#Illusion #Widerspruch #Weihrauch #Liebe
DB: Aber warum macht
der Geist damit nicht Schluss? Wir müssen auch auf die Frage eingehen,
warum man in diesen Illusionen gefangen ist.
K: Wie überzeugen Sie
mich davon, dass ich in einer Illusion gefangen bin? Sie können es
nicht, wenn ich es nicht selbst erkenne. Ich kann es aber nicht
erkennen, weil meine Illusion so stark ist. Jene Illusion ist genährt
worden, ist von der Religion, von der Familie und so weiter
herangezüchtet worden. Sie ist so tief verwurzelt, dass ich mich
weigere, sie loszulassen. Das geht in vielen Menschen so vor sich. Sie
sagen: »Ich möchte dieses tun, aber ich kann es nicht.« Was sollen Sie
in dieser Situation tun? Werden Ihnen Erklärungen, die Logik und die
ganzen verschiedenen Widersprüche und Theorien helfen? Offensichtlich
nicht.
DB: Weil das alles in die Gesamtstruktur hineingenommen wird.
K: Was ist also das nächste?
DB: Sehen Sie, wenn die Leute sagen: »Ich möchte mich wandeln«, ist das auch der Wunsch, sich nicht zu wandeln.
K: Natürlich, der
Mensch, der sagt: »Ich will mich wandeln«, hat im Hinterkopf auch den
Gedanken: »Wirklich, warum sollte ich mich eigentlich wandeln?« Das geht
beides Hand in Hand.
DB: Wir haben also einen Widerspruch.
K: Ich lebe seit je in diesem Widerspruch. Ich habe ihn akzeptiert.
DB: Aber warum sollte ich ihn akzeptiert haben?
K: Weil er zu einer Gewohnheit geworden ist.
DB: Aber wenn der Geist gesund ist, wird er keinen Widerspruch akzeptieren.
K: Aber unser Geist
ist nicht gesund. Der Geist ist so krank, so verdorben, so
durcheinander, dass er sich weigert, die Gefahren zu erkennen, selbst
wenn man sie ihm alle aufzeigt. Wie verhelfen wir also einem Menschen,
der darin gefangen ist, dazu, die Gefahr klar zu erkennen, die das
innerliche, psychische Werden darstellt? Wir wollen es so ausdrücken.
Psychisches Werden schließt die Identifizierung mit einer Nation, mit
einer Gruppe und ähnliches ein.
DB: Ja, das Festhalten an Meinungen.
K: An Meinungen und am
Glauben. Ich habe eine Erfahrung gemacht, die mir Befriedigung schenkt,
und deshalb werde ich daran festhalten. Wie wollen Sie mir helfen, mich
von all dem freizumachen? Ich höre Ihre Worte – sie scheinen ganz
richtig zu sein, aber ich kann mich von all dem nicht lösen. Ich frage
mich, ob es da nicht einen anderen Faktor gibt, einen anderen Weg der
Kommunikation, der nicht auf Worten, auf Wissen, Erklärungen, auf
Belohnung und Strafe gründet. Gibt es eine andere Art der Kommunikation?
Sehen Sie, auch darin liegt eine Gefahr. Ich bin ganz sicher, dass es
einen Weg gibt, der nicht begrifflich, der nicht analytisch oder logisch
ist – und das heißt nicht etwa, dass er verrückt wäre.
DB: Vielleicht gibt es einen.
K: Mein Geist teilt
sich einem anderen immer durch Worte, Erklärungen, Logik oder auch
Suggestion mit. Es muss noch ein anderes Element geben, das all das
überwindet.
DB: Das die Unfähigkeit zuzuhören überwindet.
K: Ja, die Unfähigkeit
zuzuhören, die Unfähigkeit zu beobachten, zu hören und so weiter. Es
muss eine andere Methode geben. Ich bin verschiedenen Menschen begegnet,
die vorher einen bestimmten Heiligen aufgesucht hatten. Sie sagten, in
seiner Gegenwart seien alle ihre Probleme gelöst gewesen. Als sie aber
in den Alltag zurückkehrten, war alles wieder beim alten.
DB: Sehen Sie, das hatte eben nichts mit Intelligenz zu tun.
K: Das ist die Gefahr
dabei. Jener Mann, jener Heilige … da sie in der Gegenwart jenes
Heiligen ruhig und wortlos waren, waren sie beruhigt und dachten, dass
ihre Probleme gelöst seien.
DB: Aber das kam immer noch von außen.
K: Natürlich. Das ist
wie bei einem Kirchgang. Man fühlt sich in einer alten Kirche oder
Kathedrale ungewöhnlich ruhig. Das liegt an der Atmosphäre, an dem
Bauwerk, sehen Sie. Die bloße Atmosphäre lässt Sie ruhig werden.
DB: Ja, sie vermittelt das, was mit Stille gemeint ist. Sie vermittelt es wortlos.
K: Das ist nichts! Das ist wie Weihrauch!
DB: Es ist oberflächlich.
K: Total
oberflächlich. Es verfliegt wie Weihrauch! Deshalb schieben wir all das
beiseite. Und was bleibt uns dann noch? Kein äußerer Vermittler, kein
Gott noch irgendein Erlöser. Was bleibt uns? Was bleibt, das man
vermitteln kann, das die Mauer überwindet, die die Menschen um sich
herum aufgebaut haben? Ist es die Liebe? Dieses Wort ist verdorben,
überbeansprucht, beschmutzt worden. Wenn man das Wort aber läutert – ist
Liebe das Element, das dieses kluge, analytische Vorgehen überwinden
wird? Ist die Liebe jenes fehlende Element?
DB: Nun, darüber müssen wir sprechen. Vielleicht sind die Menschen etwas vorsichtig mit diesem Wort.
K: Ich bin über alle Maßen vorsichtig!
DB: Und deshalb sträuben sie sich gegen die Liebe, wie sie sich ja auch weigern zuzuhören.
K: Deshalb habe ich gesagt, dass das ein recht riskantes Wort ist.
DB: Wir haben neulich festgestellt, dass die Liebe Intelligenz enthält.
K: Natürlich.
DB: Die auch Fürsorge ist. Mit der Liebe meinen wir jene Energie, die auch Intelligenz und Fürsorge in sich birgt, das alles …
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