich auch im ersten Film. Das Bild von Matrix für den Raum des Architekten ist das Konstrukt, aus dem Neo am Ende unbedingt heraus will.
Matrix bringt das Eindringen der
Maschine in den menschlichen Körper in Verbindung mit dem Eindringen der
materialistischen Weltdeutung in den menschlichen Verstand, indem der
Film beide Prozesse parallel gestaltet.
Neo schaut unsicher von links nach rechts …
… er wird von den Agenten / von Trinity …
… zu einem Platz „geleitet“, der ihm eine sitzende Position erlaubt …
… Smith / Morpheus schaut auf Neo herab …
… Neo wird an seinen Armen / Beinen fixiert …
… in der Form eines Stachels bohrt sich die Maschine / das Konstrukt in Neos Körper …
… der sich gegen das Eindringen wehrt …
… von einem Augenblick zum nächsten wechselt Neo in eine andere Realität …
… die er wiederum mit einer Kopfbewegung von rechts nach links erkundet.
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In den Fortsetzungen lässt sich Neo
nicht wieder ins System des Architekten integrieren und entflieht dem
Kontrollsystem des Architekten. Mit Trinitys Hilfe rettet er schließlich
die Einwohner Zions vor den eindringenden Maschinen. Symbolisch
bedeutet dies, dass das Bewusstsein eines einzelnen Menschen sich von
einer rationalistischen Wirklichkeitskonstruktion und damit von seiner
eigenen Deutung als Maschine befreit. Die Grundlage für die
entsprechende befreiende Entscheidung ist die Wahrnehmung von Gefühlen.
In der ersten Hälfte nimmt Matrix
diese Handlungsstränge bereits vorweg und zeigt die Symbolik in Form von
„realem“ Geschehen: Smith bohrt eine Maschine in den Menschen Neo, die
ihn liebende Trinity entfernt sie aus seinem Körper, schließlich
erbricht Neo das Konstrukt und entfernt damit die entsprechende
Wirklichkeitskonstruktion aus dem Menschen.
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