U.G.: Sie befassen sich niemals wirklich mit dem Problem. Nehmen Sie zum Beispiel das Problem des Zorns. Ich möchte nicht auf all diese törichten Dinge eingehen, die diese Leute seit Jahrhunderten diskutieren. Der Zorn. Wo ist dieser Zorn? Können Sie ihn vom Funktionieren des Körpers abtrennen? Es ist wie mit den Wellen des Ozeans. Können Sie die Wellen vom Ozean trennen? Sie können dasitzen und darauf warten, daß die Wellen schwächer werden, damit Sie im Meer schwimmen können (wie der König Canute, der jahrelang dasaß und darauf hoffte, daß die Wellen des Ozeans verschwänden, damit er in ruhiger See ein Bad nehmen könnte). Das wird niemals geschehen. Sie können dasitzen und alles über die Wellen lernen, über Ebbe und Flut (die Wissenschaft hat uns alle möglichen Erklärungen gegeben), aber dieses Wissen wird Ihnen in keiner Weise helfen können.
Sie befassen sich nicht wirklich mit dem Zorn. Zunächst einmal, wo fühlen Sie ihn? Wo spüren Sie all diese sogenannten Probleme, von denen Sie sich befreien möchten? Und die Sehnsucht? Diese brennende Sehnsucht. Die Sehnsucht verbrennt sie. Der Hunger verzehrt Sie. Die Lösungen und Methoden, die Sie gefunden haben, lassen es nicht zu, daß sich Sehnsucht und Hunger in Ihrem Körpersystem selbst verzehren.
...Solange er sich in Tugendhaftigkeit übt wird der Mensch asozial sein und sein Handeln wird von seinem Ärger motiviert. Wenn Sie erst einmal mit dem Ziel abgeschlossen haben, das die Gesellschaft Ihnen gesetzt hat, (und das Sie für sich selbst als ideales und erstrebenswertes Ziel übernommen haben), dann werden Sie niemals mehr jemandem etwas zuleide tun, weder individuell, noch kollektiv als eine Nation.
...Sie müssen sich mit Ihrem Zorn befassen. Aber sie befassen sich mit etwas, das dazu in keinerlei Beziehung steht; kein einziges Mal lassen Sie es zu, daß sich der Zorn innerhalb der Struktur, der er entstammt und innerhalb derer er wirksam wird, selbst verzehrt. Eine Therapie, in der man auf seine Kissen oder sonst etwas einschlägt, ist geradezu ein Witz. Dadurch kann ein Mensch nicht dauerhaft von seinem Zorn befreit werden.
F: Auf ein Kissen einschlägt?
U.G.: Das machen sie, das gehört zu einer ihrer Therapien.
F: Und das hilft nicht?
U.G.: Die Wut wird wieder hochkommen. Was machen Sie also? Sie befassen sich gar nicht mit ihr. Sie werden sich überhaupt nicht mit dieser Wut beschäftigen, solange Sie glauben nach einem Weg suchen zu müssen, um denjenigen Menschen nicht zu verletzen, der Sie mit einem Messer angreift. Dabei ist es aber absolut notwendig, daß Sie sich selbst schützen. Ich will damit keineswegs sagen, daß es der Zorn ist, der Sie daran hindert, mit der Situation fertigzuwerden. Und sagen Sie nicht, daß das eben Gewaltlosigkeit sei und daß man niemandem weh tun dürfe. Er verletzt Sie. Selbst in der Bibel heißt es: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Das wenden Sie nicht an. Im großen Maßstab wird das natürlich praktiziert, aber im täglichen Leben sei das angeblich etwas ganz Schlimmes. Ich sehe darin überhaupt keine Schwierigkeit. Wo sollte da ein Problem sein?
Es hat keinen Sinn, diese hypothetischen Situationen zu diskutieren – aus dem einfachen Grund, weil ein vor Zorn bebender und wutentbrannter Mensch nicht versuchen wird, über das Problem des Zorns zu sprechen. Das ist erstaunlich. Denn das wäre die richtige Zeit, sich mit diesen Dingen zu befassen – wenn man wirklich brennt vor Wut, brennt vor Sehnsucht, brennt vor all den Dingen, von denen man sich gerne befreien würde. Ansonsten wird es nur eine rein akademische Diskussion geben, in der man über die Anatomie des Zorns, die Anatomie dessen, wie Zorn entsteht und die Anatomie der Liebe spricht. Es ist wirklich lachhaft. Sie bieten Lösungen an, die in realen Situation nicht funktionieren. Das ist auch der Grund dafür, warum ich über diese Dinge nicht spreche. Der Einzelne hat kein Problem. Wenn er halb wahnsinnig ist vor Zorn – dann ist das die richtige Zeit, um sich damit zu befassen. Es stoppt das Denken.
F: U.G., besteht die Möglichkeit, das Problem zu erkennen?
U.G.: Nein, denn Sie selbst sind das Problem.
F: Also gibt es keine Antwort?
U.G.: Es gibt keine Möglichkeit, wie Sie sich von dem Problem abtrennen können. Und das wollen Sie tun. Damit will ich sagen, daß Sie die Wut nach außen verlegen, und dann wollen Sie sie als etwas betrachten und auf eine Weise mit ihr umgehen, als sei sie ein Objekt, das außerhalb von Ihnen gelegen ist. Wenn Sie sich davon abspalten, wird als einziges Ergebnis genau das eintreten, was Sie befürchtet haben. Das ist unvermeidlich. Sie haben also überhaupt keine Möglichkeit, eine Kontrolle auszuüben. Gibt es denn etwas, das Sie tun könnten, um diese Abspaltung von dem, was Sie sind, zu verhindern? Es ist schrecklich, wenn man erkennt, daß man selbst die Wut ist, und daß alles, was man unternimmt, um sie zu stoppen oder sie zu vermeiden, falsch ist. Denn das wird immer erst morgen oder in einem anderen Leben stattfinden – niemals jetzt. So sind Sie also.
Sie sind weder ein spiritueller noch ein religiöser Mensch. Sie können sich zwar einbilden, ein religiöser Mensch zu sein, weil Sie versuchen, Ihren Zorn zu kontrollieren oder sich von ihm zu befreien oder weil Sie sich bemühen, mit der Zeit immer weniger zornig zu werden. All das läßt Sie glauben, daß Sie nicht der lasterhafte Mensch seien, der Sie nicht sein wollen. Sie sind nicht anders. Sie sind kein bißchen mehr spirituell als die Menschen, die Sie verurteilen.
Morgen werden Sie ein wundervoller Mensch sein, Sie werden frei sein von Zorn und Wut. Was erwarten Sie in der Zwischenzeit von mir? Daß ich Sie bewundere? Weil Sie sich ein Etikett angeheftet haben, das anzeigt, daß Sie ein spiritueller Mensch sind oder weil Sie sich in die dazu passende Robe gehüllt haben? Was soll ich denn Ihrer Meinung nach tun? Wollen Sie, daß ich Sie dafür bewundere? Da gibt es nichts zu bewundern, denn Sie sind genauso lasterhaft wie jeder andere auf dieser Welt. Es hat keinen Sinn, das zu verurteilen. Es hat aber ebensowenig Sinn, eine Haltung einzunehmen, die in keinerlei Zusammenhang steht mit dem, was wirklich geschieht.
Wie kommen Sie eigentlich zu dieser Einstellung, sich den Tieren so überlegen zu fühlen? Das ist die Haltung, derer Sie sich anmaßen. Die Tiere sind besser als die Menschen. Das Tier handelt auf eine bestehende Gefahr hin, und das geschieht nur zum Zwecke des Überlebens. Wenn Sie Ihren Mitmenschen deshalb töten, um sich selbst ernähren zu können, dann ist das eigentlich eine moralische Handlung – aber wirklich nur dann, wenn es zu diesem Zweck geschieht – denn, wo Sie auch hinsehen, lebt eine Lebensform auf Kosten der anderen. Und wenn sie von Vegetarismus sprechen und dabei Millionen von Menschen umbringen, dann ist das die unmoralischste und unverzeihlichste Tat, die eine zivilisierte Menschheit vollbringen kann. Sehen Sie nicht die Absurdität von beidem? Das Töten verurteilen Sie. Sie lieben die Tiere. Wozu?
...Das Fundament, auf dem die ganze christliche Religion basiert, ist das Leiden. Vergessen Sie das nicht. Sie leiden also in der Hoffnung darauf, einen permanenten Platz im Himmel – einem nichtexistenten Himmel – zu erhalten. Sie gehen jetzt durch die Hölle, in der Hoffnung, nach Ihrem Tod in den Himmel zu kommen. Warum? Leiden Sie nur! Alle Religionen haben das Leiden betont. Ertragen Sie den Schmerz, im Erdulden von Schmerzen liegt Mittel und Weg. Sie gehen durch die Hölle und hoffen, am Ende Ihres Lebens das Paradies zu finden, oder am Ende einer Reihe von Leben, wenn es das ist, woran Sie glauben. Ich weise lediglich darauf hin, wie absurd es ist, über diese Dinge zu sprechen. Die religiösen Lehren sind sinnlos, wenn man dadurch in die Enge getrieben wird. Dann wird man sich genau so verhalten wie alle andern auch. Also reicht diese Kultur, Ihre religiösen oder sonstigen Werte, nicht einmal im Entferntesten an diese Dinge heran.
Mohammed ~ Jesus ~ Buddha
...Wenn der Mensch von diesem moralischen Dilemma frei ist, das die Basis des gesamten menschlichen Denkens bildet, dann wir er wie ein menschliches Wesen leben. Nicht wie ein spiritueller Mensch, nicht wie ein religiöser Mensch. Ein religiöser Mensch ist nicht gut für die Gesellschaft. Ein freundlicher Mensch (einer, der die Freundlichkeit als einen Kunstgriff anwendet) stellt für die Gesellschaft eine Bedrohung dar.F: ...eine Bedrohung?
U.G.: Er ist deshalb eine Bedrohung, weil von diesen religiösen Menschen, die dergleichen lehren, verheerende Wirkungen ausgehen. Einer, der von Liebe spricht, davon, daß man seinen Nächsten lieben solle wie sich selbst, jemand, der über Gewaltlosigkeit spricht – alle destruktiven Kräften stammen vom Denken dieses Menschen. Wir alle sind die Erben dieser Kultur. Wir können gar nicht anders. Wenn Sie diese Lehrer ablehnen, dann sind Sie frei von der Bürde und der Falschheit der ganzen Kultur. Individuell gesehen sind Sie dann frei von der Gesamtheit all der Absurditäten, die uns auferlegt worden sind.
F: Ich kann nicht akzeptieren, daß es nicht auch einige geben sollte (zum Beispiel Jesus, wenn auch nicht die Kirche und nicht die Christenheit), die wahre Menschen sind.
U.G.: Ich weiß, Sie können nicht akzeptieren, was ich sage. Warum haben sie ihn denn damals ans Kreuz geschlagen? Weil er für ihre Gesellschaft eine Gefahr war.
F: Sie haben aus einem Menschen einen Gott gemacht. Damit bin ich nicht einverstanden.
U.G.: Er war nicht einmal ein normaler Mensch, denn er stellte Behauptungen auf, aus denen die ganze dogmatische Lehre des Christentums ihren Ursprung nahm. Aber ich verurteile nicht nur Jesus. Ähnliches trifft auf alle Lehrer zu – Buddha, Mohammed – alle, die Sie als die großen religiösen Lehrer der Menschheit ansehen, und ganz zu schweigen von den Leuten, die sich heute auf dem Markt befinden und ihre Geschäfte machen. Aber das soll uns nicht beunruhigen. Es hat sowie so keinen Zweck, ihnen etwas vorzuwerfen.
Hier sind wir also. Wir sind die Erben dieser ganzen gewalttätigen Kultur. Ihre Kultur dient nur dazu, die Menschen zu lehren, wie man tötet oder wie man getötet wird, sei es nun in Namen der Kultur oder im Namen der politischen Ideologie oder im Namen des Patriotismus oder von sonst etwas. Sie kann gar nicht anders sein. Daher sage ich, daß das Ganze auf die völlige Vernichtung des Menschen hinausläuft. Diese Dinge haben Kräfte der Vernichtung freigesetzt, die keine Macht mehr stoppen kann.
F: Ja, keine Macht.
U.G.: Keine Macht, kein Gott kann sie stoppen, denn es waren die Götter selbst, die diese Kräfte der Vernichtung entfesselt haben. Sie sehen gerade jetzt, wie das geschieht. Als der Höhlenbewohner den Kieferknochen eines Esels benutzte, um seinen Nachbarn zu töten, hatten die andern noch eine Überlebenschance. Der Höhlenbewohner von heute lebt im Kreml oder im Weißen Haus oder im Parliament House in Indien – es sind diejenigen, die die Kräfte der Zerstörung freisetzen und entfesseln, die alle Lebensformen auf diesem Planeten vernichten werden. Und dabei wird der Mensch gleichzeitig auch jede andere Spezies mit sich nehmen, die bis heute auf diesem Planeten existiert.
Das alles ist aus dem Denken jenes Mannes entstanden, der den Menschen Religion lehren und die Liebe im Angesicht der Erde etablieren wollte. Und sehen Sie, was er daraus gemacht hat!
U.G.: Es gibt nichts, gar nichts... Sie besitzen keinerlei Handlungsfreiheit.
F: Nein.
U.G.: Wenn Sie das einmal verstanden haben, bringt sich das, was ist, selbst zum Ausdruck. Die bereits vorhandene Intelligenz kann viel effektiver wirksam werden als es all die Lösungen können, die der Mensch mittels seines Denkens hervorgebracht hat, welches das Ergebnis von Millionen um Millionen Jahren der Evolution ist. Das Idealbild des vollkommenen Menschen, das wir vor uns aufgerichtet haben, ist nur ein Mythos. Solch einen Menschen gibt es überhaupt nicht. Der ideale Mensch existiert nicht. Das ist nur ein Wort, eine Idee. Sie hoffen Ihr ganzes Leben lang, solch ein idealer Mensch zu werden, und was Ihnen schließlich bleibt, ist das Elend, das Leiden und die Hoffnung. „Eines Tages, Sie werden es schon sehen...“ Das ist die Hoffnung. Sie werden mit dieser Hoffnung sterben.
F: Also wäre eine Lösung, sein Dasein so, wie man eben ist, zu akzeptieren.
U.G.: Wie man ist, ganz genau so, wie Sie es eben sind. Dann befinden Sie sich nicht mit der Gesellschaft in Konflikt. Die Kultur hat diese Anforderung in Sie hineingelegt, die Sie dazu drängt, sich in etwas anderes verändern zu müssen. Die Kultur ist dafür verantwortlich. Wenn Sie etwas tun wollen, dann wird Ihnen gesagt: „Junge, paß gut auf, wo du hinläufst!“ Das tun sie. Die zweite Ermahnung kommt dann von der Gesellschaft. „Seien Sie ja vorsichtig“, wird Ihnen gesagt. Das hat Sie ängstlich werden lassen. Gleichzeitig spricht sie aber davon, daß man sich von der Angst befreien und Mut haben müsse – „Seien Sie ein einzigartiger Mensch“ – das geschieht nur zu dem Zweck, Sie wie eine Marionette benutzen und so den Status quo der Gesellschaft aufrechterhalten zu können. Die Gesellschaft will Sie Mut und Furchtlosigkeit lehren, damit Sie von Nutzen sein können, wenn es darum geht, ihre eigene Kontinuität aufrechtzuerhalten. Sie sind ein Teil all dessen. Deshalb kommt jedesmal, wenn Sie etwas tun wollen, Angst auf, und es wird Ihnen unmöglich zu handeln. Die Gesellschaft ist nicht außerhalb von Ihnen, die Kultur ist nicht etwas, das außerhalb von Ihnen gelegen wäre, und solange Sie nicht frei davon sind, werden Sie auch nicht handeln können.
U.G.: Der Mensch ist deshalb nicht imstande zu handeln, weil er immerzu in Begriffen von Handlungsfreiheit denkt. „Wie kann ich frei sein?“ Das ist von größtem Interesse für Sie, die Freiheit. Aber Sie leben diese Freiheit nicht. Die Forderung nach Handlungsfreiheit verhindert die Handlung, die weder sozial noch antisozial ist.
F: Man ist also dann frei, wenn man sich selbst und seine Situation akzeptiert?
U.G.: Man befindet sich dann nicht mehr mit der Gesellschaft in Konflikt. Das ist die Realität der Welt, ob Sie nun dieser Gesellschaft von Nutzen sind oder nicht. Allerdings werden Sie ihr nicht von Nutzen sein. Wenn Sie aber zu einer Bedrohung für die Gesellschaft werden sollten, dann wird diese Sie liquidieren. Denn Sie stören sämtliche der Aufrechterhaltung des Status quo dienenden Maßnahmen.
Sie sind deshalb neurotisch, weil Sie zwei Dinge gleichzeitig wollen. Dadurch ist dieses Problem erst entstanden – weil Sie zwei Dinge zu gleichen Zeit haben wollen. Zunächst einmal wollen Sie in sich selbst eine Veränderung hervorrufen. Die Gesellschaft verlangt nach Veränderung, damit Sie ein Teil von ihr werden können und so die Kontinuität der sozialen Struktur aufrechterhalten. Das zweite ist, daß Sie sich nicht ändern wollen. Darin liegt der Konflikt begründet.
Wenn die Forderung in Ihnen verstummt ist, daß Sie sich ändern müßten, dann werden Sie sich auch nicht länger damit befassen, Ihre Umwelt verändern zu wollen. Mit beidem ist dann Schluß. Wenn dem nicht so wäre, würde Ihr Tun eine Gefahr für die Gesellschaft darstellen. Sie wird sie mit Sicherheit liquidieren. Wenn Sie also bereit sind, von dieser Sozialstruktur liquidiert zu werden, bedeutet das, daß Sie Mut besitzen. Mut bedeutet nicht, auf dem Schlachtfeld zu sterben und für Ihre Fahne zu kämpfen.
Was symbolisiert eine Fahne? Sie schwenken hier mit Ihrer Flagge und die dort mit einer anderen, und dann sprechen beide vom Frieden. Welch eine absurde Situation das ist. Und doch sprechen Sie vom Frieden. Sie leisten einen Treueeid auf Ihre Flagge und die andern auf die ihrige – und gleichzeitig sprechen Sie vom Frieden auf dieser Welt. Wie könnte Frieden herrschen, wenn Sie hier Ihre Fahne schwenken und die andern dort drüben eine andere? Wer die besseren Waffen besitzt, wird den Tag für sich entscheiden. Meine Flagge hier und Ihre Flagge dort – und für die Friedensbewegung schaffen Sie sich noch mal eine andere an.
F: Es ist zwecklos.
U.G.: Das versteht sich von selbst. Sind Sie bereit, den Polizisten aufzugeben? Sie wollen sich individuell schützen, Ihr Leben und Ihr bißchen Eigentum. Ich sage nicht, ob Sie das tun sollten oder nicht. Sie brauchen die Hilfe des Polizisten, um das zu beschützen. Also ziehen Sie eine Linie und sagen: „Das hier ist meine Nation“. Sie wollen Ihre Nation schützen. Wenn Sie das nicht tun können, dann werden Sie die Mittel zu Ihrer Verteidigung erweitern müssen, um sich weiterhin zu schützen, und Sie werden sagen, daß das aus defensiven Gründen geschähe. Natürlich ist das defensiv. Die Bombe ist nur die Erweiterung des Polizisten. Dagegen können Sie nichts einwenden, solange Sie wollen, daß die Polizei Ihr Eigentum schützt. Sie können sich an Friedensmärschen beteiligen oder um Kernreaktoren herumsitzen, Friedenshymnen singen und die Gitarre dazu spielen – ‘make love not war’ – hören Sie doch nicht auf all diesen Blödsinn. Liebe machen und Krieg führen sind auf die gleichen Ursprünge zurückzuführen. Das wird zu einer Farce.
Ich meine, das ist genug. Es ist genug.
F: In welcher Beziehung stehen wir also zu der Welt, in der wir leben?
U.G.: In gar keiner, abgesehen davon, daß die von Ihnen erlebte Welt diejenige ist, die Sie selbst geschaffen haben. Sie leben in Ihrer eigenen Welt. Sie haben sich aus Ihren eigenen Erfahrungen Ihre Welt zurechtgezimmert, und versuchen nun, diese nach außen zu projizieren. Sie verfügen über keinerlei Möglichkeit, die Realität der Welt zu erfahren. Sie und ich, wie benützen dasselbe Wort, um eine Videokamera zu beschreiben. Was Sie hier in der Hand halten ist ein Bleistift oder ein Kugelschreiber. Wir müssen derlei Begriffe als solche anerkennen, um damit arbeiten zu können. Wir benützen sie, um in dieser Welt funktionieren und auf intelligente Weise kommunizieren zu können – aber das gilt nur für diese Ebene
F: Es kann also niemand ein Vorbild für einen anderen abgeben?
U.G.: Einem anderen nachzufolgen ist etwas für Tiere, nicht für Menschen. Ein Mensch kann keinem andern nachfolgen. In physischer Hinsicht ist man von anderen abhängig, aber das ist auch schon alles.
F: Sie sagen also, daß es so etwas wie spirituelles Wachstum nicht gibt. Oder könnte man sagen....?
U.G.: Ich behaupte, daß es etwas wie Spiritualität nicht gibt. Wenn Sie das, was Sie als Spiritualität bezeichnen, über das sogenannte materielle Leben stellen, dann schaffen Sie sich Probleme. Weil Sie in der materiellen Welt Wachstum und Entwicklung erkennen können, wenden Sie das gleiche Prinzip auch auf das sogenannte spirituelle Leben an.
F: Wollen sie damit andeuten, daß die Probleme dann beginnen, wenn man die Dinge trennt?
U.G.: ...wenn man die Dinge trennt, sie in ein materielles Leben und ein spirituelles Leben unterteilt. Es gibt nur ein Leben. Dies ist ein materielles Leben, und das andere besitzt keine Relevanz. Ihr Wunsch, Ihr materielles Leben in diese sogenannten religiösen Verhaltensmuster umzuwandeln, die Ihnen von diesen ‘religiösen’ Menschen vorgegeben werden, zerstört die Möglichkeit, in Harmonie zu leben und die Realität dieser materiellen Welt genau so zu akzeptieren, wie sie ist. Das Sie das nicht tun, ist für Ihr Leid, Ihre Schmerzen und Ihre Sorgen verantwortlich.
Sie befinden sich in einem permanenten Kampf anders zu sein, und Sie jagen etwas nach, das es nicht gibt. Das hat gar keinen Sinn. Es gibt Ihnen das Gefühl, daß das Tun für Sie weit wichtiger sei als das eigentliche Ergebnis. Sie entfernen sich immer weiter von Ihrem Ziel. Je mehr Sie sich dabei anstrengen, desto besser fühlen Sie sich. Es ist wie mit Ihren Problemen – es ist Ihnen äußerst wichtig, Ihre Probleme zu lösen, dabei interessieren Sie die Lösungen aber weit mehr als die eigentlichen Probleme. Was ist denn das Problem, frage ich? Sie haben keine Probleme, sondern nur Lösungen. Worin besteht denn das Problem? Niemand kann mir sagen, was das Problem ist.
Sie sagen mir: „Das hier sind alle meine Lösungen. Welche davon soll ich anwenden, um mit meinen Problemen fertig zu werden?“ Worin genau besteht denn das Problem? Die materiellen Probleme sind verständlich. Wenn Sie nicht gesund sind, müssen Sie etwas für Ihre Gesundheit tun. Wenn Sie kein Geld haben, müssen Sie etwas wegen des Geldes tun. Das ist leicht verständlich. Wenn Sie aber psychologische Probleme haben, dann beginnt es wirklich problematisch zu werden. All die Psychologen und die geistlichen Herrschaften mit ihren Therapien und Lösungen versuchen Ihnen zu helfen. Aber das bringt Sie nirgendwohin, nicht wahr? Der Einzelne bleibt so oberflächlich und leer wie zuvor. Was wollen Sie sich denn nur selbst beweisen?
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