"Solange ein Mensch in der Außenwelt Liebe sucht, wird er immer wieder enttäuscht werden, denn sie befindet sich im Inneren des Menschen, in seinem Herzen. Darum gibt es auch Eremiten, Einsiedler, die in der Einsamkeit Gott suchen."
"Die Unsterblichkeit ist nicht jedermanns Sache"
~Johann Wolfgang von Goethe
Der RAJA-Yoga wurde bereits vor ca. 2000 Jahren
vom Rishi (=Weiser) Patanjali in den Yoga-Aphorismen niedergeschrieben.
Dieser Übungsweg gliedert sich in acht Stufen (Ashtanga-Yoga), bzw. aus Aphorismen, die die Grundlage für das Studium und die Übung des RAJA-Yoga bilden. Im 20. Jahrhundert wurde von Premavatar Paramahansa Yogananda diese geheimen Lehren des RAJA-Yoga, den er Kriya-Yoga nannte, den westlichen Menschen offenbart. Der Kriya-Yoga kann nur mit Hilfe eines Guru erlernt werden und bleibt ohne spirituellen Freund und Lehrer nur reine Theorie.
Im Kriya -Yoga sind die wertvollsten Inhalte der besten Yogawege zusammengefasst. Kriya -Yoga ist eine Erleuchtungstradition in der Linie der großen Meister Babaji, Lahiri Mahasaya, Sri Yukteswar und Paramahansa Yogananda, wobei als ein Schwerpunkt der Umgang mit der Lebensenergie gelehrt wird. Das Ziel ist die Erleuchtung des Bewusstseins, das Hineintauchen in die Mysterien der Schöpfung und die Entdeckung des eigenen SELBST. Neben verschiedenen Meditationstechniken wird der ernsthafte Schüler in Mantra und in Techniken zur Erweckung der Kundalini eingeweiht. Diese Kundalini-Übungen sind derart kraftvoll, dass sie die spirituelle Entwicklung erheblich beschleunigen. Wegen dieser rasanten Entwicklungsmöglichkeit wird Kriya-Yoga als Flugweg zu Gott bezeichnet. Für Kriya -Yoga bedarf es keiner körperlichen Gelenkigkeit (kein Hatha-Yoga!), so dass Sie auch im höheren Alter damit beginnen können.
Der RAJA - Yoga = KRIYA Yoga besteht aus 8 aufeinander folgenden STUFEN:
8. SAMADHI (Selbst-, Gottesverwirklichung)
7. DHYANA (Meditation, Erleuchtung)
Dhyana ist NICHT mit willentlicher Anstrengung verbunden
Die wichtigste Grundvoraussetzung um meditieren zu können ist eine passive Grundhaltung. Für einen westlichen Menschen ist diese Grundhaltung sehr schwer zu erlangen, da er von Kindheit an gewohnt ist etwas leisten zu müssen, um etwas zu bekommen. Man darf nichts haben wollen, es muß einfach geschehen. Dhyana wird dann erreicht, wenn die Energie des Yogi von der göttlicher Liebe erfüllt wird. Durch Meditation ergießt sich das göttliche Licht in den Menschen und erfüllt ihn mit göttlichem Licht (Hl.Geist). Eine hl. Kommunion mit dem Göttlichen wird erreicht und man ist von Glückseligkeit (Ananda, Vorstufe zum Samadhi!) durchdrungen. Noch immer aber ist eine Trennung zwischen dem Meditierenden (Subjekt) und Gott (Objekt) vorhanden. Man erfährt noch immer die Dualität, Gott und der Mensch sind voneinander getrennt, noch fehlt das Bewußtsein der Einheit, die Erkenntnis, daß alles Eins ist. Die Erkenntnis der Einheit wird erst in der 8. Stufe erlangt. In China wird Dhyana als ZEN bezeichnet, der Weg des Zen als TAO-Yoga.
6. DHARANA (Gebet)
Dharana ist mit willentlicher Anstrengung verbunden
5. PRATYAHARA (Verinnerlichung)
Pratyahara bedeutet Zurückziehung der Lebensenergie von der Außenwelt, die wir durch die 5 Sinne wahrnehmen (Fühlen, Hören, Riechen, Schmecken, Sehen).
dann wirst du dich selbst mitten auf einem Schlachtfeld ungestört fühlen. Das ist wahres Pratyahara.
Bei Patanjali ist Pratyahara also keine willentliche Aktivität des Übenden, sondern das Resultat (siddhi) der Geistessammlung durch Pranayama.
ZIEHT EUREN GEIST ZURÜCK
Pratyahara ist das Abziehen oder Zurückziehen der Sinne.
http://www.yoga-vidya.de/Yoga--Artikel/Yoga-Lesung/05092001.html
4. PRANAYAMA (Beherrschung der Lebensenergie)
Die Inder bezeichnen diese Energiekanäle als Nadis. Sie können auch als Pendant zu den chinesischen Meridianen gesehen werden. Der Zentralkanal im Rückenmark heisst Sushumna, links davon fliesst die Ida, rechts die Pingala. Unterbrochen werden diese Energie-Kanäle von sogenannten Chakren, zu deutsch Knoten. Dabei unterscheidet man sieben Primärchakren und 18 Sekundär-Chakren.
3. ASANA (Die rechte Meditationshaltung)
2. NIYAMA (Die 5 Verhaltensregeln)
1. YAMA (Die 5 Enthaltungen)
Dharana, Dhyana und Samadhi werden von Patanjali auch als der innere Kern des Yoga (Vers IIIB, 7) oder als samyama („Sammlung“) bezeichnet. Diese 3 Stufen bilden das machtvollste Werkzeug des Yoga.
Wir können das Verhältnis dieser Stufen auch so darstellen, dass
Asana (Stufe 3) die Körperhülle,
Pranayama (Stufe 4) die Energiehülle,
Pratyahara (Stufe 5) die Geisthülle und
Dharana (Stufe 6) die Intellekthülle transzendiert.
Folglich würde Dhyana, der meditative Zustand, in dem wir die Wonne höchster Klarheit und die Ekstase vollendeten Fließens erfahren, die Anandamaya Kosha (Wonnehülle) transzendieren. Samadhi, als die höchste Erfahrung, ist jenseits aller Körperhüllen und Koshas, ist das Ziel unseres Weges.
1. YAMA, die 5 Enthaltungen (moralische Verbote)
1) Nicht töten (Arglosigkeit): ist die Lebenseinstellung Nichts und Niemanden in böser Absicht zu verletzen oder gar zu töten. Mahatma Gandhi's Ahimsa (Gewaltlosigkeit) ist eine hohe Ausdrucksform des YAMA.
2) Meiden von Unwahrheit (Wahrhaftigkeit): Niemals die Unwahrheit sagen, nie lügen oder heucheln. Die Indianer Nordamerikas waren solche Menschen, die dieses Yama verkörperten. Die Weißen wurden von den Indianern oft als Menschen, "die mit gespaltener Zunge" redeten (Lügner) bezeichnet.
3) Nicht stehlen: Eines der 10 Gebote Gottes, die ich in einem anderen Artikel bereits behandelt habe. Stehlen ist begründet in der Gier (auch Neid) der Menschen. Eines der drei Grundübel im Buddhismus, die eine Wiedergeburt bewirken.
4) Enthaltsamkeit: Hier ist nicht nur die sexuelle Enthaltsamkeit gemeint, sondern jegliche Jagd nach Sinnenlust sollte vermieden werden. Derjenige, der sich bereits im Erdenleben in der Enthaltsamkeit übt, hat im Jenseits (Astraler Bereich) bereits einen Vorsprung, um sich in höhere Ebenen zu erheben.
5) Nichts annehmen: Durch das Annehmen von Geschenken wird man anderen verpflichtet, abhängig und verliert seine Freiheit, die Freiheit der Kinder Gottes. Es gibt sogar einige spirituelle Gemeinschaften, die das "Nichts Annehmen" als Ordensregel haben (vgl. Taize - Frere Roger) und ihren Lebensunterhalt nicht erbetteln, sondern hart erarbeiten.
2. NIYAMA, die 5 Verhaltensregeln
a) Innere und äußere Läuterung: Gemeint ist hier eine physische, seelische und geistige Läuterung, eine Durchlichtung unserer äußeren Hüllen, die den Atman (=Seele) umgeben.
b) Zufriedenheit: Diese erlangen wir, wenn wir in unserer Mitte (HARA) ruhen und jedes Extrem zu vermeiden suchen (Der goldene Mittelweg). Eine Zufriedenheit, die unabhängig von äußeren Umständen oder der Erfüllung von Wünschen ist.
c) Geistige Disziplin: Ohne Disziplin und Strenge kann nichts im Leben erreicht werden. Dies gilt ebenso für den RAJA-Yoga.
d) Studium: Lernen bedeutet verstehen und erkennen. Durch ständige Beschäftigung mit einem Thema erlangt man Einheit mit dem Objekt des Studiums.
e) Hingabe an Gott bedeutet sich völlig verschenken, seinen Egoismus freiwillig aufgeben (.. Dein Wille geschehe...), um etwas Höheres hervorbringen zu können - die göttliche Liebe.
4. PRANAYAMA, die Beherrschung der Lebensenergie
Die erste Stufe des Kriya-Yoga (= 4. Stufe des Raja-Yoga)
https://www.paranormal.de/ebooks/pdfVersionen/kriya.pdf
Shambhavi Mudra ~ Leerblick
Khechari Mudra
Maha Mudra ~
Bandha bedeutet Verschluss. Bandhas sind im Hatha Yoga wichtige Energielenkungs-Übungen. Bandhas gehören zu den Mudras im Hatha Yoga.
Anahata (Herz)-Chakra
Manipura Chakra, Solar Plexus, Sonnengeflecht
https://www.solarisweb.at/aruna-gemeinschaft
»Die Unmenschlichkeit, die einem anderen angetan wird, zerstört die Menschlichkeit in mir.« ...Immanuel Kant Die Unmenschlichkeit, die einem anderen angetan wird, erweitert meine Menschlichkeit. m.p.
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Mittwoch, 31. Juli 2019
Teil III Part III ~ || Befreie dich von der Bürde der Kultur || Kino - Realität - Sehnsucht - Angst - Wut- Tugend - Zorn - Therapie - Meine Flagge und Deine Flagge
F: Es ist, als ginge man ins Kino, um so der Realität zu entfliehen.
U.G.: Sie befassen sich niemals wirklich mit dem Problem. Nehmen Sie zum Beispiel das Problem des Zorns. Ich möchte nicht auf all diese törichten Dinge eingehen, die diese Leute seit Jahrhunderten diskutieren. Der Zorn. Wo ist dieser Zorn? Können Sie ihn vom Funktionieren des Körpers abtrennen? Es ist wie mit den Wellen des Ozeans. Können Sie die Wellen vom Ozean trennen? Sie können dasitzen und darauf warten, daß die Wellen schwächer werden, damit Sie im Meer schwimmen können (wie der König Canute, der jahrelang dasaß und darauf hoffte, daß die Wellen des Ozeans verschwänden, damit er in ruhiger See ein Bad nehmen könnte). Das wird niemals geschehen. Sie können dasitzen und alles über die Wellen lernen, über Ebbe und Flut (die Wissenschaft hat uns alle möglichen Erklärungen gegeben), aber dieses Wissen wird Ihnen in keiner Weise helfen können.
Sie befassen sich nicht wirklich mit dem Zorn. Zunächst einmal, wo fühlen Sie ihn? Wo spüren Sie all diese sogenannten Probleme, von denen Sie sich befreien möchten? Und die Sehnsucht? Diese brennende Sehnsucht. Die Sehnsucht verbrennt sie. Der Hunger verzehrt Sie. Die Lösungen und Methoden, die Sie gefunden haben, lassen es nicht zu, daß sich Sehnsucht und Hunger in Ihrem Körpersystem selbst verzehren.
...Solange er sich in Tugendhaftigkeit übt wird der Mensch asozial sein und sein Handeln wird von seinem Ärger motiviert. Wenn Sie erst einmal mit dem Ziel abgeschlossen haben, das die Gesellschaft Ihnen gesetzt hat, (und das Sie für sich selbst als ideales und erstrebenswertes Ziel übernommen haben), dann werden Sie niemals mehr jemandem etwas zuleide tun, weder individuell, noch kollektiv als eine Nation.
...Sie müssen sich mit Ihrem Zorn befassen. Aber sie befassen sich mit etwas, das dazu in keinerlei Beziehung steht; kein einziges Mal lassen Sie es zu, daß sich der Zorn innerhalb der Struktur, der er entstammt und innerhalb derer er wirksam wird, selbst verzehrt. Eine Therapie, in der man auf seine Kissen oder sonst etwas einschlägt, ist geradezu ein Witz. Dadurch kann ein Mensch nicht dauerhaft von seinem Zorn befreit werden.
F: Auf ein Kissen einschlägt?
U.G.: Das machen sie, das gehört zu einer ihrer Therapien.
F: Und das hilft nicht?
U.G.: Die Wut wird wieder hochkommen. Was machen Sie also? Sie befassen sich gar nicht mit ihr. Sie werden sich überhaupt nicht mit dieser Wut beschäftigen, solange Sie glauben nach einem Weg suchen zu müssen, um denjenigen Menschen nicht zu verletzen, der Sie mit einem Messer angreift. Dabei ist es aber absolut notwendig, daß Sie sich selbst schützen. Ich will damit keineswegs sagen, daß es der Zorn ist, der Sie daran hindert, mit der Situation fertigzuwerden. Und sagen Sie nicht, daß das eben Gewaltlosigkeit sei und daß man niemandem weh tun dürfe. Er verletzt Sie. Selbst in der Bibel heißt es: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Das wenden Sie nicht an. Im großen Maßstab wird das natürlich praktiziert, aber im täglichen Leben sei das angeblich etwas ganz Schlimmes. Ich sehe darin überhaupt keine Schwierigkeit. Wo sollte da ein Problem sein?
Es hat keinen Sinn, diese hypothetischen Situationen zu diskutieren – aus dem einfachen Grund, weil ein vor Zorn bebender und wutentbrannter Mensch nicht versuchen wird, über das Problem des Zorns zu sprechen. Das ist erstaunlich. Denn das wäre die richtige Zeit, sich mit diesen Dingen zu befassen – wenn man wirklich brennt vor Wut, brennt vor Sehnsucht, brennt vor all den Dingen, von denen man sich gerne befreien würde. Ansonsten wird es nur eine rein akademische Diskussion geben, in der man über die Anatomie des Zorns, die Anatomie dessen, wie Zorn entsteht und die Anatomie der Liebe spricht. Es ist wirklich lachhaft. Sie bieten Lösungen an, die in realen Situation nicht funktionieren. Das ist auch der Grund dafür, warum ich über diese Dinge nicht spreche. Der Einzelne hat kein Problem. Wenn er halb wahnsinnig ist vor Zorn – dann ist das die richtige Zeit, um sich damit zu befassen. Es stoppt das Denken.
F: U.G., besteht die Möglichkeit, das Problem zu erkennen?
U.G.: Nein, denn Sie selbst sind das Problem.
F: Also gibt es keine Antwort?
U.G.: Es gibt keine Möglichkeit, wie Sie sich von dem Problem abtrennen können. Und das wollen Sie tun. Damit will ich sagen, daß Sie die Wut nach außen verlegen, und dann wollen Sie sie als etwas betrachten und auf eine Weise mit ihr umgehen, als sei sie ein Objekt, das außerhalb von Ihnen gelegen ist. Wenn Sie sich davon abspalten, wird als einziges Ergebnis genau das eintreten, was Sie befürchtet haben. Das ist unvermeidlich. Sie haben also überhaupt keine Möglichkeit, eine Kontrolle auszuüben. Gibt es denn etwas, das Sie tun könnten, um diese Abspaltung von dem, was Sie sind, zu verhindern? Es ist schrecklich, wenn man erkennt, daß man selbst die Wut ist, und daß alles, was man unternimmt, um sie zu stoppen oder sie zu vermeiden, falsch ist. Denn das wird immer erst morgen oder in einem anderen Leben stattfinden – niemals jetzt. So sind Sie also.
Sie sind weder ein spiritueller noch ein religiöser Mensch. Sie können sich zwar einbilden, ein religiöser Mensch zu sein, weil Sie versuchen, Ihren Zorn zu kontrollieren oder sich von ihm zu befreien oder weil Sie sich bemühen, mit der Zeit immer weniger zornig zu werden. All das läßt Sie glauben, daß Sie nicht der lasterhafte Mensch seien, der Sie nicht sein wollen. Sie sind nicht anders. Sie sind kein bißchen mehr spirituell als die Menschen, die Sie verurteilen.
Morgen werden Sie ein wundervoller Mensch sein, Sie werden frei sein von Zorn und Wut. Was erwarten Sie in der Zwischenzeit von mir? Daß ich Sie bewundere? Weil Sie sich ein Etikett angeheftet haben, das anzeigt, daß Sie ein spiritueller Mensch sind oder weil Sie sich in die dazu passende Robe gehüllt haben? Was soll ich denn Ihrer Meinung nach tun? Wollen Sie, daß ich Sie dafür bewundere? Da gibt es nichts zu bewundern, denn Sie sind genauso lasterhaft wie jeder andere auf dieser Welt. Es hat keinen Sinn, das zu verurteilen. Es hat aber ebensowenig Sinn, eine Haltung einzunehmen, die in keinerlei Zusammenhang steht mit dem, was wirklich geschieht.
Wie kommen Sie eigentlich zu dieser Einstellung, sich den Tieren so überlegen zu fühlen? Das ist die Haltung, derer Sie sich anmaßen. Die Tiere sind besser als die Menschen. Das Tier handelt auf eine bestehende Gefahr hin, und das geschieht nur zum Zwecke des Überlebens. Wenn Sie Ihren Mitmenschen deshalb töten, um sich selbst ernähren zu können, dann ist das eigentlich eine moralische Handlung – aber wirklich nur dann, wenn es zu diesem Zweck geschieht – denn, wo Sie auch hinsehen, lebt eine Lebensform auf Kosten der anderen. Und wenn sie von Vegetarismus sprechen und dabei Millionen von Menschen umbringen, dann ist das die unmoralischste und unverzeihlichste Tat, die eine zivilisierte Menschheit vollbringen kann. Sehen Sie nicht die Absurdität von beidem? Das Töten verurteilen Sie. Sie lieben die Tiere. Wozu?
...Das Fundament, auf dem die ganze christliche Religion basiert, ist das Leiden. Vergessen Sie das nicht. Sie leiden also in der Hoffnung darauf, einen permanenten Platz im Himmel – einem nichtexistenten Himmel – zu erhalten. Sie gehen jetzt durch die Hölle, in der Hoffnung, nach Ihrem Tod in den Himmel zu kommen. Warum? Leiden Sie nur! Alle Religionen haben das Leiden betont. Ertragen Sie den Schmerz, im Erdulden von Schmerzen liegt Mittel und Weg. Sie gehen durch die Hölle und hoffen, am Ende Ihres Lebens das Paradies zu finden, oder am Ende einer Reihe von Leben, wenn es das ist, woran Sie glauben. Ich weise lediglich darauf hin, wie absurd es ist, über diese Dinge zu sprechen. Die religiösen Lehren sind sinnlos, wenn man dadurch in die Enge getrieben wird. Dann wird man sich genau so verhalten wie alle andern auch. Also reicht diese Kultur, Ihre religiösen oder sonstigen Werte, nicht einmal im Entferntesten an diese Dinge heran.
F: ...eine Bedrohung?
U.G.: Er ist deshalb eine Bedrohung, weil von diesen religiösen Menschen, die dergleichen lehren, verheerende Wirkungen ausgehen. Einer, der von Liebe spricht, davon, daß man seinen Nächsten lieben solle wie sich selbst, jemand, der über Gewaltlosigkeit spricht – alle destruktiven Kräften stammen vom Denken dieses Menschen. Wir alle sind die Erben dieser Kultur. Wir können gar nicht anders. Wenn Sie diese Lehrer ablehnen, dann sind Sie frei von der Bürde und der Falschheit der ganzen Kultur. Individuell gesehen sind Sie dann frei von der Gesamtheit all der Absurditäten, die uns auferlegt worden sind.
F: Ich kann nicht akzeptieren, daß es nicht auch einige geben sollte (zum Beispiel Jesus, wenn auch nicht die Kirche und nicht die Christenheit), die wahre Menschen sind.
U.G.: Ich weiß, Sie können nicht akzeptieren, was ich sage. Warum haben sie ihn denn damals ans Kreuz geschlagen? Weil er für ihre Gesellschaft eine Gefahr war.
F: Sie haben aus einem Menschen einen Gott gemacht. Damit bin ich nicht einverstanden.
U.G.: Er war nicht einmal ein normaler Mensch, denn er stellte Behauptungen auf, aus denen die ganze dogmatische Lehre des Christentums ihren Ursprung nahm. Aber ich verurteile nicht nur Jesus. Ähnliches trifft auf alle Lehrer zu – Buddha, Mohammed – alle, die Sie als die großen religiösen Lehrer der Menschheit ansehen, und ganz zu schweigen von den Leuten, die sich heute auf dem Markt befinden und ihre Geschäfte machen. Aber das soll uns nicht beunruhigen. Es hat sowie so keinen Zweck, ihnen etwas vorzuwerfen.
Hier sind wir also. Wir sind die Erben dieser ganzen gewalttätigen Kultur. Ihre Kultur dient nur dazu, die Menschen zu lehren, wie man tötet oder wie man getötet wird, sei es nun in Namen der Kultur oder im Namen der politischen Ideologie oder im Namen des Patriotismus oder von sonst etwas. Sie kann gar nicht anders sein. Daher sage ich, daß das Ganze auf die völlige Vernichtung des Menschen hinausläuft. Diese Dinge haben Kräfte der Vernichtung freigesetzt, die keine Macht mehr stoppen kann.
F: Ja, keine Macht.
U.G.: Keine Macht, kein Gott kann sie stoppen, denn es waren die Götter selbst, die diese Kräfte der Vernichtung entfesselt haben. Sie sehen gerade jetzt, wie das geschieht. Als der Höhlenbewohner den Kieferknochen eines Esels benutzte, um seinen Nachbarn zu töten, hatten die andern noch eine Überlebenschance. Der Höhlenbewohner von heute lebt im Kreml oder im Weißen Haus oder im Parliament House in Indien – es sind diejenigen, die die Kräfte der Zerstörung freisetzen und entfesseln, die alle Lebensformen auf diesem Planeten vernichten werden. Und dabei wird der Mensch gleichzeitig auch jede andere Spezies mit sich nehmen, die bis heute auf diesem Planeten existiert.
Das alles ist aus dem Denken jenes Mannes entstanden, der den Menschen Religion lehren und die Liebe im Angesicht der Erde etablieren wollte. Und sehen Sie, was er daraus gemacht hat!
U.G.: Es gibt nichts, gar nichts... Sie besitzen keinerlei Handlungsfreiheit.
F: Nein.
U.G.: Wenn Sie das einmal verstanden haben, bringt sich das, was ist, selbst zum Ausdruck. Die bereits vorhandene Intelligenz kann viel effektiver wirksam werden als es all die Lösungen können, die der Mensch mittels seines Denkens hervorgebracht hat, welches das Ergebnis von Millionen um Millionen Jahren der Evolution ist. Das Idealbild des vollkommenen Menschen, das wir vor uns aufgerichtet haben, ist nur ein Mythos. Solch einen Menschen gibt es überhaupt nicht. Der ideale Mensch existiert nicht. Das ist nur ein Wort, eine Idee. Sie hoffen Ihr ganzes Leben lang, solch ein idealer Mensch zu werden, und was Ihnen schließlich bleibt, ist das Elend, das Leiden und die Hoffnung. „Eines Tages, Sie werden es schon sehen...“ Das ist die Hoffnung. Sie werden mit dieser Hoffnung sterben.
F: Also wäre eine Lösung, sein Dasein so, wie man eben ist, zu akzeptieren.
U.G.: Wie man ist, ganz genau so, wie Sie es eben sind. Dann befinden Sie sich nicht mit der Gesellschaft in Konflikt. Die Kultur hat diese Anforderung in Sie hineingelegt, die Sie dazu drängt, sich in etwas anderes verändern zu müssen. Die Kultur ist dafür verantwortlich. Wenn Sie etwas tun wollen, dann wird Ihnen gesagt: „Junge, paß gut auf, wo du hinläufst!“ Das tun sie. Die zweite Ermahnung kommt dann von der Gesellschaft. „Seien Sie ja vorsichtig“, wird Ihnen gesagt. Das hat Sie ängstlich werden lassen. Gleichzeitig spricht sie aber davon, daß man sich von der Angst befreien und Mut haben müsse – „Seien Sie ein einzigartiger Mensch“ – das geschieht nur zu dem Zweck, Sie wie eine Marionette benutzen und so den Status quo der Gesellschaft aufrechterhalten zu können. Die Gesellschaft will Sie Mut und Furchtlosigkeit lehren, damit Sie von Nutzen sein können, wenn es darum geht, ihre eigene Kontinuität aufrechtzuerhalten. Sie sind ein Teil all dessen. Deshalb kommt jedesmal, wenn Sie etwas tun wollen, Angst auf, und es wird Ihnen unmöglich zu handeln. Die Gesellschaft ist nicht außerhalb von Ihnen, die Kultur ist nicht etwas, das außerhalb von Ihnen gelegen wäre, und solange Sie nicht frei davon sind, werden Sie auch nicht handeln können.
U.G.: Der Mensch ist deshalb nicht imstande zu handeln, weil er immerzu in Begriffen von Handlungsfreiheit denkt. „Wie kann ich frei sein?“ Das ist von größtem Interesse für Sie, die Freiheit. Aber Sie leben diese Freiheit nicht. Die Forderung nach Handlungsfreiheit verhindert die Handlung, die weder sozial noch antisozial ist.
F: Man ist also dann frei, wenn man sich selbst und seine Situation akzeptiert?
U.G.: Man befindet sich dann nicht mehr mit der Gesellschaft in Konflikt. Das ist die Realität der Welt, ob Sie nun dieser Gesellschaft von Nutzen sind oder nicht. Allerdings werden Sie ihr nicht von Nutzen sein. Wenn Sie aber zu einer Bedrohung für die Gesellschaft werden sollten, dann wird diese Sie liquidieren. Denn Sie stören sämtliche der Aufrechterhaltung des Status quo dienenden Maßnahmen.
Sie sind deshalb neurotisch, weil Sie zwei Dinge gleichzeitig wollen. Dadurch ist dieses Problem erst entstanden – weil Sie zwei Dinge zu gleichen Zeit haben wollen. Zunächst einmal wollen Sie in sich selbst eine Veränderung hervorrufen. Die Gesellschaft verlangt nach Veränderung, damit Sie ein Teil von ihr werden können und so die Kontinuität der sozialen Struktur aufrechterhalten. Das zweite ist, daß Sie sich nicht ändern wollen. Darin liegt der Konflikt begründet.
Wenn die Forderung in Ihnen verstummt ist, daß Sie sich ändern müßten, dann werden Sie sich auch nicht länger damit befassen, Ihre Umwelt verändern zu wollen. Mit beidem ist dann Schluß. Wenn dem nicht so wäre, würde Ihr Tun eine Gefahr für die Gesellschaft darstellen. Sie wird sie mit Sicherheit liquidieren. Wenn Sie also bereit sind, von dieser Sozialstruktur liquidiert zu werden, bedeutet das, daß Sie Mut besitzen. Mut bedeutet nicht, auf dem Schlachtfeld zu sterben und für Ihre Fahne zu kämpfen.
Was symbolisiert eine Fahne? Sie schwenken hier mit Ihrer Flagge und die dort mit einer anderen, und dann sprechen beide vom Frieden. Welch eine absurde Situation das ist. Und doch sprechen Sie vom Frieden. Sie leisten einen Treueeid auf Ihre Flagge und die andern auf die ihrige – und gleichzeitig sprechen Sie vom Frieden auf dieser Welt. Wie könnte Frieden herrschen, wenn Sie hier Ihre Fahne schwenken und die andern dort drüben eine andere? Wer die besseren Waffen besitzt, wird den Tag für sich entscheiden. Meine Flagge hier und Ihre Flagge dort – und für die Friedensbewegung schaffen Sie sich noch mal eine andere an.
F: Es ist zwecklos.
U.G.: Das versteht sich von selbst. Sind Sie bereit, den Polizisten aufzugeben? Sie wollen sich individuell schützen, Ihr Leben und Ihr bißchen Eigentum. Ich sage nicht, ob Sie das tun sollten oder nicht. Sie brauchen die Hilfe des Polizisten, um das zu beschützen. Also ziehen Sie eine Linie und sagen: „Das hier ist meine Nation“. Sie wollen Ihre Nation schützen. Wenn Sie das nicht tun können, dann werden Sie die Mittel zu Ihrer Verteidigung erweitern müssen, um sich weiterhin zu schützen, und Sie werden sagen, daß das aus defensiven Gründen geschähe. Natürlich ist das defensiv. Die Bombe ist nur die Erweiterung des Polizisten. Dagegen können Sie nichts einwenden, solange Sie wollen, daß die Polizei Ihr Eigentum schützt. Sie können sich an Friedensmärschen beteiligen oder um Kernreaktoren herumsitzen, Friedenshymnen singen und die Gitarre dazu spielen – ‘make love not war’ – hören Sie doch nicht auf all diesen Blödsinn. Liebe machen und Krieg führen sind auf die gleichen Ursprünge zurückzuführen. Das wird zu einer Farce.
Ich meine, das ist genug. Es ist genug.
F: In welcher Beziehung stehen wir also zu der Welt, in der wir leben?
U.G.: In gar keiner, abgesehen davon, daß die von Ihnen erlebte Welt diejenige ist, die Sie selbst geschaffen haben. Sie leben in Ihrer eigenen Welt. Sie haben sich aus Ihren eigenen Erfahrungen Ihre Welt zurechtgezimmert, und versuchen nun, diese nach außen zu projizieren. Sie verfügen über keinerlei Möglichkeit, die Realität der Welt zu erfahren. Sie und ich, wie benützen dasselbe Wort, um eine Videokamera zu beschreiben. Was Sie hier in der Hand halten ist ein Bleistift oder ein Kugelschreiber. Wir müssen derlei Begriffe als solche anerkennen, um damit arbeiten zu können. Wir benützen sie, um in dieser Welt funktionieren und auf intelligente Weise kommunizieren zu können – aber das gilt nur für diese Ebene
F: Es kann also niemand ein Vorbild für einen anderen abgeben?
U.G.: Einem anderen nachzufolgen ist etwas für Tiere, nicht für Menschen. Ein Mensch kann keinem andern nachfolgen. In physischer Hinsicht ist man von anderen abhängig, aber das ist auch schon alles.
F: Sie sagen also, daß es so etwas wie spirituelles Wachstum nicht gibt. Oder könnte man sagen....?
U.G.: Ich behaupte, daß es etwas wie Spiritualität nicht gibt. Wenn Sie das, was Sie als Spiritualität bezeichnen, über das sogenannte materielle Leben stellen, dann schaffen Sie sich Probleme. Weil Sie in der materiellen Welt Wachstum und Entwicklung erkennen können, wenden Sie das gleiche Prinzip auch auf das sogenannte spirituelle Leben an.
F: Wollen sie damit andeuten, daß die Probleme dann beginnen, wenn man die Dinge trennt?
U.G.: ...wenn man die Dinge trennt, sie in ein materielles Leben und ein spirituelles Leben unterteilt. Es gibt nur ein Leben. Dies ist ein materielles Leben, und das andere besitzt keine Relevanz. Ihr Wunsch, Ihr materielles Leben in diese sogenannten religiösen Verhaltensmuster umzuwandeln, die Ihnen von diesen ‘religiösen’ Menschen vorgegeben werden, zerstört die Möglichkeit, in Harmonie zu leben und die Realität dieser materiellen Welt genau so zu akzeptieren, wie sie ist. Das Sie das nicht tun, ist für Ihr Leid, Ihre Schmerzen und Ihre Sorgen verantwortlich.
Sie befinden sich in einem permanenten Kampf anders zu sein, und Sie jagen etwas nach, das es nicht gibt. Das hat gar keinen Sinn. Es gibt Ihnen das Gefühl, daß das Tun für Sie weit wichtiger sei als das eigentliche Ergebnis. Sie entfernen sich immer weiter von Ihrem Ziel. Je mehr Sie sich dabei anstrengen, desto besser fühlen Sie sich. Es ist wie mit Ihren Problemen – es ist Ihnen äußerst wichtig, Ihre Probleme zu lösen, dabei interessieren Sie die Lösungen aber weit mehr als die eigentlichen Probleme. Was ist denn das Problem, frage ich? Sie haben keine Probleme, sondern nur Lösungen. Worin besteht denn das Problem? Niemand kann mir sagen, was das Problem ist.
Sie sagen mir: „Das hier sind alle meine Lösungen. Welche davon soll ich anwenden, um mit meinen Problemen fertig zu werden?“ Worin genau besteht denn das Problem? Die materiellen Probleme sind verständlich. Wenn Sie nicht gesund sind, müssen Sie etwas für Ihre Gesundheit tun. Wenn Sie kein Geld haben, müssen Sie etwas wegen des Geldes tun. Das ist leicht verständlich. Wenn Sie aber psychologische Probleme haben, dann beginnt es wirklich problematisch zu werden. All die Psychologen und die geistlichen Herrschaften mit ihren Therapien und Lösungen versuchen Ihnen zu helfen. Aber das bringt Sie nirgendwohin, nicht wahr? Der Einzelne bleibt so oberflächlich und leer wie zuvor. Was wollen Sie sich denn nur selbst beweisen?
U.G.: Sie befassen sich niemals wirklich mit dem Problem. Nehmen Sie zum Beispiel das Problem des Zorns. Ich möchte nicht auf all diese törichten Dinge eingehen, die diese Leute seit Jahrhunderten diskutieren. Der Zorn. Wo ist dieser Zorn? Können Sie ihn vom Funktionieren des Körpers abtrennen? Es ist wie mit den Wellen des Ozeans. Können Sie die Wellen vom Ozean trennen? Sie können dasitzen und darauf warten, daß die Wellen schwächer werden, damit Sie im Meer schwimmen können (wie der König Canute, der jahrelang dasaß und darauf hoffte, daß die Wellen des Ozeans verschwänden, damit er in ruhiger See ein Bad nehmen könnte). Das wird niemals geschehen. Sie können dasitzen und alles über die Wellen lernen, über Ebbe und Flut (die Wissenschaft hat uns alle möglichen Erklärungen gegeben), aber dieses Wissen wird Ihnen in keiner Weise helfen können.
Sie befassen sich nicht wirklich mit dem Zorn. Zunächst einmal, wo fühlen Sie ihn? Wo spüren Sie all diese sogenannten Probleme, von denen Sie sich befreien möchten? Und die Sehnsucht? Diese brennende Sehnsucht. Die Sehnsucht verbrennt sie. Der Hunger verzehrt Sie. Die Lösungen und Methoden, die Sie gefunden haben, lassen es nicht zu, daß sich Sehnsucht und Hunger in Ihrem Körpersystem selbst verzehren.
...Solange er sich in Tugendhaftigkeit übt wird der Mensch asozial sein und sein Handeln wird von seinem Ärger motiviert. Wenn Sie erst einmal mit dem Ziel abgeschlossen haben, das die Gesellschaft Ihnen gesetzt hat, (und das Sie für sich selbst als ideales und erstrebenswertes Ziel übernommen haben), dann werden Sie niemals mehr jemandem etwas zuleide tun, weder individuell, noch kollektiv als eine Nation.
...Sie müssen sich mit Ihrem Zorn befassen. Aber sie befassen sich mit etwas, das dazu in keinerlei Beziehung steht; kein einziges Mal lassen Sie es zu, daß sich der Zorn innerhalb der Struktur, der er entstammt und innerhalb derer er wirksam wird, selbst verzehrt. Eine Therapie, in der man auf seine Kissen oder sonst etwas einschlägt, ist geradezu ein Witz. Dadurch kann ein Mensch nicht dauerhaft von seinem Zorn befreit werden.
F: Auf ein Kissen einschlägt?
U.G.: Das machen sie, das gehört zu einer ihrer Therapien.
F: Und das hilft nicht?
U.G.: Die Wut wird wieder hochkommen. Was machen Sie also? Sie befassen sich gar nicht mit ihr. Sie werden sich überhaupt nicht mit dieser Wut beschäftigen, solange Sie glauben nach einem Weg suchen zu müssen, um denjenigen Menschen nicht zu verletzen, der Sie mit einem Messer angreift. Dabei ist es aber absolut notwendig, daß Sie sich selbst schützen. Ich will damit keineswegs sagen, daß es der Zorn ist, der Sie daran hindert, mit der Situation fertigzuwerden. Und sagen Sie nicht, daß das eben Gewaltlosigkeit sei und daß man niemandem weh tun dürfe. Er verletzt Sie. Selbst in der Bibel heißt es: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Das wenden Sie nicht an. Im großen Maßstab wird das natürlich praktiziert, aber im täglichen Leben sei das angeblich etwas ganz Schlimmes. Ich sehe darin überhaupt keine Schwierigkeit. Wo sollte da ein Problem sein?
Es hat keinen Sinn, diese hypothetischen Situationen zu diskutieren – aus dem einfachen Grund, weil ein vor Zorn bebender und wutentbrannter Mensch nicht versuchen wird, über das Problem des Zorns zu sprechen. Das ist erstaunlich. Denn das wäre die richtige Zeit, sich mit diesen Dingen zu befassen – wenn man wirklich brennt vor Wut, brennt vor Sehnsucht, brennt vor all den Dingen, von denen man sich gerne befreien würde. Ansonsten wird es nur eine rein akademische Diskussion geben, in der man über die Anatomie des Zorns, die Anatomie dessen, wie Zorn entsteht und die Anatomie der Liebe spricht. Es ist wirklich lachhaft. Sie bieten Lösungen an, die in realen Situation nicht funktionieren. Das ist auch der Grund dafür, warum ich über diese Dinge nicht spreche. Der Einzelne hat kein Problem. Wenn er halb wahnsinnig ist vor Zorn – dann ist das die richtige Zeit, um sich damit zu befassen. Es stoppt das Denken.
F: U.G., besteht die Möglichkeit, das Problem zu erkennen?
U.G.: Nein, denn Sie selbst sind das Problem.
F: Also gibt es keine Antwort?
U.G.: Es gibt keine Möglichkeit, wie Sie sich von dem Problem abtrennen können. Und das wollen Sie tun. Damit will ich sagen, daß Sie die Wut nach außen verlegen, und dann wollen Sie sie als etwas betrachten und auf eine Weise mit ihr umgehen, als sei sie ein Objekt, das außerhalb von Ihnen gelegen ist. Wenn Sie sich davon abspalten, wird als einziges Ergebnis genau das eintreten, was Sie befürchtet haben. Das ist unvermeidlich. Sie haben also überhaupt keine Möglichkeit, eine Kontrolle auszuüben. Gibt es denn etwas, das Sie tun könnten, um diese Abspaltung von dem, was Sie sind, zu verhindern? Es ist schrecklich, wenn man erkennt, daß man selbst die Wut ist, und daß alles, was man unternimmt, um sie zu stoppen oder sie zu vermeiden, falsch ist. Denn das wird immer erst morgen oder in einem anderen Leben stattfinden – niemals jetzt. So sind Sie also.
Sie sind weder ein spiritueller noch ein religiöser Mensch. Sie können sich zwar einbilden, ein religiöser Mensch zu sein, weil Sie versuchen, Ihren Zorn zu kontrollieren oder sich von ihm zu befreien oder weil Sie sich bemühen, mit der Zeit immer weniger zornig zu werden. All das läßt Sie glauben, daß Sie nicht der lasterhafte Mensch seien, der Sie nicht sein wollen. Sie sind nicht anders. Sie sind kein bißchen mehr spirituell als die Menschen, die Sie verurteilen.
Morgen werden Sie ein wundervoller Mensch sein, Sie werden frei sein von Zorn und Wut. Was erwarten Sie in der Zwischenzeit von mir? Daß ich Sie bewundere? Weil Sie sich ein Etikett angeheftet haben, das anzeigt, daß Sie ein spiritueller Mensch sind oder weil Sie sich in die dazu passende Robe gehüllt haben? Was soll ich denn Ihrer Meinung nach tun? Wollen Sie, daß ich Sie dafür bewundere? Da gibt es nichts zu bewundern, denn Sie sind genauso lasterhaft wie jeder andere auf dieser Welt. Es hat keinen Sinn, das zu verurteilen. Es hat aber ebensowenig Sinn, eine Haltung einzunehmen, die in keinerlei Zusammenhang steht mit dem, was wirklich geschieht.
Wie kommen Sie eigentlich zu dieser Einstellung, sich den Tieren so überlegen zu fühlen? Das ist die Haltung, derer Sie sich anmaßen. Die Tiere sind besser als die Menschen. Das Tier handelt auf eine bestehende Gefahr hin, und das geschieht nur zum Zwecke des Überlebens. Wenn Sie Ihren Mitmenschen deshalb töten, um sich selbst ernähren zu können, dann ist das eigentlich eine moralische Handlung – aber wirklich nur dann, wenn es zu diesem Zweck geschieht – denn, wo Sie auch hinsehen, lebt eine Lebensform auf Kosten der anderen. Und wenn sie von Vegetarismus sprechen und dabei Millionen von Menschen umbringen, dann ist das die unmoralischste und unverzeihlichste Tat, die eine zivilisierte Menschheit vollbringen kann. Sehen Sie nicht die Absurdität von beidem? Das Töten verurteilen Sie. Sie lieben die Tiere. Wozu?
...Das Fundament, auf dem die ganze christliche Religion basiert, ist das Leiden. Vergessen Sie das nicht. Sie leiden also in der Hoffnung darauf, einen permanenten Platz im Himmel – einem nichtexistenten Himmel – zu erhalten. Sie gehen jetzt durch die Hölle, in der Hoffnung, nach Ihrem Tod in den Himmel zu kommen. Warum? Leiden Sie nur! Alle Religionen haben das Leiden betont. Ertragen Sie den Schmerz, im Erdulden von Schmerzen liegt Mittel und Weg. Sie gehen durch die Hölle und hoffen, am Ende Ihres Lebens das Paradies zu finden, oder am Ende einer Reihe von Leben, wenn es das ist, woran Sie glauben. Ich weise lediglich darauf hin, wie absurd es ist, über diese Dinge zu sprechen. Die religiösen Lehren sind sinnlos, wenn man dadurch in die Enge getrieben wird. Dann wird man sich genau so verhalten wie alle andern auch. Also reicht diese Kultur, Ihre religiösen oder sonstigen Werte, nicht einmal im Entferntesten an diese Dinge heran.
Mohammed ~ Jesus ~ Buddha
...Wenn der Mensch von diesem moralischen Dilemma frei ist, das die Basis des gesamten menschlichen Denkens bildet, dann wir er wie ein menschliches Wesen leben. Nicht wie ein spiritueller Mensch, nicht wie ein religiöser Mensch. Ein religiöser Mensch ist nicht gut für die Gesellschaft. Ein freundlicher Mensch (einer, der die Freundlichkeit als einen Kunstgriff anwendet) stellt für die Gesellschaft eine Bedrohung dar.F: ...eine Bedrohung?
U.G.: Er ist deshalb eine Bedrohung, weil von diesen religiösen Menschen, die dergleichen lehren, verheerende Wirkungen ausgehen. Einer, der von Liebe spricht, davon, daß man seinen Nächsten lieben solle wie sich selbst, jemand, der über Gewaltlosigkeit spricht – alle destruktiven Kräften stammen vom Denken dieses Menschen. Wir alle sind die Erben dieser Kultur. Wir können gar nicht anders. Wenn Sie diese Lehrer ablehnen, dann sind Sie frei von der Bürde und der Falschheit der ganzen Kultur. Individuell gesehen sind Sie dann frei von der Gesamtheit all der Absurditäten, die uns auferlegt worden sind.
F: Ich kann nicht akzeptieren, daß es nicht auch einige geben sollte (zum Beispiel Jesus, wenn auch nicht die Kirche und nicht die Christenheit), die wahre Menschen sind.
U.G.: Ich weiß, Sie können nicht akzeptieren, was ich sage. Warum haben sie ihn denn damals ans Kreuz geschlagen? Weil er für ihre Gesellschaft eine Gefahr war.
F: Sie haben aus einem Menschen einen Gott gemacht. Damit bin ich nicht einverstanden.
U.G.: Er war nicht einmal ein normaler Mensch, denn er stellte Behauptungen auf, aus denen die ganze dogmatische Lehre des Christentums ihren Ursprung nahm. Aber ich verurteile nicht nur Jesus. Ähnliches trifft auf alle Lehrer zu – Buddha, Mohammed – alle, die Sie als die großen religiösen Lehrer der Menschheit ansehen, und ganz zu schweigen von den Leuten, die sich heute auf dem Markt befinden und ihre Geschäfte machen. Aber das soll uns nicht beunruhigen. Es hat sowie so keinen Zweck, ihnen etwas vorzuwerfen.
Hier sind wir also. Wir sind die Erben dieser ganzen gewalttätigen Kultur. Ihre Kultur dient nur dazu, die Menschen zu lehren, wie man tötet oder wie man getötet wird, sei es nun in Namen der Kultur oder im Namen der politischen Ideologie oder im Namen des Patriotismus oder von sonst etwas. Sie kann gar nicht anders sein. Daher sage ich, daß das Ganze auf die völlige Vernichtung des Menschen hinausläuft. Diese Dinge haben Kräfte der Vernichtung freigesetzt, die keine Macht mehr stoppen kann.
F: Ja, keine Macht.
U.G.: Keine Macht, kein Gott kann sie stoppen, denn es waren die Götter selbst, die diese Kräfte der Vernichtung entfesselt haben. Sie sehen gerade jetzt, wie das geschieht. Als der Höhlenbewohner den Kieferknochen eines Esels benutzte, um seinen Nachbarn zu töten, hatten die andern noch eine Überlebenschance. Der Höhlenbewohner von heute lebt im Kreml oder im Weißen Haus oder im Parliament House in Indien – es sind diejenigen, die die Kräfte der Zerstörung freisetzen und entfesseln, die alle Lebensformen auf diesem Planeten vernichten werden. Und dabei wird der Mensch gleichzeitig auch jede andere Spezies mit sich nehmen, die bis heute auf diesem Planeten existiert.
Das alles ist aus dem Denken jenes Mannes entstanden, der den Menschen Religion lehren und die Liebe im Angesicht der Erde etablieren wollte. Und sehen Sie, was er daraus gemacht hat!
U.G.: Es gibt nichts, gar nichts... Sie besitzen keinerlei Handlungsfreiheit.
F: Nein.
U.G.: Wenn Sie das einmal verstanden haben, bringt sich das, was ist, selbst zum Ausdruck. Die bereits vorhandene Intelligenz kann viel effektiver wirksam werden als es all die Lösungen können, die der Mensch mittels seines Denkens hervorgebracht hat, welches das Ergebnis von Millionen um Millionen Jahren der Evolution ist. Das Idealbild des vollkommenen Menschen, das wir vor uns aufgerichtet haben, ist nur ein Mythos. Solch einen Menschen gibt es überhaupt nicht. Der ideale Mensch existiert nicht. Das ist nur ein Wort, eine Idee. Sie hoffen Ihr ganzes Leben lang, solch ein idealer Mensch zu werden, und was Ihnen schließlich bleibt, ist das Elend, das Leiden und die Hoffnung. „Eines Tages, Sie werden es schon sehen...“ Das ist die Hoffnung. Sie werden mit dieser Hoffnung sterben.
F: Also wäre eine Lösung, sein Dasein so, wie man eben ist, zu akzeptieren.
U.G.: Wie man ist, ganz genau so, wie Sie es eben sind. Dann befinden Sie sich nicht mit der Gesellschaft in Konflikt. Die Kultur hat diese Anforderung in Sie hineingelegt, die Sie dazu drängt, sich in etwas anderes verändern zu müssen. Die Kultur ist dafür verantwortlich. Wenn Sie etwas tun wollen, dann wird Ihnen gesagt: „Junge, paß gut auf, wo du hinläufst!“ Das tun sie. Die zweite Ermahnung kommt dann von der Gesellschaft. „Seien Sie ja vorsichtig“, wird Ihnen gesagt. Das hat Sie ängstlich werden lassen. Gleichzeitig spricht sie aber davon, daß man sich von der Angst befreien und Mut haben müsse – „Seien Sie ein einzigartiger Mensch“ – das geschieht nur zu dem Zweck, Sie wie eine Marionette benutzen und so den Status quo der Gesellschaft aufrechterhalten zu können. Die Gesellschaft will Sie Mut und Furchtlosigkeit lehren, damit Sie von Nutzen sein können, wenn es darum geht, ihre eigene Kontinuität aufrechtzuerhalten. Sie sind ein Teil all dessen. Deshalb kommt jedesmal, wenn Sie etwas tun wollen, Angst auf, und es wird Ihnen unmöglich zu handeln. Die Gesellschaft ist nicht außerhalb von Ihnen, die Kultur ist nicht etwas, das außerhalb von Ihnen gelegen wäre, und solange Sie nicht frei davon sind, werden Sie auch nicht handeln können.
U.G.: Der Mensch ist deshalb nicht imstande zu handeln, weil er immerzu in Begriffen von Handlungsfreiheit denkt. „Wie kann ich frei sein?“ Das ist von größtem Interesse für Sie, die Freiheit. Aber Sie leben diese Freiheit nicht. Die Forderung nach Handlungsfreiheit verhindert die Handlung, die weder sozial noch antisozial ist.
F: Man ist also dann frei, wenn man sich selbst und seine Situation akzeptiert?
U.G.: Man befindet sich dann nicht mehr mit der Gesellschaft in Konflikt. Das ist die Realität der Welt, ob Sie nun dieser Gesellschaft von Nutzen sind oder nicht. Allerdings werden Sie ihr nicht von Nutzen sein. Wenn Sie aber zu einer Bedrohung für die Gesellschaft werden sollten, dann wird diese Sie liquidieren. Denn Sie stören sämtliche der Aufrechterhaltung des Status quo dienenden Maßnahmen.
Sie sind deshalb neurotisch, weil Sie zwei Dinge gleichzeitig wollen. Dadurch ist dieses Problem erst entstanden – weil Sie zwei Dinge zu gleichen Zeit haben wollen. Zunächst einmal wollen Sie in sich selbst eine Veränderung hervorrufen. Die Gesellschaft verlangt nach Veränderung, damit Sie ein Teil von ihr werden können und so die Kontinuität der sozialen Struktur aufrechterhalten. Das zweite ist, daß Sie sich nicht ändern wollen. Darin liegt der Konflikt begründet.
Wenn die Forderung in Ihnen verstummt ist, daß Sie sich ändern müßten, dann werden Sie sich auch nicht länger damit befassen, Ihre Umwelt verändern zu wollen. Mit beidem ist dann Schluß. Wenn dem nicht so wäre, würde Ihr Tun eine Gefahr für die Gesellschaft darstellen. Sie wird sie mit Sicherheit liquidieren. Wenn Sie also bereit sind, von dieser Sozialstruktur liquidiert zu werden, bedeutet das, daß Sie Mut besitzen. Mut bedeutet nicht, auf dem Schlachtfeld zu sterben und für Ihre Fahne zu kämpfen.
Was symbolisiert eine Fahne? Sie schwenken hier mit Ihrer Flagge und die dort mit einer anderen, und dann sprechen beide vom Frieden. Welch eine absurde Situation das ist. Und doch sprechen Sie vom Frieden. Sie leisten einen Treueeid auf Ihre Flagge und die andern auf die ihrige – und gleichzeitig sprechen Sie vom Frieden auf dieser Welt. Wie könnte Frieden herrschen, wenn Sie hier Ihre Fahne schwenken und die andern dort drüben eine andere? Wer die besseren Waffen besitzt, wird den Tag für sich entscheiden. Meine Flagge hier und Ihre Flagge dort – und für die Friedensbewegung schaffen Sie sich noch mal eine andere an.
F: Es ist zwecklos.
U.G.: Das versteht sich von selbst. Sind Sie bereit, den Polizisten aufzugeben? Sie wollen sich individuell schützen, Ihr Leben und Ihr bißchen Eigentum. Ich sage nicht, ob Sie das tun sollten oder nicht. Sie brauchen die Hilfe des Polizisten, um das zu beschützen. Also ziehen Sie eine Linie und sagen: „Das hier ist meine Nation“. Sie wollen Ihre Nation schützen. Wenn Sie das nicht tun können, dann werden Sie die Mittel zu Ihrer Verteidigung erweitern müssen, um sich weiterhin zu schützen, und Sie werden sagen, daß das aus defensiven Gründen geschähe. Natürlich ist das defensiv. Die Bombe ist nur die Erweiterung des Polizisten. Dagegen können Sie nichts einwenden, solange Sie wollen, daß die Polizei Ihr Eigentum schützt. Sie können sich an Friedensmärschen beteiligen oder um Kernreaktoren herumsitzen, Friedenshymnen singen und die Gitarre dazu spielen – ‘make love not war’ – hören Sie doch nicht auf all diesen Blödsinn. Liebe machen und Krieg führen sind auf die gleichen Ursprünge zurückzuführen. Das wird zu einer Farce.
Ich meine, das ist genug. Es ist genug.
F: In welcher Beziehung stehen wir also zu der Welt, in der wir leben?
U.G.: In gar keiner, abgesehen davon, daß die von Ihnen erlebte Welt diejenige ist, die Sie selbst geschaffen haben. Sie leben in Ihrer eigenen Welt. Sie haben sich aus Ihren eigenen Erfahrungen Ihre Welt zurechtgezimmert, und versuchen nun, diese nach außen zu projizieren. Sie verfügen über keinerlei Möglichkeit, die Realität der Welt zu erfahren. Sie und ich, wie benützen dasselbe Wort, um eine Videokamera zu beschreiben. Was Sie hier in der Hand halten ist ein Bleistift oder ein Kugelschreiber. Wir müssen derlei Begriffe als solche anerkennen, um damit arbeiten zu können. Wir benützen sie, um in dieser Welt funktionieren und auf intelligente Weise kommunizieren zu können – aber das gilt nur für diese Ebene
F: Es kann also niemand ein Vorbild für einen anderen abgeben?
U.G.: Einem anderen nachzufolgen ist etwas für Tiere, nicht für Menschen. Ein Mensch kann keinem andern nachfolgen. In physischer Hinsicht ist man von anderen abhängig, aber das ist auch schon alles.
F: Sie sagen also, daß es so etwas wie spirituelles Wachstum nicht gibt. Oder könnte man sagen....?
U.G.: Ich behaupte, daß es etwas wie Spiritualität nicht gibt. Wenn Sie das, was Sie als Spiritualität bezeichnen, über das sogenannte materielle Leben stellen, dann schaffen Sie sich Probleme. Weil Sie in der materiellen Welt Wachstum und Entwicklung erkennen können, wenden Sie das gleiche Prinzip auch auf das sogenannte spirituelle Leben an.
F: Wollen sie damit andeuten, daß die Probleme dann beginnen, wenn man die Dinge trennt?
U.G.: ...wenn man die Dinge trennt, sie in ein materielles Leben und ein spirituelles Leben unterteilt. Es gibt nur ein Leben. Dies ist ein materielles Leben, und das andere besitzt keine Relevanz. Ihr Wunsch, Ihr materielles Leben in diese sogenannten religiösen Verhaltensmuster umzuwandeln, die Ihnen von diesen ‘religiösen’ Menschen vorgegeben werden, zerstört die Möglichkeit, in Harmonie zu leben und die Realität dieser materiellen Welt genau so zu akzeptieren, wie sie ist. Das Sie das nicht tun, ist für Ihr Leid, Ihre Schmerzen und Ihre Sorgen verantwortlich.
Sie befinden sich in einem permanenten Kampf anders zu sein, und Sie jagen etwas nach, das es nicht gibt. Das hat gar keinen Sinn. Es gibt Ihnen das Gefühl, daß das Tun für Sie weit wichtiger sei als das eigentliche Ergebnis. Sie entfernen sich immer weiter von Ihrem Ziel. Je mehr Sie sich dabei anstrengen, desto besser fühlen Sie sich. Es ist wie mit Ihren Problemen – es ist Ihnen äußerst wichtig, Ihre Probleme zu lösen, dabei interessieren Sie die Lösungen aber weit mehr als die eigentlichen Probleme. Was ist denn das Problem, frage ich? Sie haben keine Probleme, sondern nur Lösungen. Worin besteht denn das Problem? Niemand kann mir sagen, was das Problem ist.
Sie sagen mir: „Das hier sind alle meine Lösungen. Welche davon soll ich anwenden, um mit meinen Problemen fertig zu werden?“ Worin genau besteht denn das Problem? Die materiellen Probleme sind verständlich. Wenn Sie nicht gesund sind, müssen Sie etwas für Ihre Gesundheit tun. Wenn Sie kein Geld haben, müssen Sie etwas wegen des Geldes tun. Das ist leicht verständlich. Wenn Sie aber psychologische Probleme haben, dann beginnt es wirklich problematisch zu werden. All die Psychologen und die geistlichen Herrschaften mit ihren Therapien und Lösungen versuchen Ihnen zu helfen. Aber das bringt Sie nirgendwohin, nicht wahr? Der Einzelne bleibt so oberflächlich und leer wie zuvor. Was wollen Sie sich denn nur selbst beweisen?
Teil III Part II Das Paradies - Ziel - Glück, Unglück - Das Problem - Abspeisung
F: Aber ältere Menschen wissen doch, daß es keinen Genuß ohne Reue gibt. Es gibt kein Glück ohne Unglück, denn man könnte nicht von Glück reden, wenn man nicht wüßte, was Unglück ist. Ältere Menschen wissen, daß jeder seinen Teil an Kummer und Leid zu tragen hat. Diese Leute glauben nicht, daß es ein Vergnügen gäbe, ohne daß man dafür zahlen müßte. Sie wissen, daß sie leiden werden.
U.G.: Und doch versuchen Sie, ein Leben ohne Leiden zu verwirklichen. Ob sie das nun bewußt tun oder nicht, das ist es, was ein jeder anstrebt. Sie meinen zu wissen, was Ihnen Glück bringen wird.
F: Das Paradies.
U.G.: Wenn Sie all die Ziele erreichen, die Sie sich gesetzt haben, – Erfolg, Geld, einen Namen und Berühmtheit, Position oder Macht – dann sind Sie glücklich. Während Sie dabei sind, das zu erringen, kämpfen Sie hart. Sie investieren enorm viel Willenskraft und große Mühen. Solange Sie damit Erfolg haben, gibt es keine Probleme, aber – wie Sie genau wissen – können Sie nicht immer Erfolg haben.
Und doch hegen Sie die Hoffnung, daß es Ihnen möglich sein wird, immer erfolgreich zu sein. Sie sind frustriert, wenn Sie herausfinden, daß das nicht sein kann. Aber Sie hoffen weiter. Sie nehmen für sich in Anspruch, alle Ihre Ziele, seien sie nun materiell oder spirituell, erfolgreich erreichen und abschließen zu können.
Sie müssen mir helfen. Ich bin nicht hier, um eine Rede zu halten. Wenn die Menschen zu mir kommen, um mich zu besuchen, stelle ich ihnen wiederholt die ganz einfache Frage: Wissen Sie ganz genau, was Sie wollen? „Ich will das“, oder, „Ich will das nicht“. Wenn Sie einmal ganz genau wissen, was Sie wirklich wollen, werden Sie auch Mittel und Wege finden, sich Ihre Wünsche zu erfüllen. Unglücklicherweise wollen die Menschen zu viele Dinge auf einmal.
Sie kristallisieren also aus all Ihren Wünschen den einen fundamentalen Wunsch heraus, denn alle Wünsche sind nur Variationen dieses einen Wunsches. Sie lehnen meinen Hinweis ab, daß der Mensch immer glücklich sein will, ohne auch nur gelegentliche Augenblicke des Unglücklichseins erleben zu wollen, oder daß er einen permanenten Genuß ohne Reue erstrebt, was, wie ich schon andeutete, in physischer Hinsicht eine Unmöglichkeit ist.
Der Körper kann keine Empfindungen, seien Sie nun angenehm oder schmerzhaft, über einen längeren Zeitraum hinweg aushalten. Wenn er das tun muß, wird es die Empfindungsfähigkeit der Sinneswahrnehmungen und des Nervensystems zerstören. In dem Augenblick, in dem Sie eine Empfindung als angenehm wahrnehmen, entsteht naturgemäß sofort ein Verlangen danach, sie andauern zu lassen. Jede Empfindung besitzt ein begrenztes Eigenleben. Dieses ist abhängig von der Intensität der Empfindung, welche von Ihnen dadurch gestört wird, daß Sie sie mit mehr oder weniger Gefühlstiefe auszustatten versuchen (je nachdem, worauf Sie gerade aus sind).
Dieses Verlangen entsteht nur dann, wenn Sie sich selbst von der angenehmen Empfindung abtrennen und darüber nachdenken, wie Sie deren Grenzen oder die Momente des Glücks ausdehnen könnten. Ihr Denken hat aus diesem besonderen Verlangen danach, eine angenehme Empfindung länger andauern zu lassen als sie das eigentlich sollte, ein Problem gemacht. Es hat ein Problem für das natürliche Funktionieren Ihres Körpers geschaffen, und dadurch ist auch ein neurologisches Problem entstanden. Der Körper unternimmt alle möglichen Anstrengungen, das zu absorbieren, wobei Ihr Denken es dem Körper unmöglich macht, dieses Problem auf die ihm eigene Weise zu bewältigen – aus dem einfachen Grund, weil Sie versuchen, die Probleme auf Grund Ihrer religiösen und psychologischen Betrachtungsweisen zu lösen.
Diese Probleme sind eigentlich neurologischer Art, und wenn es dem Körper überlassen bleibt, mit ihnen auf seine Weise umzugehen, wird ihm das besser gelingen als Ihnen, der Sie versuchen, sie auf einer psychologischen oder religiösen Ebene zu lösen. Alle Lösungsmöglichkeiten, die uns angeboten wurden, und all die Lösungen, die wir seit Jahrhunderten immer wieder adaptieren, haben überhaupt nichts gebracht, außer etwas Trost zu spenden; sie sind ein Linderungsmittel, das Ihnen hilft, den Schmerz zu ertragen. Und doch sind wir keineswegs frei von diesem Schmerz, denn wir hegen die Hoffnung, daß das Instrument, das all diese Dinge zu einem Problem macht, sie auch wieder lösen kann. Alles, was dieser Denkmechanismus tun kann, ist ein Problem zu schaffen. Aber nie, niemals kann er ein Problem lösen.
Wenn das Denken nicht das richtige Werkzeug ist, um die Probleme zu lösen – gibt es dann ein anderes? Ich behaupte, nein! Es kann nur Probleme erzeugen. Es kann die Probleme nicht lösen. Wenn Sie allmählich zu dieser Einsicht gelangen, dann werden Sie feststellen, daß die Energie des Körpers, welche die Manifestation, der Ausdruck des Lebens ist, mit allem ungleich leichter fertig wird als das gespaltene Denken, das Sie dadurch erzeugen, indem Sie sich vorstellen, wie mit diesen Problemen umzugehen sei.
F: Wenn man also glaubt, man habe ein Problem, dann läßt man es am besten in Ruhe?
U.G.: Sehen Sie, wenn Sie es so formulieren, dann fragen Sie damit gleichzeitig auch, wie man es denn in Ruhe lassen kann. Sie wissen, daß Sie das nicht können. Sie behaupten nur, Sie würden es in Ruhe lassen. Natürlich wird dann als nächstes die Frage auftauchen, wie man es vor dieser ständigen Einmischung des Denkens schützen kann. Es gibt kein ‘Wie’. Wenn Ihnen irgend jemand vorschlägt, wie es zu machen sei, dann sind Sie wieder in den gleichen Teufelskreis geraten.
Das ist auch der Grund dafür, warum all die Therapien, die uns heute angeboten werden, und all die Gurus, die sich auf dem Markt befinden und die unzählige Techniken vorschlagen, eigentlich eine enorme Belastung für uns sind; sie machen es uns nicht leichter, sondern bürden uns in der gegenwärtigen Situation sogar noch weitere Lasten auf.
All diese Systeme und Techniken können Ihnen nur dadurch helfen, daß sie für eine Weile als Linderungsmittel dienen, damit Sie den Schmerz noch ein bißchen länger aushalten können. Auf der anderen Seite beeinträchtigen sie aber die chemische Zusammensetzung des Körpers, anstatt dazu beizutragen, das eigentliche Problem zu lösen.
F: Sie beeinträchtigen die Körperchemie?
U.G.: Sie beeinträchtigen die Chemie, und während das geschieht, bringt der Körper alle möglichen Abweichungen und Verirrungen hervor, die von Ihnen als spirituelle Erlebnisse angesehen werden. Also stören Ihre Atem- und Yogaübungen und Ihre Meditationen die Körperchemie und den natürliche Rhythmus der Körpers genauso, wie es all die Drogen tun, die die Menschen einnehmen. Man sagt zwar von den Drogen, daß sie schädlich seien, genau gesehen fügen Ihnen aber die spirituellen Techniken die größeren Schäden zu.
Ich schlage nicht vor, daß Sie Drogen einnehmen sollten, aber diese erfüllen denselben Zweck wie all die spirituellen oder psychologischen Therapien, die uns jeden Tag angeboten werden. Sie verschaffen Ihnen tatsächlich etwas Erleichterung, wie ein Aspirin – Sie haben Kopfschmerzen und geben dem Körper nicht einmal die Gelegenheit, für eine Weile selbst damit umzugehen. Sie laufen in die nächste Apotheke und betäuben sich. So wird es wiederum für den Körper schwierig, die natürlichen Stoffe selbst herzustellen, die er braucht, um Ihre Schmerzen zu lindern.
All die Halluzinogene, über die Sie sprechen, sind im Körper bereits als Teil des Systems vorhanden. Er will den Schmerz kontrollieren und ihn lindern. Er kennt nur den physischen Schmerz und interessiert sich überhaupt nicht für Ihre psychologischen Schmerzen. Die Lösungen, die Ihnen angeboten werden, liegen aber alle nur auf psychischem und nicht auf physischem Gebiet.
Wenn Sie zum Beispiel ein Aspirin einnehmen, wird dadurch die Fähigkeit des Körpers zerstört, mit dem Schmerz auf natürliche Weise fertig zu werden. Mit ‘natürlicher Weise’ meine ich nicht, daß Sie sich der Makrobiotik oder anderen merkwürdigen ‚gesunden‘ Ernährungsweisen zuwenden sollten. Die sind genau so gemeingefährlich wie jede Medizin.
F: Was also raten Sie, das man tun sollte, wenn man Probleme hat?
U.G.: Sie können gar nicht anders, als sich Probleme zu schaffen. Das ist das erste, Sie schaffen selbst die Probleme. Aber Sie sehen sich die Probleme nicht richtig an; Sie befassen sich nicht damit. Sie sind mehr an den Lösungen interessiert als an den eigentlichen Problemen. Und dadurch wird es schwierig für Sie, die Probleme wirklich zu sehen.
Ich weise Sie darauf hin: „Schauen Sie, Sie haben überhaupt keine Probleme!“ Sie behaupten mit der ganzen Ihnen zur Verfügung stehenden Emphase und großer Lebhaftigkeit: „Sehen Sie, hier habe ich ein Problem!“
Sie haben also ein Problem. Sie können auf dieses Problem zeigen und sagen: „Hier ist das Problem!“ Physischer Schmerz ist eine Realität. Also gehen Sie zum Arzt, und ob die Medizin nun gut ist für den Körper oder nicht, ob sie giftig ist oder nicht, so erzeugt sie doch die erwünschte Linderung, auch wenn diese nur von kurzer Dauer ist. Aber die Therapien, die Ihnen diese Leute anbieten, intensivieren nur das nichtexistente Problem. Sie suchen nur nach Lösungen. Wenn diese Lösungen, die Ihnen angeboten werden, auch nur das allergeringste taugen würden, dann sollten die Probleme verschwinden. Das Problem besteht immer noch, und doch stellen Sie niemals die Lösungen in Frage, die Ihnen diese Leute anbieten und die Ihnen das Leben leichter machen oder Sie von Ihren Problemen befreien sollen.
Wenn Sie die Lösungen einmal in Frage stellen, die uns von all diesen Menschen angeboten werden, die ihre ‘Wohltaten’ im Namen der Heiligkeit, Erleuchtung und Besserung zu Markte tragen, dann werden Sie herausfinden, daß es überhaupt keine Lösungen sind. Wären sie das, dann würden sie Resultate erzeugen und Sie von Ihren Problemen befreien. Das tun sie nicht.
Sie stellen die Lösungen nicht in Frage, weil sich hier Gefühle einschleichen, wie: „Der Mann, der das auf den Markt bringt, kann doch kein Betrüger sein“. Sie halten ihn für einen erleuchteten Menschen oder einen Gott, der auf Erden wandelt. Dieser Gott mag sich selbst zum Narren halten, er mag sich in einem andauerndem Selbstbetrug befinden und Ihnen dann dieses Zeug, diese schäbigen Güter, verkaufen. Sie stellen die Lösungen nicht in Frage, weil Sie damit auch den Mann, der sie Ihnen verkauft, in Frage stellen müßten. Sie glauben, er könne nicht unehrlich sein; ein frommer Mann kann doch nicht unehrlich sein.
Das von Ihnen verwendete Werkzeug (das Denken) ist für dieses Problem verantwortlich. Also wird dieses Werkzeug niemals die Möglichkeit in Betracht ziehen, daß diese Lösungen falsche Lösungen sein könnten. Es sind überhaupt keine Lösungen.
Die Hoffnung läßt Sie immer weitermachen. Dadurch ist es schwierig für Sie, die Probleme wirklich zu sehen. Wenn die eine Lösung scheitert, dann gehen Sie woanders hin und suchen sich eine neue aus. Wenn Sie mit dieser Lösung scheitern, suchen Sie wieder nach einer anderen. Sie sehen sich überall nach all diesen Lösungen um und fragen sich dabei nicht ein einziges Mal selbst: „Was ist das Problem?“
Ich sehe keinerlei Probleme. Ich sehe nur, daß Sie an Lösungen interessiert sind und daß Sie hierher kommen und die gleiche Frage stellen. „Ich möchte noch eine Lösung haben.“ Die bisherigen Lösungen haben Ihnen nicht im geringsten geholfen, warum also wollen Sie eine weitere Lösung haben? Sie werden sie Ihrer langen Liste hinzufügen, aber im Endeffekt ändert sich gar nichts an Ihrer Lage. Wenn Sie eine Lösung gesehen und deren Nutzlosigkeit erkannt haben, dann haben Sie alle gesehen. Sie müssen nicht eine nach der andern ausprobieren.
Ich möchte also darauf hinweisen, daß Sie, wenn Sie die Lösung gefunden haben, von Ihrem Problem frei sein müßten. Ist es nicht die Lösung, dann können Sie nichts weiter tun; das Problem selbst besteht dann nicht mehr. Daher sind Sie auch nicht wirklich an der Lösung des Problems interessiert, denn das würde ja Ihr eigenes Ende bedeuten. Sie wollen, daß das Problem weiterbesteht. Sie wollen, daß der Hunger bleibt, denn wenn Sie nicht hungrig sind, können Sie ja nicht mehr all diese geistlichen Herrschaften um Nahrung ersuchen. Was Sie Ihnen geben sind Abfälle, ein paar Brocken, und damit lassen Sie sich abspeisen. Selbst wenn man annähme, einer von ihnen könnte Ihnen den ganzen Brotlaib geben, was er nicht kann, so wird er doch nur versprechen, ihn irgendwo versteckt aufzubewahren. Versprechungen – immer wieder ein kleines Häppchen – wird er Ihnen geben. Auf diese Weise befassen Sie sich nicht mit Ihrem eigentlichen Problem, dem Hunger, sondern Sie sind daran interessiert, immer noch einen Brocken mehr von diesem Burschen zu erhalten, der Ihnen eine Lösung verspricht, anstatt sich mit Ihrem Problem des Hungers zu befassen. Sie gehen nicht das Hungerproblem an, sondern befassen sich damit, noch mehr Brosamen zu ergattern.
U.G.: Und doch versuchen Sie, ein Leben ohne Leiden zu verwirklichen. Ob sie das nun bewußt tun oder nicht, das ist es, was ein jeder anstrebt. Sie meinen zu wissen, was Ihnen Glück bringen wird.
F: Das Paradies.
U.G.: Wenn Sie all die Ziele erreichen, die Sie sich gesetzt haben, – Erfolg, Geld, einen Namen und Berühmtheit, Position oder Macht – dann sind Sie glücklich. Während Sie dabei sind, das zu erringen, kämpfen Sie hart. Sie investieren enorm viel Willenskraft und große Mühen. Solange Sie damit Erfolg haben, gibt es keine Probleme, aber – wie Sie genau wissen – können Sie nicht immer Erfolg haben.
Und doch hegen Sie die Hoffnung, daß es Ihnen möglich sein wird, immer erfolgreich zu sein. Sie sind frustriert, wenn Sie herausfinden, daß das nicht sein kann. Aber Sie hoffen weiter. Sie nehmen für sich in Anspruch, alle Ihre Ziele, seien sie nun materiell oder spirituell, erfolgreich erreichen und abschließen zu können.
Sie müssen mir helfen. Ich bin nicht hier, um eine Rede zu halten. Wenn die Menschen zu mir kommen, um mich zu besuchen, stelle ich ihnen wiederholt die ganz einfache Frage: Wissen Sie ganz genau, was Sie wollen? „Ich will das“, oder, „Ich will das nicht“. Wenn Sie einmal ganz genau wissen, was Sie wirklich wollen, werden Sie auch Mittel und Wege finden, sich Ihre Wünsche zu erfüllen. Unglücklicherweise wollen die Menschen zu viele Dinge auf einmal.
Sie kristallisieren also aus all Ihren Wünschen den einen fundamentalen Wunsch heraus, denn alle Wünsche sind nur Variationen dieses einen Wunsches. Sie lehnen meinen Hinweis ab, daß der Mensch immer glücklich sein will, ohne auch nur gelegentliche Augenblicke des Unglücklichseins erleben zu wollen, oder daß er einen permanenten Genuß ohne Reue erstrebt, was, wie ich schon andeutete, in physischer Hinsicht eine Unmöglichkeit ist.
Der Körper kann keine Empfindungen, seien Sie nun angenehm oder schmerzhaft, über einen längeren Zeitraum hinweg aushalten. Wenn er das tun muß, wird es die Empfindungsfähigkeit der Sinneswahrnehmungen und des Nervensystems zerstören. In dem Augenblick, in dem Sie eine Empfindung als angenehm wahrnehmen, entsteht naturgemäß sofort ein Verlangen danach, sie andauern zu lassen. Jede Empfindung besitzt ein begrenztes Eigenleben. Dieses ist abhängig von der Intensität der Empfindung, welche von Ihnen dadurch gestört wird, daß Sie sie mit mehr oder weniger Gefühlstiefe auszustatten versuchen (je nachdem, worauf Sie gerade aus sind).
Dieses Verlangen entsteht nur dann, wenn Sie sich selbst von der angenehmen Empfindung abtrennen und darüber nachdenken, wie Sie deren Grenzen oder die Momente des Glücks ausdehnen könnten. Ihr Denken hat aus diesem besonderen Verlangen danach, eine angenehme Empfindung länger andauern zu lassen als sie das eigentlich sollte, ein Problem gemacht. Es hat ein Problem für das natürliche Funktionieren Ihres Körpers geschaffen, und dadurch ist auch ein neurologisches Problem entstanden. Der Körper unternimmt alle möglichen Anstrengungen, das zu absorbieren, wobei Ihr Denken es dem Körper unmöglich macht, dieses Problem auf die ihm eigene Weise zu bewältigen – aus dem einfachen Grund, weil Sie versuchen, die Probleme auf Grund Ihrer religiösen und psychologischen Betrachtungsweisen zu lösen.
Diese Probleme sind eigentlich neurologischer Art, und wenn es dem Körper überlassen bleibt, mit ihnen auf seine Weise umzugehen, wird ihm das besser gelingen als Ihnen, der Sie versuchen, sie auf einer psychologischen oder religiösen Ebene zu lösen. Alle Lösungsmöglichkeiten, die uns angeboten wurden, und all die Lösungen, die wir seit Jahrhunderten immer wieder adaptieren, haben überhaupt nichts gebracht, außer etwas Trost zu spenden; sie sind ein Linderungsmittel, das Ihnen hilft, den Schmerz zu ertragen. Und doch sind wir keineswegs frei von diesem Schmerz, denn wir hegen die Hoffnung, daß das Instrument, das all diese Dinge zu einem Problem macht, sie auch wieder lösen kann. Alles, was dieser Denkmechanismus tun kann, ist ein Problem zu schaffen. Aber nie, niemals kann er ein Problem lösen.
Wenn das Denken nicht das richtige Werkzeug ist, um die Probleme zu lösen – gibt es dann ein anderes? Ich behaupte, nein! Es kann nur Probleme erzeugen. Es kann die Probleme nicht lösen. Wenn Sie allmählich zu dieser Einsicht gelangen, dann werden Sie feststellen, daß die Energie des Körpers, welche die Manifestation, der Ausdruck des Lebens ist, mit allem ungleich leichter fertig wird als das gespaltene Denken, das Sie dadurch erzeugen, indem Sie sich vorstellen, wie mit diesen Problemen umzugehen sei.
F: Wenn man also glaubt, man habe ein Problem, dann läßt man es am besten in Ruhe?
U.G.: Sehen Sie, wenn Sie es so formulieren, dann fragen Sie damit gleichzeitig auch, wie man es denn in Ruhe lassen kann. Sie wissen, daß Sie das nicht können. Sie behaupten nur, Sie würden es in Ruhe lassen. Natürlich wird dann als nächstes die Frage auftauchen, wie man es vor dieser ständigen Einmischung des Denkens schützen kann. Es gibt kein ‘Wie’. Wenn Ihnen irgend jemand vorschlägt, wie es zu machen sei, dann sind Sie wieder in den gleichen Teufelskreis geraten.
Das ist auch der Grund dafür, warum all die Therapien, die uns heute angeboten werden, und all die Gurus, die sich auf dem Markt befinden und die unzählige Techniken vorschlagen, eigentlich eine enorme Belastung für uns sind; sie machen es uns nicht leichter, sondern bürden uns in der gegenwärtigen Situation sogar noch weitere Lasten auf.
All diese Systeme und Techniken können Ihnen nur dadurch helfen, daß sie für eine Weile als Linderungsmittel dienen, damit Sie den Schmerz noch ein bißchen länger aushalten können. Auf der anderen Seite beeinträchtigen sie aber die chemische Zusammensetzung des Körpers, anstatt dazu beizutragen, das eigentliche Problem zu lösen.
F: Sie beeinträchtigen die Körperchemie?
U.G.: Sie beeinträchtigen die Chemie, und während das geschieht, bringt der Körper alle möglichen Abweichungen und Verirrungen hervor, die von Ihnen als spirituelle Erlebnisse angesehen werden. Also stören Ihre Atem- und Yogaübungen und Ihre Meditationen die Körperchemie und den natürliche Rhythmus der Körpers genauso, wie es all die Drogen tun, die die Menschen einnehmen. Man sagt zwar von den Drogen, daß sie schädlich seien, genau gesehen fügen Ihnen aber die spirituellen Techniken die größeren Schäden zu.
Ich schlage nicht vor, daß Sie Drogen einnehmen sollten, aber diese erfüllen denselben Zweck wie all die spirituellen oder psychologischen Therapien, die uns jeden Tag angeboten werden. Sie verschaffen Ihnen tatsächlich etwas Erleichterung, wie ein Aspirin – Sie haben Kopfschmerzen und geben dem Körper nicht einmal die Gelegenheit, für eine Weile selbst damit umzugehen. Sie laufen in die nächste Apotheke und betäuben sich. So wird es wiederum für den Körper schwierig, die natürlichen Stoffe selbst herzustellen, die er braucht, um Ihre Schmerzen zu lindern.
All die Halluzinogene, über die Sie sprechen, sind im Körper bereits als Teil des Systems vorhanden. Er will den Schmerz kontrollieren und ihn lindern. Er kennt nur den physischen Schmerz und interessiert sich überhaupt nicht für Ihre psychologischen Schmerzen. Die Lösungen, die Ihnen angeboten werden, liegen aber alle nur auf psychischem und nicht auf physischem Gebiet.
Wenn Sie zum Beispiel ein Aspirin einnehmen, wird dadurch die Fähigkeit des Körpers zerstört, mit dem Schmerz auf natürliche Weise fertig zu werden. Mit ‘natürlicher Weise’ meine ich nicht, daß Sie sich der Makrobiotik oder anderen merkwürdigen ‚gesunden‘ Ernährungsweisen zuwenden sollten. Die sind genau so gemeingefährlich wie jede Medizin.
F: Was also raten Sie, das man tun sollte, wenn man Probleme hat?
U.G.: Sie können gar nicht anders, als sich Probleme zu schaffen. Das ist das erste, Sie schaffen selbst die Probleme. Aber Sie sehen sich die Probleme nicht richtig an; Sie befassen sich nicht damit. Sie sind mehr an den Lösungen interessiert als an den eigentlichen Problemen. Und dadurch wird es schwierig für Sie, die Probleme wirklich zu sehen.
Ich weise Sie darauf hin: „Schauen Sie, Sie haben überhaupt keine Probleme!“ Sie behaupten mit der ganzen Ihnen zur Verfügung stehenden Emphase und großer Lebhaftigkeit: „Sehen Sie, hier habe ich ein Problem!“
Sie haben also ein Problem. Sie können auf dieses Problem zeigen und sagen: „Hier ist das Problem!“ Physischer Schmerz ist eine Realität. Also gehen Sie zum Arzt, und ob die Medizin nun gut ist für den Körper oder nicht, ob sie giftig ist oder nicht, so erzeugt sie doch die erwünschte Linderung, auch wenn diese nur von kurzer Dauer ist. Aber die Therapien, die Ihnen diese Leute anbieten, intensivieren nur das nichtexistente Problem. Sie suchen nur nach Lösungen. Wenn diese Lösungen, die Ihnen angeboten werden, auch nur das allergeringste taugen würden, dann sollten die Probleme verschwinden. Das Problem besteht immer noch, und doch stellen Sie niemals die Lösungen in Frage, die Ihnen diese Leute anbieten und die Ihnen das Leben leichter machen oder Sie von Ihren Problemen befreien sollen.
Wenn Sie die Lösungen einmal in Frage stellen, die uns von all diesen Menschen angeboten werden, die ihre ‘Wohltaten’ im Namen der Heiligkeit, Erleuchtung und Besserung zu Markte tragen, dann werden Sie herausfinden, daß es überhaupt keine Lösungen sind. Wären sie das, dann würden sie Resultate erzeugen und Sie von Ihren Problemen befreien. Das tun sie nicht.
Sie stellen die Lösungen nicht in Frage, weil sich hier Gefühle einschleichen, wie: „Der Mann, der das auf den Markt bringt, kann doch kein Betrüger sein“. Sie halten ihn für einen erleuchteten Menschen oder einen Gott, der auf Erden wandelt. Dieser Gott mag sich selbst zum Narren halten, er mag sich in einem andauerndem Selbstbetrug befinden und Ihnen dann dieses Zeug, diese schäbigen Güter, verkaufen. Sie stellen die Lösungen nicht in Frage, weil Sie damit auch den Mann, der sie Ihnen verkauft, in Frage stellen müßten. Sie glauben, er könne nicht unehrlich sein; ein frommer Mann kann doch nicht unehrlich sein.
Das von Ihnen verwendete Werkzeug (das Denken) ist für dieses Problem verantwortlich. Also wird dieses Werkzeug niemals die Möglichkeit in Betracht ziehen, daß diese Lösungen falsche Lösungen sein könnten. Es sind überhaupt keine Lösungen.
Die Hoffnung läßt Sie immer weitermachen. Dadurch ist es schwierig für Sie, die Probleme wirklich zu sehen. Wenn die eine Lösung scheitert, dann gehen Sie woanders hin und suchen sich eine neue aus. Wenn Sie mit dieser Lösung scheitern, suchen Sie wieder nach einer anderen. Sie sehen sich überall nach all diesen Lösungen um und fragen sich dabei nicht ein einziges Mal selbst: „Was ist das Problem?“
Ich sehe keinerlei Probleme. Ich sehe nur, daß Sie an Lösungen interessiert sind und daß Sie hierher kommen und die gleiche Frage stellen. „Ich möchte noch eine Lösung haben.“ Die bisherigen Lösungen haben Ihnen nicht im geringsten geholfen, warum also wollen Sie eine weitere Lösung haben? Sie werden sie Ihrer langen Liste hinzufügen, aber im Endeffekt ändert sich gar nichts an Ihrer Lage. Wenn Sie eine Lösung gesehen und deren Nutzlosigkeit erkannt haben, dann haben Sie alle gesehen. Sie müssen nicht eine nach der andern ausprobieren.
Ich möchte also darauf hinweisen, daß Sie, wenn Sie die Lösung gefunden haben, von Ihrem Problem frei sein müßten. Ist es nicht die Lösung, dann können Sie nichts weiter tun; das Problem selbst besteht dann nicht mehr. Daher sind Sie auch nicht wirklich an der Lösung des Problems interessiert, denn das würde ja Ihr eigenes Ende bedeuten. Sie wollen, daß das Problem weiterbesteht. Sie wollen, daß der Hunger bleibt, denn wenn Sie nicht hungrig sind, können Sie ja nicht mehr all diese geistlichen Herrschaften um Nahrung ersuchen. Was Sie Ihnen geben sind Abfälle, ein paar Brocken, und damit lassen Sie sich abspeisen. Selbst wenn man annähme, einer von ihnen könnte Ihnen den ganzen Brotlaib geben, was er nicht kann, so wird er doch nur versprechen, ihn irgendwo versteckt aufzubewahren. Versprechungen – immer wieder ein kleines Häppchen – wird er Ihnen geben. Auf diese Weise befassen Sie sich nicht mit Ihrem eigentlichen Problem, dem Hunger, sondern Sie sind daran interessiert, immer noch einen Brocken mehr von diesem Burschen zu erhalten, der Ihnen eine Lösung verspricht, anstatt sich mit Ihrem Problem des Hungers zu befassen. Sie gehen nicht das Hungerproblem an, sondern befassen sich damit, noch mehr Brosamen zu ergattern.
U. G. Krishnamurti || Der Mut, allein zu stehen, Teil III Es war nett, Sie kennenzulernen, und nun leben Sie wohl.
Quelle: http://www.ugkrishnamurti.net/ugkrishnamurti-net/GERMAN/Der_Mut/5_Der%20Mut_3.htm
F: Kann ich Sie etwas fragen?
U.G.: Ja, bitte.
F: Wir möchten ständig diesen Wandel in unserem Innern herbeiführen; wir wollen zwar nicht unbedingt die Welt verändern, möchten aber doch unser inneres Selbst finden, wenn wir meditieren oder Yoga praktizieren – warum wollen wir diesen Wandel eigentlich?
U.G.: Warum machen Sie all diese Dinge?
F: Nun, ich probiere sie aus, um zu sehen...
U.G.: Was? Wollen Sie etwas verändern?
F: Das ist es ja gerade, ja. Warum wollen wir uns ändern? Was in uns verlangt ständig nach Veränderung? Warum können wir nicht zufrieden sein?
U.G.: Sie sind mit sich selbst unzufrieden, nicht wahr?
F: Nicht bewußt... es ist schon merkwürdig. Ich fühle mich sehr gut, es gibt eigentlich relativ wenig, worüber ich mich beklagen könnte, und doch...
U.G.: Und doch tun Sie es. Sehen Sie das Paradox? Sie sind nicht so mit sich selbst zufrieden, wie Sie behaupten.
F: Das stimmt.
U.G.: Da gibt es etwas, das beschließt, daß es so nicht stimmen kann. Deshalb wollen Sie eine Veränderung herbeiführen. Wer ist nun für dieses Verlangen nach Veränderung verantwortlich? Ich sage: die Kultur, die Gesellschaft, erhebt einen Anspruch an Sie, der vorgibt, wie Sie zu sein hätten, wie Sie sein sollten. Verstehen Sie? Sie haben das als Vorbild für sich selbst akzeptiert.
F: Ich habe nicht das Gefühl, daß ich irgendeinem Vorbild nachstrebe. Ich möchte gerne herausfinden, ob in unserem Innern nicht noch mehr ist.
U.G.: Nein. Das Verlangen nach mehr....
F: Nach dem, was im Innern ist...
U.G.: Es gibt kein Innen und Außen. Es gibt nur ein Gefühl, ein Verlangen nach etwas Interessanterem, mit dem man sich beschäftigen könnte, etwas, das sinn- und zweckvoller wäre als Ihre heutige Existenz. Darauf, sehen Sie, ist das Verlangen gerichtet. Daher rührt auch diese Unruhe. Sie werden deshalb unruhig, weil Sie in sich diesen Drang verspüren, der durch die Gesellschaft oder die Kultur in Sie hineingelegt wurde und der Sie glauben macht, daß Ihr Leben interessanter, bedeutender und sinnvoller sein könnte, als es das heute ist.
F: Und dieser natürliche Zustand des Seins, den gibt es nicht?
U.G.: Nein.
F: Das sind nur von der Gesellschaft zusammengestellte leere Worte?
U.G.: Genauso ist es, Ihre Natürlichkeit wird von diesen Forderungen der Kultur zerstört. Also erscheint Ihnen Ihr Leben sinnlos, wenn es nichts weiter zu tun gibt. Sie haben alles Erdenkliche versucht, um diese Langeweile mit etwas auszufüllen... jetzt haben Sie all die neuen Spielereien – Yoga, Meditation und die ganze Psychologie.
F: Bücher lesen.
U.G.: Bücher lesen, insbesondere das Lesen religiöser Bücher, ist ein Weiteres, das Sie der schon vorhandenen Liste hinzugefügt haben; aber auch damit gelingt es Ihnen nicht, sich von der Langeweile zu befreien. Ihr Leben langweilt Sie, Ihre ganze Existenz, denn alles in ihr wiederholt sich ständig. Für Ihre physischen Bedürfnisse ist bereits sehr gut gesorgt, zumindest hier in diesem Teil der Welt. Also müssen Sie keine zusätzliche Energie aufwenden, um zu überleben. Für diesen Teil wird bereits Sorge getragen.
Wenn für das Überleben gesorgt ist, erhebt sich naturgemäß die einfache Frage: „Ist das denn alles, was es gibt?“ Jeden Morgen ins Büro zu gehen, oder das Hausfrauendasein mit all den dazugehörigen Pflichten, oder zu schlafen, die sexuellen Kontakte – ist das schon alles? Und genau dieses Verlangen nach mehr ist es, was von diesen ‘Heiligen’ ausgebeutet wird. Das soll schon alles sein? Und dann kommen die Tricks, mit denen Sie Ihre Langeweile vertreiben wollen.
Das ist wie ein Faß ohne Boden. Es ist nicht nur ein Faß ohne Boden, es ist ein Loch ohne Ende. Sie können es immerzu mit allem zu füllen suchen, was Sie sich vorstellen können oder was anderen dazu einfällt, und doch wird die Langeweile eine Realität bleiben, sie ist ein Faktum. Sicherlich. Sonst würden Sie nichts tun. Sie sind einfach gelangweilt, gelangweilt davon, immer und immer wieder das gleiche zu tun. Darin vermögen Sie keinen Sinn zu erkennen.
F: Man ist sich dieser Langeweile nicht ganz bewußt....
U.G.: Sie sind sich dieser Langeweile nicht ganz bewußt, weil Sie danach trachten, von etwas frei zu werden, was gar nicht vorhanden ist. Das ist es doch, worauf ich die ganze Zeit über mit Nachdruck hinweise. Die Langeweile ist nicht wirklich das Problem. Sie sind sich des Vorhandenseins von Langeweile nicht bewußt, weder auf der bewußten Ebene Ihres Denkens noch auf der bewußten Ebene Ihrer Existenz. Die Attraktivität dieser Dinge, die Sie dazu benützen, um sich von der nichtexistenten Langeweile zu befreien, hat in Wirklichkeit die Langeweile geschaffen. Und diese Langeweile kann von den Dingen, die sie erschaffen hat, nicht vertrieben werden. Und so geht das immer weiter – mit immer neueren Techniken und Methoden. Jedes Jahr bekommen wir einen neuen Guru aus Indien mit ein paar neuen Tricks, einer neuen Technik, oder wir erfinden eine neuen Therapie. Alles mögliche...
F: Wenn wir von Bewußtsein sprechen...
U.G.: Ja, ja. Sie wissen anscheinend etwas über das Bewußtsein. Würden Sie mir bitte sagen, was genau Sie unter Bewußtsein verstehen?
F Ich weiß es nicht. Das wollte ich Sie fragen.
U.G.: Warum stellen Sie mir diese Frage über Bewußtsein? Ich will Ihnen nicht mit einer Gegenfrage kommen. Aber Sie greifen das Wort ‘Bewußtsein’ irgendwo auf. Sie haben es irgendwo aufgelesen, und schon wird darüber gesprochen, wie man das Bewußtsein erweitern kann.
F: ...dergestalt, daß man sich selbst besser kennenlernen und zur Natürlichkeit finden könnte.
U.G.: Ihre Natürlichkeit ist etwas, was Sie nicht kennenlernen müssen. Sie brauchen sie nur auf ihre eigene Weise wirken lassen. Ihr Wissenwollen verlangt nach einem Know-how, das Sie von einem anderen bekommen wollen. Das Funktionieren des Herzens ist etwas Natürliches; das Funktionieren aller Organe Ihres Körpers ist etwas vollkommen Natürliches. Die stellen sich auch nicht für einen Augenblick lang die Frage: „Wie funktioniere ich?“ Der ganze lebendige Organismus verfügt über eine riesige Intelligenz, die ihn auf ganz natürliche Weise erhält. Davon haben Sie das, was Sie Leben nennen, abgetrennt. Was Sie Leben nennen, ist eine Lebensweise, die in keiner Beziehung zum Funktionieren dieses lebendigen Organismus steht.
Damit erhebt sich natürlich für Sie die Frage: „Wie soll man leben?“ Sehen Sie, es ist dieses „Wie soll man leben?“, das tatsächlich die natürliche Weise, in der das Ganze abläuft, zerstört hat. Hier schaltet sich die Kultur ein und sagt: „Du sollst auf diese Art und Weise handeln und leben! Nur so wird es dir und der Gesellschaft zum Guten gereichen“. Sie wollen das verändern. Was ist es denn eigentlich, was Sie verändern möchten?
Auch die Übungen zur körperlichen Vervollkommnung gehören zu diesen Methoden. Ich will nichts gegen Yoga sagen, verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ich habe auch nichts gegen Meditation einzuwenden – betreiben Sie Yoga, meditieren Sie – das sind alles Linderungsmittel. Wenn Sie wollen, daß Ihr Körper elastisch bleiben soll, dann wenden Sie sie an. Allerdings möchte ich darauf hinweisen, daß die Meditation Spannungen erzeugt. Sie schaffen sich erst ein Problem, und dann versuchen Sie es zu lösen. Aber es ist schon in Ordnung, denn Gott sei Dank betreiben Sie sie ja nicht allzu ernsthaft.
...Die Ziele eines jeden Menschen auf dieser Welt, sei es hier im Westen oder im Osten oder in einem kommunistischen Land, sind überall identisch. Was der Mensch haben will, ist Genuß ohne Reue und Glück ohne einen Augenblick des Unglücklichseins. Wonach er tatsächlich strebt und worum er kämpft, ist, das Unmögliche wahr zu machen und das eine (Glück) zu erringen, ohne das andere (Unglücklichsein) zu erleiden.
F: Kann ich Sie etwas fragen?
U.G.: Ja, bitte.
F: Wir möchten ständig diesen Wandel in unserem Innern herbeiführen; wir wollen zwar nicht unbedingt die Welt verändern, möchten aber doch unser inneres Selbst finden, wenn wir meditieren oder Yoga praktizieren – warum wollen wir diesen Wandel eigentlich?
U.G.: Warum machen Sie all diese Dinge?
F: Nun, ich probiere sie aus, um zu sehen...
U.G.: Was? Wollen Sie etwas verändern?
F: Das ist es ja gerade, ja. Warum wollen wir uns ändern? Was in uns verlangt ständig nach Veränderung? Warum können wir nicht zufrieden sein?
U.G.: Sie sind mit sich selbst unzufrieden, nicht wahr?
F: Nicht bewußt... es ist schon merkwürdig. Ich fühle mich sehr gut, es gibt eigentlich relativ wenig, worüber ich mich beklagen könnte, und doch...
U.G.: Und doch tun Sie es. Sehen Sie das Paradox? Sie sind nicht so mit sich selbst zufrieden, wie Sie behaupten.
F: Das stimmt.
U.G.: Da gibt es etwas, das beschließt, daß es so nicht stimmen kann. Deshalb wollen Sie eine Veränderung herbeiführen. Wer ist nun für dieses Verlangen nach Veränderung verantwortlich? Ich sage: die Kultur, die Gesellschaft, erhebt einen Anspruch an Sie, der vorgibt, wie Sie zu sein hätten, wie Sie sein sollten. Verstehen Sie? Sie haben das als Vorbild für sich selbst akzeptiert.
F: Ich habe nicht das Gefühl, daß ich irgendeinem Vorbild nachstrebe. Ich möchte gerne herausfinden, ob in unserem Innern nicht noch mehr ist.
U.G.: Nein. Das Verlangen nach mehr....
F: Nach dem, was im Innern ist...
U.G.: Es gibt kein Innen und Außen. Es gibt nur ein Gefühl, ein Verlangen nach etwas Interessanterem, mit dem man sich beschäftigen könnte, etwas, das sinn- und zweckvoller wäre als Ihre heutige Existenz. Darauf, sehen Sie, ist das Verlangen gerichtet. Daher rührt auch diese Unruhe. Sie werden deshalb unruhig, weil Sie in sich diesen Drang verspüren, der durch die Gesellschaft oder die Kultur in Sie hineingelegt wurde und der Sie glauben macht, daß Ihr Leben interessanter, bedeutender und sinnvoller sein könnte, als es das heute ist.
F: Und dieser natürliche Zustand des Seins, den gibt es nicht?
U.G.: Nein.
F: Das sind nur von der Gesellschaft zusammengestellte leere Worte?
U.G.: Genauso ist es, Ihre Natürlichkeit wird von diesen Forderungen der Kultur zerstört. Also erscheint Ihnen Ihr Leben sinnlos, wenn es nichts weiter zu tun gibt. Sie haben alles Erdenkliche versucht, um diese Langeweile mit etwas auszufüllen... jetzt haben Sie all die neuen Spielereien – Yoga, Meditation und die ganze Psychologie.
F: Bücher lesen.
U.G.: Bücher lesen, insbesondere das Lesen religiöser Bücher, ist ein Weiteres, das Sie der schon vorhandenen Liste hinzugefügt haben; aber auch damit gelingt es Ihnen nicht, sich von der Langeweile zu befreien. Ihr Leben langweilt Sie, Ihre ganze Existenz, denn alles in ihr wiederholt sich ständig. Für Ihre physischen Bedürfnisse ist bereits sehr gut gesorgt, zumindest hier in diesem Teil der Welt. Also müssen Sie keine zusätzliche Energie aufwenden, um zu überleben. Für diesen Teil wird bereits Sorge getragen.
Wenn für das Überleben gesorgt ist, erhebt sich naturgemäß die einfache Frage: „Ist das denn alles, was es gibt?“ Jeden Morgen ins Büro zu gehen, oder das Hausfrauendasein mit all den dazugehörigen Pflichten, oder zu schlafen, die sexuellen Kontakte – ist das schon alles? Und genau dieses Verlangen nach mehr ist es, was von diesen ‘Heiligen’ ausgebeutet wird. Das soll schon alles sein? Und dann kommen die Tricks, mit denen Sie Ihre Langeweile vertreiben wollen.
Das ist wie ein Faß ohne Boden. Es ist nicht nur ein Faß ohne Boden, es ist ein Loch ohne Ende. Sie können es immerzu mit allem zu füllen suchen, was Sie sich vorstellen können oder was anderen dazu einfällt, und doch wird die Langeweile eine Realität bleiben, sie ist ein Faktum. Sicherlich. Sonst würden Sie nichts tun. Sie sind einfach gelangweilt, gelangweilt davon, immer und immer wieder das gleiche zu tun. Darin vermögen Sie keinen Sinn zu erkennen.
F: Man ist sich dieser Langeweile nicht ganz bewußt....
U.G.: Sie sind sich dieser Langeweile nicht ganz bewußt, weil Sie danach trachten, von etwas frei zu werden, was gar nicht vorhanden ist. Das ist es doch, worauf ich die ganze Zeit über mit Nachdruck hinweise. Die Langeweile ist nicht wirklich das Problem. Sie sind sich des Vorhandenseins von Langeweile nicht bewußt, weder auf der bewußten Ebene Ihres Denkens noch auf der bewußten Ebene Ihrer Existenz. Die Attraktivität dieser Dinge, die Sie dazu benützen, um sich von der nichtexistenten Langeweile zu befreien, hat in Wirklichkeit die Langeweile geschaffen. Und diese Langeweile kann von den Dingen, die sie erschaffen hat, nicht vertrieben werden. Und so geht das immer weiter – mit immer neueren Techniken und Methoden. Jedes Jahr bekommen wir einen neuen Guru aus Indien mit ein paar neuen Tricks, einer neuen Technik, oder wir erfinden eine neuen Therapie. Alles mögliche...
F: Wenn wir von Bewußtsein sprechen...
U.G.: Ja, ja. Sie wissen anscheinend etwas über das Bewußtsein. Würden Sie mir bitte sagen, was genau Sie unter Bewußtsein verstehen?
F Ich weiß es nicht. Das wollte ich Sie fragen.
U.G.: Warum stellen Sie mir diese Frage über Bewußtsein? Ich will Ihnen nicht mit einer Gegenfrage kommen. Aber Sie greifen das Wort ‘Bewußtsein’ irgendwo auf. Sie haben es irgendwo aufgelesen, und schon wird darüber gesprochen, wie man das Bewußtsein erweitern kann.
F: ...dergestalt, daß man sich selbst besser kennenlernen und zur Natürlichkeit finden könnte.
U.G.: Ihre Natürlichkeit ist etwas, was Sie nicht kennenlernen müssen. Sie brauchen sie nur auf ihre eigene Weise wirken lassen. Ihr Wissenwollen verlangt nach einem Know-how, das Sie von einem anderen bekommen wollen. Das Funktionieren des Herzens ist etwas Natürliches; das Funktionieren aller Organe Ihres Körpers ist etwas vollkommen Natürliches. Die stellen sich auch nicht für einen Augenblick lang die Frage: „Wie funktioniere ich?“ Der ganze lebendige Organismus verfügt über eine riesige Intelligenz, die ihn auf ganz natürliche Weise erhält. Davon haben Sie das, was Sie Leben nennen, abgetrennt. Was Sie Leben nennen, ist eine Lebensweise, die in keiner Beziehung zum Funktionieren dieses lebendigen Organismus steht.
Damit erhebt sich natürlich für Sie die Frage: „Wie soll man leben?“ Sehen Sie, es ist dieses „Wie soll man leben?“, das tatsächlich die natürliche Weise, in der das Ganze abläuft, zerstört hat. Hier schaltet sich die Kultur ein und sagt: „Du sollst auf diese Art und Weise handeln und leben! Nur so wird es dir und der Gesellschaft zum Guten gereichen“. Sie wollen das verändern. Was ist es denn eigentlich, was Sie verändern möchten?
Auch die Übungen zur körperlichen Vervollkommnung gehören zu diesen Methoden. Ich will nichts gegen Yoga sagen, verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ich habe auch nichts gegen Meditation einzuwenden – betreiben Sie Yoga, meditieren Sie – das sind alles Linderungsmittel. Wenn Sie wollen, daß Ihr Körper elastisch bleiben soll, dann wenden Sie sie an. Allerdings möchte ich darauf hinweisen, daß die Meditation Spannungen erzeugt. Sie schaffen sich erst ein Problem, und dann versuchen Sie es zu lösen. Aber es ist schon in Ordnung, denn Gott sei Dank betreiben Sie sie ja nicht allzu ernsthaft.
...Die Ziele eines jeden Menschen auf dieser Welt, sei es hier im Westen oder im Osten oder in einem kommunistischen Land, sind überall identisch. Was der Mensch haben will, ist Genuß ohne Reue und Glück ohne einen Augenblick des Unglücklichseins. Wonach er tatsächlich strebt und worum er kämpft, ist, das Unmögliche wahr zu machen und das eine (Glück) zu erringen, ohne das andere (Unglücklichsein) zu erleiden.
Sonntag, 28. Juli 2019
Peter Joseph Live: "Zeitgeist: Die Seelenmesse für den Einen || The 2011 Zeitgeist Media Festival
Die Seelenmesse für den Einen
Von Peter J .:
"Zeitgeist: Requiem for One" [2011] ist eine 32 min. Performance-Stück für Audio- und Video-Display, begleitet von akustischen und elektronischen Live-Instrumenten, meist Schlagzeug. Diese Arbeit spiegelt die ursprüngliche Intention / Performance-Arbeit von "Zeitgeist: The Movie" aus dem Jahr 2007 wider. Die Arbeit ist zum Teil ein Medley der Zeitgeist Film Series, gepaart mit dem gleichzeitigen Thema der Traurigkeit infolge des gestischen "Verlusts" of the One "in Bezug auf die schweren menschlichen Spaltungen und Konflikte auf diesem Planeten zu dieser Zeit. In vielerlei Hinsicht umfasst diese Arbeit die gestische Definition dessen, worum es in der Zeitgeist-Filmreihe geht, sowie die von ihr inspirierte soziale Bewegung. "
U. G. Krishnamurti || Der Mut, allein zu stehen, Teil II Der Hunger muß sich selbst verzehren
27.07.2019
...es ist die Angst davor, daß das, was Sie kennen, aufhören wird
...Wenn man auf dieser Welt nichts mehr begehrt, gibt es auch kein Denken mehr. Das will nicht heißen, daß es dann keine Gedanken mehr gäbe.
F: Als ich zwei Jahre alt war, träumte mir, daß ich keine Luft bekäme. Das ist wohl eine Ausrede...
U.G. Das ist etwas, was Sie nicht durch eigene Willens- oder Kraftanstrengung tun oder veranlassen können. Wenn es also so weit ist, dann wird es möglicherweise nicht das sein, was Sie eigentlich wollten. Sie werden niemals um das Ende dessen ersuchen, als das Sie sich kennen und erfahren. Aber manchmal, sehen Sie, geschieht es doch. Es ist also die Angst davor, daß es mit dem zu Ende gehen wird, was Sie als sich selbst kennen und erleben, die es nicht zuließ, daß endgültig Schluß ist mit dem Ganzen. Wenn Sie viel Glück gehabt hätten und es wirklich geschehen wäre, dann hätte alles in seinen natürlichen Rhythmus fallen können, und der ist unstet und zusammenhangslos.
Das Denken funktioniert auf diese Weise Es besitzt keine Kontinuität. Die einzige Möglichkeit, wie das Denken seine Kontinuität aufrechterhalten kann, besteht darin, daß es ständig danach verlangt, immer und immer wieder dasselbe zu erfahren. Es ist also nur das Wissen vorhanden, das Sie über sich selbst und die Welt besitzen. Die Sie umgebende Welt unterscheidet sich nicht sehr von der, die Sie in Ihrem Innern für sich selbst geschaffen haben. Wovor Sie sich fürchten (nicht Sie, sondern die Denktätigkeit) ist, daß diese Kontinuität an ihr Ende gelangen könnte.
...Es ist das Denken, das daran interessiert ist, sich selbst aufrechtzuerhalten und ohne jede Unterbrechung weiterzumachen und das daher andauernd nach diesen Erfahrungen verlangt. Nur so kann es sich seines Fortbestehens versichern. Der Körper arbeitet auf ganz andere Weise, und er ist an den Aktivitäten des Denkens nicht interessiert. Das einzige Denken, das für diesen Körper unabdingbar ist, ist jenes, welches er zum Überleben des lebendigen Organismus benötigt.
...Es gibt nichts, was Sie tun könnten, um Ihr Ziel mittels eigenen Bemühens und durch Willenskraft zu erreichen. Aus diesem Grund lege ich solchen Wert auf die Feststellung, daß so etwas, wenn es denn geschieht, gar nichts Geheimnisvolles ist. Das Denken findet zu seinem natürlichen Rhythmus eines unzusammenhängenden, diskontinuierlichen Funktionierens. Das ist alles.
Dann befindet sich das Denken in Harmonie mit den sensorischen Wahrnehmungen und den Sinnesaktivitäten. Es gibt keinen Konflikt, es gibt dort keinen Kampf, es gibt keinen Schmerz. Es gibt nur eine harmonische Beziehung zwischen Denken und Körper. Wann immer ein Gedanke gebraucht wird, wird er dann zur Verfügung stehen, wenn es zu handeln gilt. Dieser Körper ist nur an einer solchen Handlung interessiert, die zum Überleben des lebendigen Organismus unbedingt notwendig ist.
Der Körper interessiert sich nicht für irgendwelche Ideen bezüglich Ihrer religiösen oder materiellen Ziele. Sie interessieren ihn überhaupt nicht. Zwischen dem Denken und dem Körper findet andauernd ein immerwährender Kampf statt.
Am Denken ist nichts Geheimnisvolles; es ist das, was die Kultur, und damit natürlich die Gesellschaft, vorgegeben hat. Es gibt keinen Unterschied zwischen Kultur und Gesellschaft. Die Gesellschaft ist an ihrem Weiterbestehen, an Permanenz interessiert. Sie ist am Status quo interessiert. Sie hält den Status quo immerzu aufrecht. Daher ist das Denken dem Staate dienlich. Die Gesellschaft sagt: „Wenn Sie nicht so und so handeln, wenn Sie nicht auf eine bestimmte Weise denken, dann werden Sie asozial, weil all Ihre Handlungen gedankenlos und impulsiv sein werden.“ Sie ist daran interessiert, jeden einzelnen Ihrer Gedanken genau in die Richtung zu kanalisieren, die den Status quo erhält. Darum besteht im Grunde ein essentieller und fundamentaler Konflikt zwischen der Gesellschaft und dem Einzelnen. Die Kultur wurde nur deshalb übernommen und akzeptiert, weil sie ein Mittel zum Überleben ist.
Die Kultur verfügt über ihre eigene Dynamik, die mit dem Überleben des Körpers in keinerlei Zusammenhang steht. Solange Sie noch von dieser Kultur Gebrauch machen, sind Sie kein Individuum. Sie können erst dann zu einem Individuum werden, wenn Sie total mit dieser Art von Weisheit brechen.
So etwas wie Ihr Bewußtsein oder mein Bewußtsein gibt es nicht. Vielleicht gibt es etwas wie einen ‘Weltgeist’, ein Bewußtsein, in dem alles kumulative Wissen und die daraus entstandenen Erfahrungen, die von einer Generation an die andere weitergegeben werden, angehäuft sind. Wir müssen dieses Bewußtsein gebrauchen, um in dieser Welt vernünftig und intelligent funktionieren zu können. Wenn wir das nicht tun, werden wir wahrscheinlich in einer Anstalt landen. Die Gesellschaft ist lediglich daran interessiert, jeden Einzelnen in ihre Struktur einzupassen und so ihren Fortbestand sicherzustellen.
Sie gehen davon aus, daß Sie nach spirituellen Erkenntnissen hungerten, und Sie strengen sich an, Ihre Ziele zu erreichen. Es liegt in der Natur der Sache, daß sich auf diesem Markt sehr viele Menschen tummeln – all diese Heiligen, die alle möglichen schäbigen Güter verkaufen. Was immer auch die Gründe dafür sein mögen, warum sie das tun, soll hier nicht unser Anliegen sein; sie tun es jedenfalls. Sie sagen, es sei zum Wohle der Menschheit, oder sie täten es aus Mitgefühl und dergleichen mehr. Das ist sowieso alles Blödsinn. Ich will damit ausdrücken, daß Sie sich mit ein paar Brotkrumen abspeisen lassen, die sie Ihnen hinwerfen. Und eines Tages, so versprechen sie, werden sie Ihnen einen ganzen Brotlaib liefern. Das ist ein hohles Versprechen. Sie können diese Güter gar nicht liefern. Sie haben sie ganz einfach nicht. Sie können den Laib nur in kleine Stücke schneiden und unter den Menschen verteilen. Jesus hat nicht bewirkt, daß sich ein Brotlaib nach dem andern materialisierte, sondern er hat das Brot genommen, das gerade da war, hat es in kleine Stückchen aufgeteilt und an alle verteilt, die zugegen waren. Sie möchten das natürlich gerne einem Wunder zuschreiben.
Was ich sage, ist, daß sich der Hunger selbst verzehren muß. Sehen Sie, ich sage jeden Tag das gleiche, nur in etwas anderen Worten, um diese Dinge auf verschiedene Weise darzustellen. Das ist alles, was ich tun kann. Mein Wortschatz ist sehr, sehr beschränkt; also muß ich dieselben Worte immer wieder gebrauchen und stets aufs Neue das gleiche betonen, nämlich, daß der Hunger sich selbst verzehren muß.
Es nützt nichts, wenn Sie sich mit allerlei Junk food vollstopfen. Es bringt nichts, darauf zu warten, daß jemand kommen wird, um Ihren Hunger zu stillen. Es ist völlig zwecklos, den Hunger zu stillen. Der Hunger muß sich selbst verzehren – muß sich, im wörtlichen Sinne, selbst verbrennen.
Ich muß eines immer wieder betonen: es kommt nicht darauf an, was Sie tun oder was Sie nicht tun, damit es geschehen kann. Und warum es dem einen geschieht und dem anderen nicht – auf diese Frage gibt es keine Antwort. Ich versichere Ihnen, daß es nicht demjenigen Menschen zustoßen wird, der sich darauf vorbereitet oder der sich geläutert hat, um bereit zu sein, es zu empfangen. Es ist umgekehrt. Es trifft einfach. Aber es trifft zufällig. So ist die Wirkungsweise der Natur. Der Blitz schlägt irgendwo ein. Er interessiert sich nicht dafür, ob er einen Baum trifft, der in Blüte steht, der Früchte trägt oder den Menschen nützlich ist, indem er ihnen Schatten spendet. Er schlägt einfach zufällig irgendwo ein. Und genauso geschieht es mit einem bestimmten Individuum, und dieses Geschehnis ist akausal. Es gibt keine Ursache dafür.
In der Natur geschehen viele Dinge, die keiner bestimmten Ursache zugeordnet werden können. Ihr Interesse, das Leben oder die Biographie jener Menschen studieren zu wollen, von denen Sie annehmen, sie seien erleuchtet oder Gottesmänner, liegt also nur in der Hoffnung begründet, dadurch einen Hinweis zu finden, wie die es wohl geschafft haben mögen. Dann wollen Sie deren Techniken anwenden, damit Ihnen das gleiche geschehen möge. Allein darin liegt Ihr Interesse. Diese Menschen geben Ihnen irgendwelche Techniken, Systeme, Methoden, die überhaupt nicht funktionieren. Sie erwecken die Hoffnung, daß es auch Ihnen eines Tages, wie durch ein Wunder, passieren wird. Aber das wird nie geschehen.
Sie glauben also, daß die Lage hoffnungslos sei, aber sie ist nicht hoffnungslos. Die Hoffnung ist hier. Die Hoffnung ist nicht dort. Sie warten darauf, daß morgen etwas passieren wird. Morgen wird NICHTS passieren.
Wenn etwas geschehen muß, dann muß es jetzt geschehen. Aber es gibt praktisch so gut wie keine Möglichkeit, daß das jetzt geschieht, weil das Instrument, welches Sie verwenden, die Vergangenheit ist. Ohne daß die Vergangenheit an ihr Ende gelangt, kann es keine Gegenwart geben. Und dieser gegenwärtige Augenblick ist etwas, das von Ihnen weder eingefangen noch erlebt werden kann. Selbst wenn man für einen Augenblick annähme, die Vergangenheit sei beendet, so haben Sie doch keine Möglichkeit zu erfahren, daß sie zu Ende gegangen ist. Dann wird es für Sie keine Zukunft mehr geben. Vielleicht werden Sie morgen der Chef Ihrer Firma sein, oder der Schullehrer wird zum Direktor seiner Anstalt aufrücken und der Professor zum Dekan – diese Möglichkeiten bestehen, aber dafür werden Sie kämpfen müssen, und das erfordert Zeit. Sie wenden die gleiche Technik auf alles an, was Sie realisieren wollen, und so weist der Verstand auch Ihren spirituellen Zielen einen Platz in der Zukunft zu. Mit dieser Technik sind gewaltige Ergebnisse erzielt worden; warum also, so fragen Sie sich, sollte dieses Mittel nicht auch das geeignete sein, um Ihre spirituellen Ziele zu erreichen? Sie haben es versucht, Sie haben alles mögliche unternommen – aber selbst für diejenigen unter Ihnen, die voll glühenden des Verlangens sind, es zu finden – es ist unmöglich.
In Indien hat es jeder versucht, und – Sie werden es nicht glauben – nicht einem ist es geglückt. Und wenn einmal etwas in dieser Art geschehen ist, dann ist es jenen Menschen geschehen, die ihre Suche ganz und gar aufgeben hatten. Das ist die absolute Vorbedingung. Die ganze Bewegung muß sich verlangsamen und zum Stillstand kommen. Aber alles, was Sie tun, um sie anzuhalten, verschafft ihr nur neuen Antrieb. Das ist wirklich die Crux des Problems.
Sie können nicht alles andere haben, und die Erleuchtung noch dazu. Wenn es kommt, dann tilgt es alles aus. Sie wollen alles haben, und den Himmel obendrein. Sie haben keine Chance! Das ist etwas, was sich nicht durch Ihre Bemühungen oder die Gnade von irgend jemandem bewerkstelligen ließe, nicht einmal mit Hilfe eines Gottes, der auf Erden wandelt und behauptet, er sei extra um Ihret- und der Menschheit willen aus irgendeinem Himmel herabgestiegen – das ist ganz einfach dummes Gerede. Niemand kann Ihnen helfen. Helfen, um was zu erreichen? Sehen Sie, das ist die eigentliche Frage.
Solange Sie in dieser Wunschvorstellung leben, werden Ihnen solche Menschen, ihre Versprechungen und Techniken, als sehr attraktiv erscheinen. Das gehört dazu. Es gibt nichts, was Sie tun müßten. Sie tun sowieso schon so vieles. Können Sie sein, ohne etwas zu tun? Das können Sie nicht. Unglücklicherweise tun Sie etwas, und dieses Tun muß aufhören. Um dieses Tun zu Ende zu bringen, tun Sie etwas anderes. Hier liegt wirklich die Crux des Problems. In dieser Situation befinden Sie sich. Das ist alles, was ich sagen kann. Ich weise auf die Absurdität dessen hin, was Sie tun.
F: Wollen Sie damit sagen, daß wir bereits das sind, was wir sein sollen?
U.G.: Diese Tatsache wollen Sie nicht akzeptieren, stattdessen möchten Sie wissen, was Sie sind. Darin liegt das Problem. Sie haben keine Möglichkeit, das jemals herauszufinden. Was da ist, kann man nicht wissen. Es hängt immer davon ab, was Sie sein wollen. Was Sie hier vor sich haben ist das Gegenteil von dem, was Sie gerne wären, was Sie sein wollen und was Sie sein sollen. Was sehen Sie hier? Sie wollen glücklich sein, also sind Sie unglücklich. Der Wunsch glücklich zu sein, schafft das Unglücklichsein. Was Sie hier sehen, ist das Gegenteil Ihres Ziels, Ihres Wunsches, glücklich zu sein. Das Streben nach ständigem Genuß schafft den Schmerz. Wollen und Denken gehen also immer Hand in Hand. Sie sind nicht getrennt. Alles, was man haben will, schafft Schmerzen, denn dann beginnt man zu denken. Wollen und Denken. Wenn man auf dieser Welt nichts mehr begehrt, gibt es auch kein Denken mehr. Das will nicht heißen, daß es dann keine Gedanken mehr gäbe.
...Aber wie ich schon sagte, ist die Fähigkeit, mit diesen Problemen fertig zu werden im Körper selbst vorhanden; dazu muß er auch imstande sein, denn er kann sie einfach nicht ertragen. Die Sensibilität der Sinnesorgane wird von all dem zerstört, was Sie tun, um sich von den Dingen zu befreien, von denen Sie frei sein wollen. Das zerstört die Sensibilität des Nervensystems.
Die Gesellschaft ist am Status quo interessiert, sie will sich nicht verändern. Die einzige Möglichkeit, wie sie den Status quo oder die Kontinuität aufrechterhalten kann, liegt darin, daß sie verlangt, jedermann müsse sich in ihre Struktur einordnen. Dabei ist jedes Individuum, in physischer Hinsicht, einzigartig. Die Natur schafft immerzu Einzigartiges. Sie ist nicht an einem perfekten Menschen interessiert; sie ist auch nicht an einem religiösen Menschen interessiert.
Alles, was von der Aufspaltung Ihres Bewußtseins herrührt, ist destruktiv, ist Gewalt, und zwar deshalb, weil es nicht diesen lebendigen Körper, nicht das Leben, zu schützen sucht, sondern die Kontinuität des Denkens. Dadurch kann es den Status quo Ihrer Kultur, oder wie Sie es auch nennen wollen, der Gesellschaft, aufrechterhalten. Die Probleme sind neurologischer Art. Wenn Sie dem Körper eine Chance geben, wird er mit all diesen Problemen fertig werden. Wenn Sie aber versuchen, sie auf einer psychologischen oder ethischen Ebene lösen zu wollen, wird Ihnen das nicht gelingen.
....weiter geht´s 29.07.2019
Ihr Wunsch, etwas zu verstehen, dient also nur dem Zweck, einen Wandel herbeizuführen, gleichzeitig wollen Sie den Wandel aber nicht. Das ließ im Menschen die neurotische Situation entstehen, daß er zwei Dinge will – er will den Wandel, und er will ihn nicht. Dieser Konflikt ist andauernd in ihm vorhanden.
F: Vielleicht müssen wir diesen Konflikt sehen.
U.G.: Das Sehen selbst ist ein entzweiender Vorgang. Es gibt zweierlei. Sie wissen, die Inder sind Meister in diesem Spiel – der Seher und das Gesehene, der Beobachter und das Beobachtete. In dieser Art von Spiel sind sie große Experten. Aber was gibt es denn zu sehen? Wer ist es denn, der sieht? Sind dort zweierlei Dinge? Was tun Sie, wenn Sie sehen? Sie sind wieder beim selben Gedanken angelangt.
Es ist absurd, sich selbst die Frage zu stellen „Wer bin ich?“ Das wurde zur fundamentalen Lehre von Ramana Maharshi. „Wer bin ich?“ Warum stellen Sie diese Frage? Sie besagt doch, daß es da ein anderes Ich gäbe, das Sie kennenlernen wollen. Diese Frage ergibt für mich keinerlei Sinn. Allein die Tatsache, daß Sie sie stellen, impliziert, daß es da zwei Dinge gibt. Das ‘Ich’, das Sie kennen, und dann gibt es noch ein anderes ‘Ich’, dessen Natur Ihnen wirklich unbekannt ist und das Sie gerne kennenlernen wollen. Ich weiß nicht, ob ich mich verständlich mache. Zunächst einmal – wissen Sie denn etwas über sich selbst? Was wissen Sie? Sagen Sie es mir.
F: Was weiß er?
U.G.: Was ihm gesagt wurde: wo er lebt, seinen Namen, wieviel Geld er jeden Monat verdient, seine Telefonnummer, wie viele Erlebnisse er im Verlauf seiner dreißig Lebensjahre angesammelt hat, er kennt die Menschen, denen er begegnet ist und all die Bücher, die er gelesen hat. Das ist alles, was er Ihnen erzählen kann. Er kann mechanisch alle Information und Erfahrungen, die er angesammelt hat, wiederholen. Und das ist auch schon alles. Warum sind Sie damit unzufrieden, warum suchen Sie nach etwas anderem? Können Sie mir außer den von Ihnen gesammelten Informationen, dem, was Sie wissen, noch etwas anderes über sich sagen?
F: Was ich dort gefunden habe, ist nicht die Antwort. Sonst würde die Frage doch nicht fortbestehen.
U.G.: Was haben Sie dort gefunden?
F: Nur Wissen.
U.G.: Also ist diese Frage, diese idiotische Frage, dem Wissen entsprungen, über das Sie schon verfügen. Es ist das Wissen, das bereits vorhanden ist, welches diese Frage gestellt hat: „Wer bin ich?“ Sie wollen also wissen und verleihen so dem Wissen, das Sie schon haben, neue Impulse. Sie fügen immer neues Wissen hinzu. Falls es irgend etwas zu wissen gäbe, dann sollte alles, was Sie wissen, zu einem Ende kommen. Also fügen Sie durch diese Bestrebung, oder der Forderung danach, eine Antwort auf diese Frage zu erhalten, immer neues Wissen hinzu. Sehen Sie denn nicht die Absurdität der Frage „Wer bin ich?“ Es kommt nicht darauf an, wer diese Frage vorgeschlagen hat, wer sie an Sie gerichtet hat oder wer sie befürwortet. Es gibt nichts zu wissen. Sie wissen nur, was da ist. Wenn da nichts mehr ist, braucht man es nicht zu wissen, und es gibt keine Möglichkeit, irgend etwas darüber zu wissen.
Also sollte die Frage damit aufhören. Denn die Frage selbst – hören Sie gut zu – die Frage selbst ist aus der Antwort hervorgegangen. Ansonsten gibt es keinen Platz für irgendeine Frage jedweder Art. Alle Fragen entstammen den Antworten, die Sie schon kennen. Es ist also idiotisch, überhaupt eine Frage zu stellen, auf die man schon eine Antwort hat. Weil es keine Frage ohne eine Antwort geben kann, impliziert die Antwort, daß dieses ‘Ich’ etwas beinhalten würde, das Sie nicht wissen, aber gerne wissen möchten – etwas anderes als das ‘Ich’, das schon vorhanden ist; es besagt, daß es da ein anderes ‘Ich’ gäbe.
F: Auf einer bestimmten Ebene schon. Man könnte auch sagen, eine Frage stellen, bedeutet, die Antwort schon zu kennen.
U.G.: Das ist richtig. Es gibt überhaupt keine Frage. Ohne Wissen kann es keine Frage geben. Alle Fragen sind aus den Antworten heraus entstanden, die Sie schon kennen. Das ist der Grund dafür, warum eine solche Frage, ob sie nun von Ihnen oder von jemand anderem gestellt wird, keine Antwort erfordert. Die Antwort auf eine jede Frage ist auch das Ende der Frage. Das Ende der Frage bedeutet das Ende der Antwort, die Sie schon haben. Nicht nur Ihre Antwort, sondern auch die Antworten, die sich seit Jahrhunderten angesammelt haben, muß es nicht geben. Das Verlangen nach einer Antwort auf diese Frage, egal auf welcher Ebene (es gibt nur eine Ebene, es gibt keine anderen Ebenen) impliziert, daß der Fragesteller nicht will, daß das Wissen ein Ende nimmt.
...
Die Fragen, die Sie stellen, sind leichtfertige Fragen, denn sie entstammen diesem Wissen. Wenn es überhaupt eine Antwort auf eine Frage gibt, heißt das nicht, daß es notwendigerweise Ihre Antwort wäre. Alle Antworten sind die Antworten, die über die Jahrhunderte hinweg angehäuft wurden. Es gibt eine Gesamtheit des angesammelten Wissens. Es gibt angehäuftes Wissen und angesammelte Erfahrungen. Sie benützen sie dazu, um mit sich und anderen zu kommunizieren. Also gibt es so etwas wie mein oder dein Bewußtsein nicht. Sondern es gibt ein Bewußtsein, das aus der Gesamtheit aller Gedanken und den Erfahrungen all dessen besteht, was bis dato existiert hat.
Alles, wofür Sie sich interessieren, ist, wie Sie frei von Verzweiflung werden können. Nur weil Sie denken, werden Sie nicht von ihr stranguliert und umgebracht. Die Verzweiflung sollte diese Bestrebung in Ihnen zerstören, die bemüht ist, sie loswerden zu wollen. Sie geben der Verzweiflung keine Chance, in Aktion zu treten. Sie sind daran interessiert, eine Lösung zu finden, einen Ausweg aus dieser Sackgasse. Nur darum geht es. Dem geben Sie einen Namen und nennen es ‘Verzweiflung’. Sie sind nicht verzweifelt. Sie benehmen sich nicht wie ein Mensch, der verzweifelt ist. Sie reden nur über Verzweiflung, Sie reden über das Vakuum, Sie reden über Leere. Falls es die Leere gibt, ist das die Aktion des Lebens.
Als nächstes werden Sie mich fragen: „Was ist das Leben?“ Wenn ich versuche, Leben zu definieren, sind wir verloren. Dann steht eine Definition gegen das Leben. Ich verstehe unter Leben das, was es Ihrem gesamten Wesen möglich macht, es zu erwidern; nicht darauf zu reagieren, sondern zu respondieren, empfänglich für die Stimuli zu sein, und sie zu erwidern. Wenn es kein Leben gibt, werden Sie zu einer Leiche. Eine Leiche reagiert immer noch, aber auf andere Weise. Deshalb nennen Sie dies hier Leben. In anderen Worten ist Leben nichts anderes als der Puls, der Taktschlag und der Lebensatem. Auch das ist eine Definition. Da gibt es einen Puls, da ist ein Atem, da ist das Pochen des Lebens. Überall pocht es, jede Zelle Ihres Körpers pocht. Nur das ist Leben. Aber wir sprechen nicht wirklich über dieses Leben, denn niemand kann etwas darüber sagen, außer er gibt Definierungen ab. Sie können es die Lebenskraft oder sonst etwas nennen; nur bringt Lebendigsein auch all die anderen Probleme mit sich, die dieses sogenannte Leben schafft.
Es stellt sich die Frage nach dem ‘Wie’. Wie soll man leben? Das ist das eigentliche Problem. Das Problem aller Probleme besteht darin, wie man leben sollte. Und seit Jahrhunderten wurden wir der Gehirnwäsche unterzogen zu glauben, „So-und-so müssen Sie leben!“ Wenn das nicht zufriedenstellend ist, erfinden Sie einen anderen Weg und nennen ihn „Wie-man-leben-soll“. Und so geht das immer und immer weiter. All das ist Unsinn, denn es hat Ihnen keinen Frieden gebracht. In Ihrem Innern findet ein ständiger Kampf statt, ein Krieg ist im Gange. Solange in Ihrem Innern Krieg herrscht, wird es keine friedvolle Welt geben. Selbst wenn man für einen Augenblick annähme, daß der Krieg beendet ist und Sie mit sich selbst im Frieden sind, wird das dennoch nichts ändern, denn ein Mensch, der mit sich selbst in Frieden lebt, stellt für seinen Nachbarn eine Bedrohung dar. Also besteht die Gefahr, daß der Sie liquidieren wird.
...Wenn das Problem der Verzweiflung einmal gelöst ist, sind damit auch alle anderen Probleme gelöst, denn sie sind nur Variationen ein und desselben. Also wollen Sie das Problem gar nicht lösen. Ihr eigentliches Interesse gilt den Lösungsmöglichkeiten. Deshalb muß ich das Ganze immerzu wiederholen. (Mein Vokabular ist begrenzt, daher muß ich dieselben Worte verwenden. Sie können Ihren Wortschatz ja vergrößern und neue Redewendungen finden, aber auch das ist ein sinnloses Unterfangen).
Das Instrument, das Sie verwenden, das Denken nämlich, kann niemals die Tatsache akzeptieren, daß diese Probleme hier und jetzt gelöst werden können; der Grund hierfür ist, daß es eine bestimmte Zeit gedauert hat, bis Sie zu dem wurden, was Sie sind. Sie leben in einer Welt, die aus Ihren Erfahrungen besteht, und es hat so und so viele Jahre gedauert, bis Sie zu dem wurden, was Sie jetzt sind. Das Denken ist das einzige Instrument, über das Sie verfügen. Sie haben keine andere Möglichkeit, mit diesen Problemen umzugehen. Es ist diesem Mechanismus nicht vermittelbar, daß die Möglichkeit besteht, die Lösung hier und jetzt zu finden. Sein Interesse ist ständig darauf gerichtet, das immer weiter hinauszuschieben. Es gibt immer noch ein morgen. Immer ist Zeit.
Die Lösung, so es sie denn gibt, muß im Hier und Jetzt liegen. Wenn Sie hungrig sind, muß der Hunger gestillt werden. Wenn der Hunger nicht gestillt wird, so wird er Sie verzehren. Da dies für Sie eine furchterregende Situation ist, lassen Sie sich mit den Brosamen abspeisen (denn das sind diese Lösungen, die die Leute Ihnen hinwerfen). Sie warten darauf, daß Ihnen jemand einen ganzen Brotlaib gibt, oder auf einen Wundertuer, damit er die Brotlaibe vermehren möge.
Aber das wird nicht geschehen. Sie haben gar keinen richtigen Hunger. Sie wollen dieses Problem gar nicht lösen, denn dann säßen Sie ja ohne ein Problem da. Was Ihnen Kraft und Energie verleiht, sind eben diese Versuche, die Probleme zu lösen. Wenn Sie Ihr Ziel einmal erreicht haben, ist das, was Sie vorfinden werden – Frustration.
Sie wollen gar nicht ohne Probleme sein. Sie selbst sind das Problem. Wenn Sie keine Probleme haben, dann schaffen Sie sich welche. Das Ende des Problems ist auch Ihr Ende. Also werden diese Probleme bis an Ihr Ende weiterbestehen. Sie gehen, und damit geht auch das Problem. Siebzig, achtzig, neunzig, hundert Jahre lang – es kommt darauf an, wie lange Sie leben werden – besteht Hoffnung. Das ist keine pessimistische Situation, sondern eine realistische. Ich biete Ihnen keine Lösungen. Um Himmels Willen, schauen Sie sich Ihr Problem doch an, wenn Sie können. Sie können sich nicht getrennt von dem Problem sehen. Das Problem wird von seinem Gegenteil erschaffen.
Zunächst einmal, warum sind Sie denn unglücklich? Warum verspüren Sie in sich diese Gefühllosigkeit? Wegen des Zieles, das Sie sich gesetzt haben. Es bringt sein genaues Gegenteil hervor. Sie sehen das selbst, ohne daß ich es Ihnen sagen müsste. Sie denken immerzu: „Ich sollte so sein, ich sollte das sein, ich müßte jenes sein, und ich bin es nicht.“ Es ist dieses Denken, das immer sein Gegenteil bewirkt. Wenn das eine verschwunden ist, ist auch das andere weg. Dieser Mensch kann kein Karrieremacher sein. Dieser Mensch kann kein sensibler Mensch sein – nicht sensibel im Rahmen Ihrer kulturellen Mores.
Dies ist eine andere Art von Sensibilität. Solange Sie jenen Idealen nachstreben, die Gesellschaft oder Kultur für Sie festgelegt haben, werden Sie in deren Gegenteil verharren. Sie hoffen, daß Sie eines Tages, durch irgendein Wunder oder mit Hilfe von jemandem, eines Gottes, eines Gurus, imstande sein werden, das Problem zu lösen – SIE HABEN KEINE CHANCE! (ruft U.G. dramatisch).
Ich kann den Hunger in Ihnen nicht hervorrufen. Wie könnte ich den Hunger in Ihnen erzeugen? Wenn Sie Hunger haben, werden Sie sich umsehen und Sie werden finden, daß all das, was Ihnen angeboten wird, Sie nicht zufriedenstellen kann. Es sei denn, Sie lassen sich mit Brosamen abspeisen. Das ist es, was die Gurus tun, sie werfen Ihnen Brosamen hin, wie einem Hund. Die Menschen sind wie Tiere, nicht anders. Wenn wir die Tatsache akzeptieren, daß wir nicht anders sind als diese, dann haben wir eine bessere Chance, uns wie menschliche Wesen zu verhalten.
F: Wann werden sie sich wie Menschen verhalten?
U.G.: Wenn der Mensch es aufgibt, das Ziel der Vollkommenheit anzustreben.
...es ist die Angst davor, daß das, was Sie kennen, aufhören wird
...Wenn man auf dieser Welt nichts mehr begehrt, gibt es auch kein Denken mehr. Das will nicht heißen, daß es dann keine Gedanken mehr gäbe.
F: Als ich zwei Jahre alt war, träumte mir, daß ich keine Luft bekäme. Das ist wohl eine Ausrede...
U.G. Das ist etwas, was Sie nicht durch eigene Willens- oder Kraftanstrengung tun oder veranlassen können. Wenn es also so weit ist, dann wird es möglicherweise nicht das sein, was Sie eigentlich wollten. Sie werden niemals um das Ende dessen ersuchen, als das Sie sich kennen und erfahren. Aber manchmal, sehen Sie, geschieht es doch. Es ist also die Angst davor, daß es mit dem zu Ende gehen wird, was Sie als sich selbst kennen und erleben, die es nicht zuließ, daß endgültig Schluß ist mit dem Ganzen. Wenn Sie viel Glück gehabt hätten und es wirklich geschehen wäre, dann hätte alles in seinen natürlichen Rhythmus fallen können, und der ist unstet und zusammenhangslos.
Das Denken funktioniert auf diese Weise Es besitzt keine Kontinuität. Die einzige Möglichkeit, wie das Denken seine Kontinuität aufrechterhalten kann, besteht darin, daß es ständig danach verlangt, immer und immer wieder dasselbe zu erfahren. Es ist also nur das Wissen vorhanden, das Sie über sich selbst und die Welt besitzen. Die Sie umgebende Welt unterscheidet sich nicht sehr von der, die Sie in Ihrem Innern für sich selbst geschaffen haben. Wovor Sie sich fürchten (nicht Sie, sondern die Denktätigkeit) ist, daß diese Kontinuität an ihr Ende gelangen könnte.
...Es ist das Denken, das daran interessiert ist, sich selbst aufrechtzuerhalten und ohne jede Unterbrechung weiterzumachen und das daher andauernd nach diesen Erfahrungen verlangt. Nur so kann es sich seines Fortbestehens versichern. Der Körper arbeitet auf ganz andere Weise, und er ist an den Aktivitäten des Denkens nicht interessiert. Das einzige Denken, das für diesen Körper unabdingbar ist, ist jenes, welches er zum Überleben des lebendigen Organismus benötigt.
...Es gibt nichts, was Sie tun könnten, um Ihr Ziel mittels eigenen Bemühens und durch Willenskraft zu erreichen. Aus diesem Grund lege ich solchen Wert auf die Feststellung, daß so etwas, wenn es denn geschieht, gar nichts Geheimnisvolles ist. Das Denken findet zu seinem natürlichen Rhythmus eines unzusammenhängenden, diskontinuierlichen Funktionierens. Das ist alles.
Dann befindet sich das Denken in Harmonie mit den sensorischen Wahrnehmungen und den Sinnesaktivitäten. Es gibt keinen Konflikt, es gibt dort keinen Kampf, es gibt keinen Schmerz. Es gibt nur eine harmonische Beziehung zwischen Denken und Körper. Wann immer ein Gedanke gebraucht wird, wird er dann zur Verfügung stehen, wenn es zu handeln gilt. Dieser Körper ist nur an einer solchen Handlung interessiert, die zum Überleben des lebendigen Organismus unbedingt notwendig ist.
Der Körper interessiert sich nicht für irgendwelche Ideen bezüglich Ihrer religiösen oder materiellen Ziele. Sie interessieren ihn überhaupt nicht. Zwischen dem Denken und dem Körper findet andauernd ein immerwährender Kampf statt.
Am Denken ist nichts Geheimnisvolles; es ist das, was die Kultur, und damit natürlich die Gesellschaft, vorgegeben hat. Es gibt keinen Unterschied zwischen Kultur und Gesellschaft. Die Gesellschaft ist an ihrem Weiterbestehen, an Permanenz interessiert. Sie ist am Status quo interessiert. Sie hält den Status quo immerzu aufrecht. Daher ist das Denken dem Staate dienlich. Die Gesellschaft sagt: „Wenn Sie nicht so und so handeln, wenn Sie nicht auf eine bestimmte Weise denken, dann werden Sie asozial, weil all Ihre Handlungen gedankenlos und impulsiv sein werden.“ Sie ist daran interessiert, jeden einzelnen Ihrer Gedanken genau in die Richtung zu kanalisieren, die den Status quo erhält. Darum besteht im Grunde ein essentieller und fundamentaler Konflikt zwischen der Gesellschaft und dem Einzelnen. Die Kultur wurde nur deshalb übernommen und akzeptiert, weil sie ein Mittel zum Überleben ist.
Die Kultur verfügt über ihre eigene Dynamik, die mit dem Überleben des Körpers in keinerlei Zusammenhang steht. Solange Sie noch von dieser Kultur Gebrauch machen, sind Sie kein Individuum. Sie können erst dann zu einem Individuum werden, wenn Sie total mit dieser Art von Weisheit brechen.
So etwas wie Ihr Bewußtsein oder mein Bewußtsein gibt es nicht. Vielleicht gibt es etwas wie einen ‘Weltgeist’, ein Bewußtsein, in dem alles kumulative Wissen und die daraus entstandenen Erfahrungen, die von einer Generation an die andere weitergegeben werden, angehäuft sind. Wir müssen dieses Bewußtsein gebrauchen, um in dieser Welt vernünftig und intelligent funktionieren zu können. Wenn wir das nicht tun, werden wir wahrscheinlich in einer Anstalt landen. Die Gesellschaft ist lediglich daran interessiert, jeden Einzelnen in ihre Struktur einzupassen und so ihren Fortbestand sicherzustellen.
Sie gehen davon aus, daß Sie nach spirituellen Erkenntnissen hungerten, und Sie strengen sich an, Ihre Ziele zu erreichen. Es liegt in der Natur der Sache, daß sich auf diesem Markt sehr viele Menschen tummeln – all diese Heiligen, die alle möglichen schäbigen Güter verkaufen. Was immer auch die Gründe dafür sein mögen, warum sie das tun, soll hier nicht unser Anliegen sein; sie tun es jedenfalls. Sie sagen, es sei zum Wohle der Menschheit, oder sie täten es aus Mitgefühl und dergleichen mehr. Das ist sowieso alles Blödsinn. Ich will damit ausdrücken, daß Sie sich mit ein paar Brotkrumen abspeisen lassen, die sie Ihnen hinwerfen. Und eines Tages, so versprechen sie, werden sie Ihnen einen ganzen Brotlaib liefern. Das ist ein hohles Versprechen. Sie können diese Güter gar nicht liefern. Sie haben sie ganz einfach nicht. Sie können den Laib nur in kleine Stücke schneiden und unter den Menschen verteilen. Jesus hat nicht bewirkt, daß sich ein Brotlaib nach dem andern materialisierte, sondern er hat das Brot genommen, das gerade da war, hat es in kleine Stückchen aufgeteilt und an alle verteilt, die zugegen waren. Sie möchten das natürlich gerne einem Wunder zuschreiben.
Was ich sage, ist, daß sich der Hunger selbst verzehren muß. Sehen Sie, ich sage jeden Tag das gleiche, nur in etwas anderen Worten, um diese Dinge auf verschiedene Weise darzustellen. Das ist alles, was ich tun kann. Mein Wortschatz ist sehr, sehr beschränkt; also muß ich dieselben Worte immer wieder gebrauchen und stets aufs Neue das gleiche betonen, nämlich, daß der Hunger sich selbst verzehren muß.
Es nützt nichts, wenn Sie sich mit allerlei Junk food vollstopfen. Es bringt nichts, darauf zu warten, daß jemand kommen wird, um Ihren Hunger zu stillen. Es ist völlig zwecklos, den Hunger zu stillen. Der Hunger muß sich selbst verzehren – muß sich, im wörtlichen Sinne, selbst verbrennen.
Ich muß eines immer wieder betonen: es kommt nicht darauf an, was Sie tun oder was Sie nicht tun, damit es geschehen kann. Und warum es dem einen geschieht und dem anderen nicht – auf diese Frage gibt es keine Antwort. Ich versichere Ihnen, daß es nicht demjenigen Menschen zustoßen wird, der sich darauf vorbereitet oder der sich geläutert hat, um bereit zu sein, es zu empfangen. Es ist umgekehrt. Es trifft einfach. Aber es trifft zufällig. So ist die Wirkungsweise der Natur. Der Blitz schlägt irgendwo ein. Er interessiert sich nicht dafür, ob er einen Baum trifft, der in Blüte steht, der Früchte trägt oder den Menschen nützlich ist, indem er ihnen Schatten spendet. Er schlägt einfach zufällig irgendwo ein. Und genauso geschieht es mit einem bestimmten Individuum, und dieses Geschehnis ist akausal. Es gibt keine Ursache dafür.
In der Natur geschehen viele Dinge, die keiner bestimmten Ursache zugeordnet werden können. Ihr Interesse, das Leben oder die Biographie jener Menschen studieren zu wollen, von denen Sie annehmen, sie seien erleuchtet oder Gottesmänner, liegt also nur in der Hoffnung begründet, dadurch einen Hinweis zu finden, wie die es wohl geschafft haben mögen. Dann wollen Sie deren Techniken anwenden, damit Ihnen das gleiche geschehen möge. Allein darin liegt Ihr Interesse. Diese Menschen geben Ihnen irgendwelche Techniken, Systeme, Methoden, die überhaupt nicht funktionieren. Sie erwecken die Hoffnung, daß es auch Ihnen eines Tages, wie durch ein Wunder, passieren wird. Aber das wird nie geschehen.
Sie glauben also, daß die Lage hoffnungslos sei, aber sie ist nicht hoffnungslos. Die Hoffnung ist hier. Die Hoffnung ist nicht dort. Sie warten darauf, daß morgen etwas passieren wird. Morgen wird NICHTS passieren.
Wenn etwas geschehen muß, dann muß es jetzt geschehen. Aber es gibt praktisch so gut wie keine Möglichkeit, daß das jetzt geschieht, weil das Instrument, welches Sie verwenden, die Vergangenheit ist. Ohne daß die Vergangenheit an ihr Ende gelangt, kann es keine Gegenwart geben. Und dieser gegenwärtige Augenblick ist etwas, das von Ihnen weder eingefangen noch erlebt werden kann. Selbst wenn man für einen Augenblick annähme, die Vergangenheit sei beendet, so haben Sie doch keine Möglichkeit zu erfahren, daß sie zu Ende gegangen ist. Dann wird es für Sie keine Zukunft mehr geben. Vielleicht werden Sie morgen der Chef Ihrer Firma sein, oder der Schullehrer wird zum Direktor seiner Anstalt aufrücken und der Professor zum Dekan – diese Möglichkeiten bestehen, aber dafür werden Sie kämpfen müssen, und das erfordert Zeit. Sie wenden die gleiche Technik auf alles an, was Sie realisieren wollen, und so weist der Verstand auch Ihren spirituellen Zielen einen Platz in der Zukunft zu. Mit dieser Technik sind gewaltige Ergebnisse erzielt worden; warum also, so fragen Sie sich, sollte dieses Mittel nicht auch das geeignete sein, um Ihre spirituellen Ziele zu erreichen? Sie haben es versucht, Sie haben alles mögliche unternommen – aber selbst für diejenigen unter Ihnen, die voll glühenden des Verlangens sind, es zu finden – es ist unmöglich.
In Indien hat es jeder versucht, und – Sie werden es nicht glauben – nicht einem ist es geglückt. Und wenn einmal etwas in dieser Art geschehen ist, dann ist es jenen Menschen geschehen, die ihre Suche ganz und gar aufgeben hatten. Das ist die absolute Vorbedingung. Die ganze Bewegung muß sich verlangsamen und zum Stillstand kommen. Aber alles, was Sie tun, um sie anzuhalten, verschafft ihr nur neuen Antrieb. Das ist wirklich die Crux des Problems.
Sie können nicht alles andere haben, und die Erleuchtung noch dazu. Wenn es kommt, dann tilgt es alles aus. Sie wollen alles haben, und den Himmel obendrein. Sie haben keine Chance! Das ist etwas, was sich nicht durch Ihre Bemühungen oder die Gnade von irgend jemandem bewerkstelligen ließe, nicht einmal mit Hilfe eines Gottes, der auf Erden wandelt und behauptet, er sei extra um Ihret- und der Menschheit willen aus irgendeinem Himmel herabgestiegen – das ist ganz einfach dummes Gerede. Niemand kann Ihnen helfen. Helfen, um was zu erreichen? Sehen Sie, das ist die eigentliche Frage.
Solange Sie in dieser Wunschvorstellung leben, werden Ihnen solche Menschen, ihre Versprechungen und Techniken, als sehr attraktiv erscheinen. Das gehört dazu. Es gibt nichts, was Sie tun müßten. Sie tun sowieso schon so vieles. Können Sie sein, ohne etwas zu tun? Das können Sie nicht. Unglücklicherweise tun Sie etwas, und dieses Tun muß aufhören. Um dieses Tun zu Ende zu bringen, tun Sie etwas anderes. Hier liegt wirklich die Crux des Problems. In dieser Situation befinden Sie sich. Das ist alles, was ich sagen kann. Ich weise auf die Absurdität dessen hin, was Sie tun.
F: Wollen Sie damit sagen, daß wir bereits das sind, was wir sein sollen?
U.G.: Diese Tatsache wollen Sie nicht akzeptieren, stattdessen möchten Sie wissen, was Sie sind. Darin liegt das Problem. Sie haben keine Möglichkeit, das jemals herauszufinden. Was da ist, kann man nicht wissen. Es hängt immer davon ab, was Sie sein wollen. Was Sie hier vor sich haben ist das Gegenteil von dem, was Sie gerne wären, was Sie sein wollen und was Sie sein sollen. Was sehen Sie hier? Sie wollen glücklich sein, also sind Sie unglücklich. Der Wunsch glücklich zu sein, schafft das Unglücklichsein. Was Sie hier sehen, ist das Gegenteil Ihres Ziels, Ihres Wunsches, glücklich zu sein. Das Streben nach ständigem Genuß schafft den Schmerz. Wollen und Denken gehen also immer Hand in Hand. Sie sind nicht getrennt. Alles, was man haben will, schafft Schmerzen, denn dann beginnt man zu denken. Wollen und Denken. Wenn man auf dieser Welt nichts mehr begehrt, gibt es auch kein Denken mehr. Das will nicht heißen, daß es dann keine Gedanken mehr gäbe.
...Aber wie ich schon sagte, ist die Fähigkeit, mit diesen Problemen fertig zu werden im Körper selbst vorhanden; dazu muß er auch imstande sein, denn er kann sie einfach nicht ertragen. Die Sensibilität der Sinnesorgane wird von all dem zerstört, was Sie tun, um sich von den Dingen zu befreien, von denen Sie frei sein wollen. Das zerstört die Sensibilität des Nervensystems.
Die Gesellschaft ist am Status quo interessiert, sie will sich nicht verändern. Die einzige Möglichkeit, wie sie den Status quo oder die Kontinuität aufrechterhalten kann, liegt darin, daß sie verlangt, jedermann müsse sich in ihre Struktur einordnen. Dabei ist jedes Individuum, in physischer Hinsicht, einzigartig. Die Natur schafft immerzu Einzigartiges. Sie ist nicht an einem perfekten Menschen interessiert; sie ist auch nicht an einem religiösen Menschen interessiert.
Alles, was von der Aufspaltung Ihres Bewußtseins herrührt, ist destruktiv, ist Gewalt, und zwar deshalb, weil es nicht diesen lebendigen Körper, nicht das Leben, zu schützen sucht, sondern die Kontinuität des Denkens. Dadurch kann es den Status quo Ihrer Kultur, oder wie Sie es auch nennen wollen, der Gesellschaft, aufrechterhalten. Die Probleme sind neurologischer Art. Wenn Sie dem Körper eine Chance geben, wird er mit all diesen Problemen fertig werden. Wenn Sie aber versuchen, sie auf einer psychologischen oder ethischen Ebene lösen zu wollen, wird Ihnen das nicht gelingen.
....weiter geht´s 29.07.2019
Ihr Wunsch, etwas zu verstehen, dient also nur dem Zweck, einen Wandel herbeizuführen, gleichzeitig wollen Sie den Wandel aber nicht. Das ließ im Menschen die neurotische Situation entstehen, daß er zwei Dinge will – er will den Wandel, und er will ihn nicht. Dieser Konflikt ist andauernd in ihm vorhanden.
F: Vielleicht müssen wir diesen Konflikt sehen.
U.G.: Das Sehen selbst ist ein entzweiender Vorgang. Es gibt zweierlei. Sie wissen, die Inder sind Meister in diesem Spiel – der Seher und das Gesehene, der Beobachter und das Beobachtete. In dieser Art von Spiel sind sie große Experten. Aber was gibt es denn zu sehen? Wer ist es denn, der sieht? Sind dort zweierlei Dinge? Was tun Sie, wenn Sie sehen? Sie sind wieder beim selben Gedanken angelangt.
Es ist absurd, sich selbst die Frage zu stellen „Wer bin ich?“ Das wurde zur fundamentalen Lehre von Ramana Maharshi. „Wer bin ich?“ Warum stellen Sie diese Frage? Sie besagt doch, daß es da ein anderes Ich gäbe, das Sie kennenlernen wollen. Diese Frage ergibt für mich keinerlei Sinn. Allein die Tatsache, daß Sie sie stellen, impliziert, daß es da zwei Dinge gibt. Das ‘Ich’, das Sie kennen, und dann gibt es noch ein anderes ‘Ich’, dessen Natur Ihnen wirklich unbekannt ist und das Sie gerne kennenlernen wollen. Ich weiß nicht, ob ich mich verständlich mache. Zunächst einmal – wissen Sie denn etwas über sich selbst? Was wissen Sie? Sagen Sie es mir.
F: Was weiß er?
U.G.: Was ihm gesagt wurde: wo er lebt, seinen Namen, wieviel Geld er jeden Monat verdient, seine Telefonnummer, wie viele Erlebnisse er im Verlauf seiner dreißig Lebensjahre angesammelt hat, er kennt die Menschen, denen er begegnet ist und all die Bücher, die er gelesen hat. Das ist alles, was er Ihnen erzählen kann. Er kann mechanisch alle Information und Erfahrungen, die er angesammelt hat, wiederholen. Und das ist auch schon alles. Warum sind Sie damit unzufrieden, warum suchen Sie nach etwas anderem? Können Sie mir außer den von Ihnen gesammelten Informationen, dem, was Sie wissen, noch etwas anderes über sich sagen?
F: Was ich dort gefunden habe, ist nicht die Antwort. Sonst würde die Frage doch nicht fortbestehen.
U.G.: Was haben Sie dort gefunden?
F: Nur Wissen.
U.G.: Also ist diese Frage, diese idiotische Frage, dem Wissen entsprungen, über das Sie schon verfügen. Es ist das Wissen, das bereits vorhanden ist, welches diese Frage gestellt hat: „Wer bin ich?“ Sie wollen also wissen und verleihen so dem Wissen, das Sie schon haben, neue Impulse. Sie fügen immer neues Wissen hinzu. Falls es irgend etwas zu wissen gäbe, dann sollte alles, was Sie wissen, zu einem Ende kommen. Also fügen Sie durch diese Bestrebung, oder der Forderung danach, eine Antwort auf diese Frage zu erhalten, immer neues Wissen hinzu. Sehen Sie denn nicht die Absurdität der Frage „Wer bin ich?“ Es kommt nicht darauf an, wer diese Frage vorgeschlagen hat, wer sie an Sie gerichtet hat oder wer sie befürwortet. Es gibt nichts zu wissen. Sie wissen nur, was da ist. Wenn da nichts mehr ist, braucht man es nicht zu wissen, und es gibt keine Möglichkeit, irgend etwas darüber zu wissen.
Also sollte die Frage damit aufhören. Denn die Frage selbst – hören Sie gut zu – die Frage selbst ist aus der Antwort hervorgegangen. Ansonsten gibt es keinen Platz für irgendeine Frage jedweder Art. Alle Fragen entstammen den Antworten, die Sie schon kennen. Es ist also idiotisch, überhaupt eine Frage zu stellen, auf die man schon eine Antwort hat. Weil es keine Frage ohne eine Antwort geben kann, impliziert die Antwort, daß dieses ‘Ich’ etwas beinhalten würde, das Sie nicht wissen, aber gerne wissen möchten – etwas anderes als das ‘Ich’, das schon vorhanden ist; es besagt, daß es da ein anderes ‘Ich’ gäbe.
F: Auf einer bestimmten Ebene schon. Man könnte auch sagen, eine Frage stellen, bedeutet, die Antwort schon zu kennen.
U.G.: Das ist richtig. Es gibt überhaupt keine Frage. Ohne Wissen kann es keine Frage geben. Alle Fragen sind aus den Antworten heraus entstanden, die Sie schon kennen. Das ist der Grund dafür, warum eine solche Frage, ob sie nun von Ihnen oder von jemand anderem gestellt wird, keine Antwort erfordert. Die Antwort auf eine jede Frage ist auch das Ende der Frage. Das Ende der Frage bedeutet das Ende der Antwort, die Sie schon haben. Nicht nur Ihre Antwort, sondern auch die Antworten, die sich seit Jahrhunderten angesammelt haben, muß es nicht geben. Das Verlangen nach einer Antwort auf diese Frage, egal auf welcher Ebene (es gibt nur eine Ebene, es gibt keine anderen Ebenen) impliziert, daß der Fragesteller nicht will, daß das Wissen ein Ende nimmt.
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Die Fragen, die Sie stellen, sind leichtfertige Fragen, denn sie entstammen diesem Wissen. Wenn es überhaupt eine Antwort auf eine Frage gibt, heißt das nicht, daß es notwendigerweise Ihre Antwort wäre. Alle Antworten sind die Antworten, die über die Jahrhunderte hinweg angehäuft wurden. Es gibt eine Gesamtheit des angesammelten Wissens. Es gibt angehäuftes Wissen und angesammelte Erfahrungen. Sie benützen sie dazu, um mit sich und anderen zu kommunizieren. Also gibt es so etwas wie mein oder dein Bewußtsein nicht. Sondern es gibt ein Bewußtsein, das aus der Gesamtheit aller Gedanken und den Erfahrungen all dessen besteht, was bis dato existiert hat.
Alles, wofür Sie sich interessieren, ist, wie Sie frei von Verzweiflung werden können. Nur weil Sie denken, werden Sie nicht von ihr stranguliert und umgebracht. Die Verzweiflung sollte diese Bestrebung in Ihnen zerstören, die bemüht ist, sie loswerden zu wollen. Sie geben der Verzweiflung keine Chance, in Aktion zu treten. Sie sind daran interessiert, eine Lösung zu finden, einen Ausweg aus dieser Sackgasse. Nur darum geht es. Dem geben Sie einen Namen und nennen es ‘Verzweiflung’. Sie sind nicht verzweifelt. Sie benehmen sich nicht wie ein Mensch, der verzweifelt ist. Sie reden nur über Verzweiflung, Sie reden über das Vakuum, Sie reden über Leere. Falls es die Leere gibt, ist das die Aktion des Lebens.
Als nächstes werden Sie mich fragen: „Was ist das Leben?“ Wenn ich versuche, Leben zu definieren, sind wir verloren. Dann steht eine Definition gegen das Leben. Ich verstehe unter Leben das, was es Ihrem gesamten Wesen möglich macht, es zu erwidern; nicht darauf zu reagieren, sondern zu respondieren, empfänglich für die Stimuli zu sein, und sie zu erwidern. Wenn es kein Leben gibt, werden Sie zu einer Leiche. Eine Leiche reagiert immer noch, aber auf andere Weise. Deshalb nennen Sie dies hier Leben. In anderen Worten ist Leben nichts anderes als der Puls, der Taktschlag und der Lebensatem. Auch das ist eine Definition. Da gibt es einen Puls, da ist ein Atem, da ist das Pochen des Lebens. Überall pocht es, jede Zelle Ihres Körpers pocht. Nur das ist Leben. Aber wir sprechen nicht wirklich über dieses Leben, denn niemand kann etwas darüber sagen, außer er gibt Definierungen ab. Sie können es die Lebenskraft oder sonst etwas nennen; nur bringt Lebendigsein auch all die anderen Probleme mit sich, die dieses sogenannte Leben schafft.
Es stellt sich die Frage nach dem ‘Wie’. Wie soll man leben? Das ist das eigentliche Problem. Das Problem aller Probleme besteht darin, wie man leben sollte. Und seit Jahrhunderten wurden wir der Gehirnwäsche unterzogen zu glauben, „So-und-so müssen Sie leben!“ Wenn das nicht zufriedenstellend ist, erfinden Sie einen anderen Weg und nennen ihn „Wie-man-leben-soll“. Und so geht das immer und immer weiter. All das ist Unsinn, denn es hat Ihnen keinen Frieden gebracht. In Ihrem Innern findet ein ständiger Kampf statt, ein Krieg ist im Gange. Solange in Ihrem Innern Krieg herrscht, wird es keine friedvolle Welt geben. Selbst wenn man für einen Augenblick annähme, daß der Krieg beendet ist und Sie mit sich selbst im Frieden sind, wird das dennoch nichts ändern, denn ein Mensch, der mit sich selbst in Frieden lebt, stellt für seinen Nachbarn eine Bedrohung dar. Also besteht die Gefahr, daß der Sie liquidieren wird.
...Wenn das Problem der Verzweiflung einmal gelöst ist, sind damit auch alle anderen Probleme gelöst, denn sie sind nur Variationen ein und desselben. Also wollen Sie das Problem gar nicht lösen. Ihr eigentliches Interesse gilt den Lösungsmöglichkeiten. Deshalb muß ich das Ganze immerzu wiederholen. (Mein Vokabular ist begrenzt, daher muß ich dieselben Worte verwenden. Sie können Ihren Wortschatz ja vergrößern und neue Redewendungen finden, aber auch das ist ein sinnloses Unterfangen).
Das Instrument, das Sie verwenden, das Denken nämlich, kann niemals die Tatsache akzeptieren, daß diese Probleme hier und jetzt gelöst werden können; der Grund hierfür ist, daß es eine bestimmte Zeit gedauert hat, bis Sie zu dem wurden, was Sie sind. Sie leben in einer Welt, die aus Ihren Erfahrungen besteht, und es hat so und so viele Jahre gedauert, bis Sie zu dem wurden, was Sie jetzt sind. Das Denken ist das einzige Instrument, über das Sie verfügen. Sie haben keine andere Möglichkeit, mit diesen Problemen umzugehen. Es ist diesem Mechanismus nicht vermittelbar, daß die Möglichkeit besteht, die Lösung hier und jetzt zu finden. Sein Interesse ist ständig darauf gerichtet, das immer weiter hinauszuschieben. Es gibt immer noch ein morgen. Immer ist Zeit.
Die Lösung, so es sie denn gibt, muß im Hier und Jetzt liegen. Wenn Sie hungrig sind, muß der Hunger gestillt werden. Wenn der Hunger nicht gestillt wird, so wird er Sie verzehren. Da dies für Sie eine furchterregende Situation ist, lassen Sie sich mit den Brosamen abspeisen (denn das sind diese Lösungen, die die Leute Ihnen hinwerfen). Sie warten darauf, daß Ihnen jemand einen ganzen Brotlaib gibt, oder auf einen Wundertuer, damit er die Brotlaibe vermehren möge.
Aber das wird nicht geschehen. Sie haben gar keinen richtigen Hunger. Sie wollen dieses Problem gar nicht lösen, denn dann säßen Sie ja ohne ein Problem da. Was Ihnen Kraft und Energie verleiht, sind eben diese Versuche, die Probleme zu lösen. Wenn Sie Ihr Ziel einmal erreicht haben, ist das, was Sie vorfinden werden – Frustration.
Sie wollen gar nicht ohne Probleme sein. Sie selbst sind das Problem. Wenn Sie keine Probleme haben, dann schaffen Sie sich welche. Das Ende des Problems ist auch Ihr Ende. Also werden diese Probleme bis an Ihr Ende weiterbestehen. Sie gehen, und damit geht auch das Problem. Siebzig, achtzig, neunzig, hundert Jahre lang – es kommt darauf an, wie lange Sie leben werden – besteht Hoffnung. Das ist keine pessimistische Situation, sondern eine realistische. Ich biete Ihnen keine Lösungen. Um Himmels Willen, schauen Sie sich Ihr Problem doch an, wenn Sie können. Sie können sich nicht getrennt von dem Problem sehen. Das Problem wird von seinem Gegenteil erschaffen.
Zunächst einmal, warum sind Sie denn unglücklich? Warum verspüren Sie in sich diese Gefühllosigkeit? Wegen des Zieles, das Sie sich gesetzt haben. Es bringt sein genaues Gegenteil hervor. Sie sehen das selbst, ohne daß ich es Ihnen sagen müsste. Sie denken immerzu: „Ich sollte so sein, ich sollte das sein, ich müßte jenes sein, und ich bin es nicht.“ Es ist dieses Denken, das immer sein Gegenteil bewirkt. Wenn das eine verschwunden ist, ist auch das andere weg. Dieser Mensch kann kein Karrieremacher sein. Dieser Mensch kann kein sensibler Mensch sein – nicht sensibel im Rahmen Ihrer kulturellen Mores.
Dies ist eine andere Art von Sensibilität. Solange Sie jenen Idealen nachstreben, die Gesellschaft oder Kultur für Sie festgelegt haben, werden Sie in deren Gegenteil verharren. Sie hoffen, daß Sie eines Tages, durch irgendein Wunder oder mit Hilfe von jemandem, eines Gottes, eines Gurus, imstande sein werden, das Problem zu lösen – SIE HABEN KEINE CHANCE! (ruft U.G. dramatisch).
Ich kann den Hunger in Ihnen nicht hervorrufen. Wie könnte ich den Hunger in Ihnen erzeugen? Wenn Sie Hunger haben, werden Sie sich umsehen und Sie werden finden, daß all das, was Ihnen angeboten wird, Sie nicht zufriedenstellen kann. Es sei denn, Sie lassen sich mit Brosamen abspeisen. Das ist es, was die Gurus tun, sie werfen Ihnen Brosamen hin, wie einem Hund. Die Menschen sind wie Tiere, nicht anders. Wenn wir die Tatsache akzeptieren, daß wir nicht anders sind als diese, dann haben wir eine bessere Chance, uns wie menschliche Wesen zu verhalten.
F: Wann werden sie sich wie Menschen verhalten?
U.G.: Wenn der Mensch es aufgibt, das Ziel der Vollkommenheit anzustreben.
Samstag, 27. Juli 2019
U.G. Krishnamurti || Der Mut, allein zu stehen, Auszüge Teil 1 Sie müssen gar nichts tun
Quelle: http://www.ugkrishnamurti.net/ugkrishnamurti-net/GERMAN/Der_Mut/3_Der%20Mut_1.htm
25. Juli 2019
Also müssen wir die Realität so, wie sie uns von der Kultur und der Gesellschaft vorgegeben wurde, akzeptieren. Gleichzeitig müssen wir aber auch verstehen, daß es nichts gibt, was wir tun können, um die Realität von irgend etwas zu erleben. Wenn Sie das verstehen, werden Sie sich mit der Gesellschaft nicht in Konflikt befinden, und auch das Verlangen danach, etwas anderes sein zu wollen, als Sie es tatsächlich sind, wird endlich aufhören.
Das Ziel, das Sie sich gesetzt haben und von dem Sie akzeptiert haben, daß es ein ideales und erstrebenswertes Ziel sei, ist nicht mehr vorhanden. Ebenso besteht auch kein Verlangen mehr, etwas anderes zu sein, als Sie es sind. Es handelt sich nicht darum, etwas zu akzeptieren, sondern es geht um die Ziele, die von der Gesellschaft vor uns aufgebaut worden sind und die wir für erstrebenswert halten. Diese Ziele werden von uns nun nicht mehr angestrebt und verfolgt. Es besteht auch kein Verlangen mehr danach, ein Ziel zu erreichen. Also sind Sie das, was Sie sind.
Wenn Sie mit sich selbst in Frieden leben, dann stellen Sie für die Gesellschaft in ihrer jetzigen Form eine Bedrohung dar. Sie werden deshalb eine Bedrohung für Ihre Nachbarn darstellen, weil diese die Wirklichkeit der Welt als real akzeptiert haben und dabei nach so etwas Merkwürdigem suchen, das ‘Frieden’ genannt wird. Im Rahmen dessen, wie diese Menschen ihre eigene Existenz sehen und erleben, können Sie nur wie eine Bedrohung wirken. Also sind Sie ganz allein – und das ist nicht jenes Alleinsein, das die Menschen gemeinhin zu vermeiden trachten – Sie sind wirklich allein.
Selbst die Meditationstechniken sind egozentrische Aktivitäten. All die von Ihnen angewandten Mechanismen erhalten sich andauernd selbst aufrecht. Also wird der Gegenstand Ihrer Suche nach der ultimativen Realität von diesen Techniken zunichte gemacht, denn auch diese Techniken sind Werkzeuge, die sich selbst erhalten. Sie werden plötzlich erkennen, oder es wird Ihnen klar werden, daß gerade auch diese Suche nach einer ultimativen Realität ein sich ewig fortsetzender Mechanismus ist. Es gibt nichts zu erreichen, nichts zu gewinnen, nichts zu erringen.
Unglücklicherweise hat die Gesellschaft uns weisgemacht, daß die Selbstlosigkeit ein erstrebenswertes Ideal sei; schließlich kann ein selbstloser Mensch der Gesellschaft nur von Nutzen sein, und deren eigentliches Interesse liegt darin, die eigene Kontinuität, den Status quo, aufrechtzuerhalten. So wurden all diese Wertvorstellungen, die wir akzeptiert haben und von denen wir glauben, sie seien es wert erhalten zu werden, vom menschlichen Verstand nur aus dem Grund erfunden, um sich selbst in Gang zu halten.
Diese Zielvorstellung ermöglicht es Ihnen, in dieser Weise weiterzumachen, aber erreichen werden Sie damit gar nichts. Sie haben die Hoffnung, daß Sie eines Tages durch irgendein Wunder oder durch die Hilfe von irgend jemanden dazu imstande sein werden, Ihr Ziel zu erreichen. Diese Hoffnung läßt Sie immer weitermachen, aber in Wahrheit kommen Sie nach nirgendwo. Irgendwann werden Sie erkennen, daß alles, was Sie unternehmen, um Ihrem Ziel nahezukommen, zu nichts führt. Dann werden Sie alles mögliche andere versuchen wollen. Wenn Sie es aber einmal versucht haben und dabei merken, daß es nicht funktioniert, dann sollten Sie erkennen, daß es mit allen anderen Systemen genauso ist. Das muß Ihnen vollkommen klar werden.
Es ist sehr schwer zu verstehen, daß alles, was Sie tun, genau das ist, was die bereits bestehende Harmonie und den Frieden stört. Jede Bewegung des Denkens in jedwede Richtung und auf jeder Ebene stellt einen Störfaktor für das einwandfreie und friedliche Funktionieren dieses lebendigen Organismus dar, der an Ihren spirituellen Erfahrungen überhaupt kein Interesse hat. Er interessiert sich für keine einzige dieser spirituellen Übungen, wie außergewöhnlich sie auch sein mögen.
Die völlige Abwesenheit jeglicher Art von Willen und das vollkommene Nichtvorhandensein von Anstrengung könnten als müheloser Zustand bezeichnet werden; aber dieser mühelose Zustand ist nicht etwas, was sich mittels Anstrengung erreichen ließe.
Es kommt gar nicht darauf an, welchem Lehrer Sie folgen. Wenn Sie die Lehre in Frage stellen, müssen Sie bedauerlicherweise auch den Lehrer in Frage stellen – dann aber kommt das Gefühl auf: „Irgendwas stimmt nicht mit mir, eines Tages jedoch werde ich es verstehen“. Wenn Sie es heute nicht verstehen können, werden Sie es nie verstehen. Also ist Verständnis eigentlich das Nichtvorhandensein des Verlangens nach Verständnis – ob heute oder morgen.
Nun ist aber gar kein Verständnis nötig. Das Verständnis dient nur dem Zweck, morgen etwas zu verstehen – nicht heute. Heute müssen Sie überhaupt nichts verstehen.
Das mag Ihnen komisch vorkommen, aber es ist tatsächlich so. Was also wollen Sie verstehen? Sie können mich überhaupt nicht verstehen. Ich habe jetzt zwanzig Tage lang geredet, und ich kann so weitermachen, aber Sie werden dann immer noch rein gar nichts verstanden haben. Und das nicht, weil es schwierig wäre. Es ist so einfach. Aber es ist gerade die hieran beteiligte komplexe [Denk]Struktur, die diese Einfachheit nicht akzeptieren kann. Darin liegt das eigentliche Problem. „So einfach kann es nicht sein“, denken Sie, denn die Struktur ist so komplex, daß sie nicht einmal die Möglichkeit in Erwägung ziehen will, es könnte einfach sein. Also werden Sie es morgen verstehen und nicht heute. Und morgen wird es wieder dasselbe sein, genau wie in zehn Jahren. Was also tut man in so einer Lage? Wir haben das alle schon erlebt. Entweder Sie drehen durch, oder Sie heben ab. Die Chancen durchzudrehen sind wirklich gut, wenn Sie versuchen, sich selbst in die Enge zu treiben. Aber das werden Sie nicht tun.
26. Juli 2019
Sehen Sie, wenn Sie das, was ich sage, im Sinne Ihrer Wertvorstellungen und speziellen Verhaltensregeln interpretieren, gehen Sie vollkommen an der Sache vorbei. Es ist nicht so, daß ich gegen die sittlichen Verhaltensnormen wäre. Diese besitzen einen gesellschaftlichen Wert; sie sind für das reibungslose Funktionieren der Gesellschaft unabdingbar. Um in dieser Welt auf intelligente Weise funktionieren zu können, bedarf es gewisser Verhaltensregeln. Ansonsten herrschte auf dieser Welt das totale Chaos. Dabei handelt es sich aber um ein soziales Problem und nicht um ein ethisches noch um ein religiöses Problem. Sie müssen diese beiden Dinge auseinanderhalten, denn wir leben heute in einer veränderten Welt. Wir müssen eine andere Möglichkeit finden, wie wir mit unserer Umwelt in Harmonie leben können. Solange Sie mit sich selbst in Konflikt sind, solange wird es Ihnen auch nicht möglich sein, mit der Sie umgebenden Gesellschaft in Harmonie zu leben. Dafür sind Sie selbst verantwortlich.
Wie ich Ihnen neulich schon sagte, würde ich Ihnen gerne eine kurze Ahnung, einen Einblick, hiervon vermitteln. Nicht im dem Sinne, wie Sie das Wort ‘Einblick’ gebrauchen; nur eine Andeutung davon. Sie würden überhaupt nicht daran rühren wollen. Das, was Sie wollen, woran Sie interessiert sind, gibt es nicht. Sie können eine Menge unbedeutender Erfahrungen machen, falls es das ist, wofür Sie sich interessieren. Machen Sie nur alle Meditationen mit, tun Sie, was Sie wollen, und Sie werden alle möglichen Erfahrungen machen. Wenn man Drogen nimmt, ist das noch viel einfacher. Ich empfehle hier nicht die Anwendung von Drogen, aber die Erfahrungen, die es dabei zu machen gibt, sind genau die gleichen wie bei der Meditation. Die Ärzte sagen, daß Drogen das Gehirn schädigen würden, aber das wird auch die Meditation tun, wenn man sie nur ernsthaft genug betreibt. Es gibt Menschen, die sind wahnsinnig geworden dabei, sind in den Fluß gesprungen und haben sich so umgebracht. Sie haben alles mögliche unternommen – sie haben sich in Höhlen eingeschlossen – weil sie das nicht verkraften konnten.
Sehen Sie, es ist Ihnen einfach nicht möglich, Ihre Gedanken zu beobachten; es ist nicht möglich, daß Sie jeden Schritt, den Sie tun, beobachten. Das wird Sie zum Wahnsinn treiben. Sie können nicht mehr gehen. Das ist auch gar nicht mit dieser Idee gemeint, daß man alle Dinge wahrnehmen, jeden Gedanken beobachten sollte; wie könnte es denn auch möglich sein, jeden einzelnen Gedanken zu beobachten – und wozu wollen Sie Ihre Gedanken beobachten? Zu welchem Zweck? Kontrolle? Sie können das nicht kontrollieren. Dahinter steckt eine enorme Dynamik.
Wenn Sie in Ihrer Vorstellung so weit gekommen sind, daß Sie meinen, Ihre Gedanken unter Kontrolle zu haben, und wenn Sie einen Raum zwischen diesen Gedanken oder einen Zustand von Gedankenleere erleben, dann glauben Sie, Sie hätten etwas erreicht. Dies ist ein von Gedanken hervorgerufener Zustand der Gedankenlosigkeit, ein Raum zwischen zwei Gedanken. Die Tatsache, daß Sie den Raum zwischen zwei Gedanken und den gedankenleeren Zustand erfahren, bedeutet nur, daß Ihr Denken dabei durchaus gewärtig war. Es kommt wieder zum Vorschein, so wie die Rhône, die durch Frankreich fließt, verschwindet und dann wieder zum Vorschein kommt. Sie ist in den Untergrund verschwunden. Der Fluß ist immer noch da. Er läßt sich nicht zum Zwecke der Navigation nutzen, aber schließlich kommt er wieder herauf. Und genau so kommen auch die Dinge, die Sie in die unterirdischen Regionen verbannen (wobei Sie glauben, daß Sie etwas Außergewöhnliches erlebten) wieder an die Oberfläche – und dann werden Sie merken, wie diese Gedanken aus Ihrem Inneren herausströmen.
Jetzt sind Sie dessen nicht gewahr, daß Sie jetzt atmen. Sie müssen sich Ihres Atmens nicht bewußt sein. Warum wollen Sie sich dessen bewußt sein, daß Sie atmen? Wenn Sie Ihren Atem kontrollieren, um Ihre Lungen oder Ihren Brustkorb auszudehnen – dann ist das etwas anderes. Aber warum wollen Sie sich der Bewegung des Atems von seinem Entstehen bis zum Ende gewahr sein? Sie werden sich plötzlich Ihres Atmens bewußt. Ihr Atem und das Denken stehen in einer engen Beziehung zueinander. Deshalb wollen Sie Ihren Atem kontrollieren. Denn das würde bedeuten, daß sie so gleichermaßen auch Ihr Denken für eine Weile kontrollieren könnten. Wenn Sie aber Ihren Atem zu lange anhalten, wird Sie das ebenso ersticken, wie auch alles andere, das Sie unternehmen, um den Fluß der Gedanken anzuhalten oder zu blockieren, Sie zu Tode würgen wird – und das ist wörtlich so gemeint – oder es wird Ihnen sonst auf irgendeine Weise schaden. Das Denken ist eine sehr mächtige Schwingung, eine außerordentliche Schwingung. Es ist wie ein Atom. Man kann mit solchen Dingen nicht herumspielen.
Sie werden das Ziel, Ihr Denken gänzlich unter Ihre Kontrolle zu bringen, nicht erreichen. Das Denken muß auf die ihm eigene Weise funktionieren, auf seine abgehackte, unzusammenhängende Weise. Das ist etwas, was sich nicht durch irgendwelche Bemühungen Ihrerseits erreichen läßt. Es muß in seinen normalen Rhythmus fallen. Selbst dann, wenn Sie versuchen wollen, ihm den normalen Rhythmus zuzumessen, fügen Sie ihm nur neue Impulse hinzu. Es führt ein unabhängiges Leben, das sich unglücklicherweise innerhalb des Lebensvorgänge eine parallele Existenz aufgebaut hat. Diese beiden befinden sich in einem permanenten Konfliktzustand. Und der wird erst dann zu Ende gehen, wenn auch das Leben endet.
Das Denken hat sich zum Herren über diesen Körper aufgeworfen. Das Denken beherrscht das Ganze absolut. Es versucht noch immer, alles vollkommen unter Kontrolle zu halten. Sie können den Bediensteten nicht aus dem Haushalt entfernen, ganz gleich, was Sie auch tun. Wenn Sie Gewalt anwenden, wird er den ganzen Haushalt niederbrennen, obwohl er genau weiß, daß er damit auch sich verbrennt. Für ihn wäre das eine große Torheit, aber genau die werden Sie provozieren, wenn Sie es versuchen. Das sind nur Gleichnisse, ziehen Sie also keine logischen Schlußfolgerungen daraus, sondern finden Sie es selbst heraus, wenn Sie diese Dinge tun, und nehmen Sie das nicht auf die leichte Schulter. Oder nehmen Sie sie auf die leichte Schulter, und spielen Sie mit ihnen. Das ist in Ordnung – als Spielzeug.
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Sie wollen kein normaler Mensch sein, Sie möchten kein gewöhnlicher Mensch sein. Das ist das eigentliche Problem. Es gehört zum Allerschwierigsten, ein gewöhnlicher Mensch zu sein. Die Kultur verlangt es, daß man etwas anderes sein sollte als das, was man ist. Dadurch wurden Kräfte in Bewegung gesetzt, eine ungeheuer mächtige Bewegung – der Denkprozeß – der verlangt, daß man etwas anderes sein sollte als das, was man ist. Nur darum geht es. Sie können ihn dazu benutzen, um gewisse Dinge zu erreichen; ansonsten hat er keinen Verwendungszweck.
Der einzige Zweck des Denkens besteht darin, diesen Körper zu ernähren und ihn fortzupflanzen. Das ist alles, wofür das Denken nützlich ist. Ansonsten hat es keinen Nutzen. Es kann nicht dazu benutzt werden, um zu spekulieren.
Sie können eine enorme philosophische Denkstruktur errichten, die jedoch keinerlei Wert besitzt. Sie können jede Begebenheit in Ihrem Leben interpretieren und eine weitere philosophische Denkstruktur erstellen, aber das ist nicht der eigentliche Zweck des Denkens.
Wir reden ständig über das Denken. Was ist Denken? Haben Sie sich das Denken jemals wirklich angesehen, geschweige denn die Gedankenkontrolle, die Manipulation des Denkens oder den Gebrauch des Denkens, um einen materiellen oder sonstigen Gewinn daraus zu ziehen? Sie können Ihr Denken nicht betrachten, weil Sie sich nicht vom Denken abspalten können, um es anzusehen. Es gibt kein Denken, das getrennt wäre von dem Wissen, das Sie darüber haben – den Definitionen, die Sie kennen. Wenn Ihnen also jemand die Frage stellt „Was ist Denken?“, so ist jegliche Antwort, die Sie geben, eine Antwort, die bereits vorgegeben ist – von den Antworten, die andere schon zuvor gegeben haben.
Wenn Sie also Betrachtungen über das Denken anstellen, so werden Sie dort nur das vorfinden, was Sie bereits darüber wissen. Ansonsten können Sie sich das Denken nicht ansehen. Es gibt kein Denken, das nicht in dem enthalten wäre, was Sie schon über das Denken wissen. Wenn das einmal verstanden wird, hört diese ganze sinnlose Bemühung, die darauf abzielt, das Denken beobachten zu wollen, auf. Es gibt nur das, was Sie schon wissen – die Definitionen, die Ihnen von anderen gegeben wurden. Und wenn Sie sehr intelligent und clever genug sind, dann schaffen Sie Ihre eigenen Definitionen.
Wenn Sie einen Gegenstand betrachten, kommt Ihnen das Wissen in den Sinn, das Sie über diesen Gegenstand besitzen. Es entsteht die Illusion, daß das Denken etwas von den Gegenständen Verschiedenes sei; aber Sie sind derjenige, der den Gegenstand erschafft. Der Gegenstand mag vorhanden sein, aber das einzige, das Sie haben, ist das Wissen über diesen Gegenstand. Abgesehen von diesem Wissen und unabhängig von diesem Wissen, frei von diesem Wissen, gibt es keine Möglichkeit für Sie, irgend etwas darüber zu wissen. Es gibt für Sie keine Möglichkeit, etwas auf direktem Wege zu erfahren. Das Wort ‘direkt’ bedeutet nicht, daß es noch einen anderen Weg gäbe, um die Dinge auf eine andere Weise erfahren zu können, als Sie das jetzt tun. Das Wissen, über das Sie verfügen, ist alles, was es gibt, und das ist es auch, was Sie erfahren. Wirklich, Sie wissen nicht, was es ist.
Genau so ist es auch, wenn Sie etwas über das Denken wissen oder das Denken erleben wollen, dann tritt der gleiche Mechanismus in Funktion. Es gibt kein Außen oder Innen. Das, was vorhanden ist, ist lediglich der Vorgang, der Fluss des Wissens (Akasha). Sie können sich also gar nicht vom Denken abspalten, um es anzusehen.
Wenn also eine Frage gestellt wird, sollten Sie eigentlich erkennen, daß es keine Antwort geben kann, die irgendeinen Sinn hätte, denn alle Antworten sind nur aus zweiter Hand und angelernt. Damit hört diese Bewegung auf. Es gibt keinen Grund für Sie, die Frage zu beantworten. Es gibt keinen Grund dafür, warum Sie etwas darüber wissen müßten. Alles, was Sie wissen, kommt zum Erliegen. Es gehen keine Impulse mehr davon aus. Es verlangsamt sich, und dann wird Ihnen allmählich klar, wie sinnlos es ist, diese Frage zu beantworten, auf die es gar keine Antwort gibt. Es gibt bereits all die Antworten, die von anderen gegeben wurden. Also haben Sie zu dem Thema ‘Denken’ nichts zu sagen, denn alles, was Sie zu sagen haben, ist ein Sammelsurium aus anderen Quellen. Sie haben keine eigene Antwort.
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Sie können sich überhaupt nicht vorstellen, daß es möglich ist, etwas zu begreifen, das nicht in einem zeitlichen Rahmen liegt. Alles dauert seine Zeit. Es hat so und so viele Jahre gedauert, bis Sie dort angekommen sind, wo Sie jetzt sind, und immer noch bemühen Sie sich und kämpfen darum, eine höhere Ebene zu erreichen – höher und höher und immer höher. Das Instrument (der Verstand), das Sie gebrauchen, kann nicht begreifen, daß es eine Möglichkeit gibt, etwas ohne Anstrengung, ohne Bemühen zu verstehen und ohne ein Endergebnis erzielen zu wollen. Aber die Angelegenheiten, mit denen Sie sich im Leben auseinandersetzen müssen sind lebendig; es geht darum, wie man leben soll. Der Verstand hat Ihnen nicht geholfen, diese Probleme zu lösen. Sie können eine zeitlich begrenzte Lösung finden, aber das schafft weitere Probleme, und so geht es immer weiter. Die Belange des Lebens sind lebendige Probleme. Das Mittel, welches Sie benützen, das Denken, ist ein stumpfes Instrument, und es kann nicht dazu benutzt werden, irgend etwas Lebendiges zu verstehen. Sie können gar nicht anders als in Begriffen von Streben, Anstrengung und Zeit zu denken – eines Tages werden Sie das spirituelle Ziel erreicht haben – ganz genau so, wie Sie auch alles andere erreicht haben, das Sie sich im Leben vorgenommen hatten.
Also liegt Ihr Problem nicht im Problem selbst, sondern in dessen Lösung. Wenn die Lösung verschwunden ist, gibt es auch kein Problem mehr. Falls es eine Lösung gibt, sollte es auch das Problem nicht mehr geben. Wenn die Antworten, die von den anderen (den ‘weisen Männern’) gegeben werden, die richtigen Antworten wären, dann sollte es auch gar keine Fragen mehr geben. Also sind es ganz offensichtlich nicht die richtigen Antworten. Wären sie es, gäbe es keine Fragen mehr.
Warum stellen Sie also nicht die Antworten in Frage? Wenn Sie die Antworten in Frage stellen, müssen Sie auch diejenigen in Frage stellen, die diese Antworten erteilt haben. Aber Sie nehmen es als gegeben hin, daß sie alle miteinander ‘weise Menschen’ wären, uns allen in spiritueller Hinsicht weit überlegen, und daß sie wüßten, worüber sie reden. Aber sie wissen absolut gar nichts!
Wo, glauben Sie, entstehen diese Fragen? Wie formulieren sie sich in Ihrem Innern? Es sind alles mechanische Fragen. Ich muß immer wieder die Notwendigkeit dessen betonen, daß Sie verstehen, wie mechanisch das Ganze ist.
Die Antworten, die Sie erhalten, sind offenbar nicht die richtigen Antworten, denn die Fragen dauern an, trotz der Antworten, die Ihnen anscheinend jemand erteilt. Die Frage besteht immer noch. Diejenige Antwort, von der Sie glauben, daß es die richtige Antwort sei (zu Ihrer Zufriedenheit oder nicht), ist in Wirklichkeit keine Antwort. Wenn sie es wäre, hätte die Frage für alle Zeiten verschwinden müssen. Alle Fragen sind nur Abwandlungen ein und derselben Frage. Die Antwort darauf kennen Sie schon, und all die übrigen Fragen sind nur solche, für die es völlig uninteressant ist, ob sie beantwortet werden oder nicht. Wenn es überhaupt eine Antwort auf eine Frage gibt, dann sollte sie alle bereits vorhandenen Antworten zerstören. Es gibt da keinen Fragesteller. Wenn die Antwort verschwindet, muß gleichzeitig auch der Fragesteller – der nichtexistente Fragende – verschwinden. Ich weiß nicht, ob ich mich verständlich machen kann.
Gibt es eine Frage, von der Sie sagen könnten, daß sie ganz und gar Ihre eigene wäre? Wenn Sie es fertigbringen, eine Frage zu stellen, die Sie wirklich Ihr eigen nennen können, eine Frage, die nie, niemals zuvor gestellt wurde, dann hat es einen Sinn, darüber zu sprechen. Dann müssen Sie nicht mehr dasitzen und irgend jemandem Fragen stellen, die es eigentlich gar nicht gibt. Eine Frage, die Sie Ihr eigen nennen können, wurde niemals zuvor gestellt. Alle Antworten sind nur für diese Frage da. Wahrscheinlich ist Ihnen gar nicht klar, daß Ihre Fragen aus den Antworten entstanden sind, die Sie schon kennen, und daß es sich dabei keinesfalls um Ihre Antworten handelt. Es sind Antworten, die Sie schon erhalten haben.
Warum stellen Sie also diese Fragen, warum sind Sie nicht mit den bereits vorhandenen Antworten zufrieden? So lautet meine Frage. Warum? Wenn Sie damit zufrieden sind, dann ist doch alles in Ordnung. Dann werden Sie wahrscheinlich sagen: „Ich will gar keine Antworten.“ Aber die Frage besteht immer noch, tief in Ihrem Innern. Es ist gleichgültig, ob Sie jemanden aufsuchen oder die Antwort von einem weisen Mann erwarten, die Frage besteht weiter. Warum besteht sie? Was geschieht, wenn die Frage an ihr Ende gelangt? Dann kommen auch Sie an Ihr Ende. Sie sind nichts als die Antworten. Wenn Sie verstehen, daß es keinen Fragenden gibt, der die Fragen stellt, ist Ihre Antwort in höchster Gefahr. Deshalb will die Frage überhaupt keine Antwort bekommen. Diese Antwort würde das Ende jener Antwort bedeuten, die Sie haben, und die nicht die Ihre ist.
Alle Gedanken sind tot, sie leben nicht. Sie können sie nicht mit Leben versehen. Das ist es, was Sie die ganze Zeit über zu tun versuchen: Sie statten sie mit Emotionen aus. Aber es sind keine lebenden Dinge. Sie können niemals etwas Lebendiges berühren. Sie glauben, Sie hätten spirituelle oder psychologische Probleme, dabei sind es eigentlich Probleme mit dem Lebendigsein.
Was meinen die Menschen denn eigentlich damit, wenn sie von Bewußtsein sprechen? So etwas wie ein Unbewußtsein gibt es nicht. In der medizinischen Technologie kann ein Grund dafür gefunden werden, warum ein bestimmter Mensch bewußtlos ist, aber der Mensch, der bewußtlos ist, kann nicht wissen, daß er es ist. Wenn er aus dem Zustand der Bewußtlosigkeit herauskommt, ist er bewußt. Meinen Sie also, daß Sie jetzt bewußt sind? Glauben Sie, Sie seien wach? Sind Sie der Meinung, daß Sie am Leben sind?
Sehen Sie, es ist nicht leicht, zu einem Individuum zu werden. Denn das bedeutet, daß man ein ganz gewöhnlicher Mensch ist. Es ist sehr schwierig, ganz gewöhnlich zu sein. Sie wollen etwas anderes sein als Sie es sind. Man selbst zu sein ist ganz einfach, man muß überhaupt nichts dazu tun. Keine Anstrengungen sind vonnöten. Man muß keine Willenskraft gebrauchen, man muß gar nichts tun, um man selbst zu sein. Aber um etwas anderes zu sein als man wirklich ist, muß man viele Dinge tun.
25. Juli 2019
Also müssen wir die Realität so, wie sie uns von der Kultur und der Gesellschaft vorgegeben wurde, akzeptieren. Gleichzeitig müssen wir aber auch verstehen, daß es nichts gibt, was wir tun können, um die Realität von irgend etwas zu erleben. Wenn Sie das verstehen, werden Sie sich mit der Gesellschaft nicht in Konflikt befinden, und auch das Verlangen danach, etwas anderes sein zu wollen, als Sie es tatsächlich sind, wird endlich aufhören.
Das Ziel, das Sie sich gesetzt haben und von dem Sie akzeptiert haben, daß es ein ideales und erstrebenswertes Ziel sei, ist nicht mehr vorhanden. Ebenso besteht auch kein Verlangen mehr, etwas anderes zu sein, als Sie es sind. Es handelt sich nicht darum, etwas zu akzeptieren, sondern es geht um die Ziele, die von der Gesellschaft vor uns aufgebaut worden sind und die wir für erstrebenswert halten. Diese Ziele werden von uns nun nicht mehr angestrebt und verfolgt. Es besteht auch kein Verlangen mehr danach, ein Ziel zu erreichen. Also sind Sie das, was Sie sind.
Wenn Sie mit sich selbst in Frieden leben, dann stellen Sie für die Gesellschaft in ihrer jetzigen Form eine Bedrohung dar. Sie werden deshalb eine Bedrohung für Ihre Nachbarn darstellen, weil diese die Wirklichkeit der Welt als real akzeptiert haben und dabei nach so etwas Merkwürdigem suchen, das ‘Frieden’ genannt wird. Im Rahmen dessen, wie diese Menschen ihre eigene Existenz sehen und erleben, können Sie nur wie eine Bedrohung wirken. Also sind Sie ganz allein – und das ist nicht jenes Alleinsein, das die Menschen gemeinhin zu vermeiden trachten – Sie sind wirklich allein.
Selbst die Meditationstechniken sind egozentrische Aktivitäten. All die von Ihnen angewandten Mechanismen erhalten sich andauernd selbst aufrecht. Also wird der Gegenstand Ihrer Suche nach der ultimativen Realität von diesen Techniken zunichte gemacht, denn auch diese Techniken sind Werkzeuge, die sich selbst erhalten. Sie werden plötzlich erkennen, oder es wird Ihnen klar werden, daß gerade auch diese Suche nach einer ultimativen Realität ein sich ewig fortsetzender Mechanismus ist. Es gibt nichts zu erreichen, nichts zu gewinnen, nichts zu erringen.
Unglücklicherweise hat die Gesellschaft uns weisgemacht, daß die Selbstlosigkeit ein erstrebenswertes Ideal sei; schließlich kann ein selbstloser Mensch der Gesellschaft nur von Nutzen sein, und deren eigentliches Interesse liegt darin, die eigene Kontinuität, den Status quo, aufrechtzuerhalten. So wurden all diese Wertvorstellungen, die wir akzeptiert haben und von denen wir glauben, sie seien es wert erhalten zu werden, vom menschlichen Verstand nur aus dem Grund erfunden, um sich selbst in Gang zu halten.
Diese Zielvorstellung ermöglicht es Ihnen, in dieser Weise weiterzumachen, aber erreichen werden Sie damit gar nichts. Sie haben die Hoffnung, daß Sie eines Tages durch irgendein Wunder oder durch die Hilfe von irgend jemanden dazu imstande sein werden, Ihr Ziel zu erreichen. Diese Hoffnung läßt Sie immer weitermachen, aber in Wahrheit kommen Sie nach nirgendwo. Irgendwann werden Sie erkennen, daß alles, was Sie unternehmen, um Ihrem Ziel nahezukommen, zu nichts führt. Dann werden Sie alles mögliche andere versuchen wollen. Wenn Sie es aber einmal versucht haben und dabei merken, daß es nicht funktioniert, dann sollten Sie erkennen, daß es mit allen anderen Systemen genauso ist. Das muß Ihnen vollkommen klar werden.
Es ist sehr schwer zu verstehen, daß alles, was Sie tun, genau das ist, was die bereits bestehende Harmonie und den Frieden stört. Jede Bewegung des Denkens in jedwede Richtung und auf jeder Ebene stellt einen Störfaktor für das einwandfreie und friedliche Funktionieren dieses lebendigen Organismus dar, der an Ihren spirituellen Erfahrungen überhaupt kein Interesse hat. Er interessiert sich für keine einzige dieser spirituellen Übungen, wie außergewöhnlich sie auch sein mögen.
Die völlige Abwesenheit jeglicher Art von Willen und das vollkommene Nichtvorhandensein von Anstrengung könnten als müheloser Zustand bezeichnet werden; aber dieser mühelose Zustand ist nicht etwas, was sich mittels Anstrengung erreichen ließe.
Es kommt gar nicht darauf an, welchem Lehrer Sie folgen. Wenn Sie die Lehre in Frage stellen, müssen Sie bedauerlicherweise auch den Lehrer in Frage stellen – dann aber kommt das Gefühl auf: „Irgendwas stimmt nicht mit mir, eines Tages jedoch werde ich es verstehen“. Wenn Sie es heute nicht verstehen können, werden Sie es nie verstehen. Also ist Verständnis eigentlich das Nichtvorhandensein des Verlangens nach Verständnis – ob heute oder morgen.
Nun ist aber gar kein Verständnis nötig. Das Verständnis dient nur dem Zweck, morgen etwas zu verstehen – nicht heute. Heute müssen Sie überhaupt nichts verstehen.
Das mag Ihnen komisch vorkommen, aber es ist tatsächlich so. Was also wollen Sie verstehen? Sie können mich überhaupt nicht verstehen. Ich habe jetzt zwanzig Tage lang geredet, und ich kann so weitermachen, aber Sie werden dann immer noch rein gar nichts verstanden haben. Und das nicht, weil es schwierig wäre. Es ist so einfach. Aber es ist gerade die hieran beteiligte komplexe [Denk]Struktur, die diese Einfachheit nicht akzeptieren kann. Darin liegt das eigentliche Problem. „So einfach kann es nicht sein“, denken Sie, denn die Struktur ist so komplex, daß sie nicht einmal die Möglichkeit in Erwägung ziehen will, es könnte einfach sein. Also werden Sie es morgen verstehen und nicht heute. Und morgen wird es wieder dasselbe sein, genau wie in zehn Jahren. Was also tut man in so einer Lage? Wir haben das alle schon erlebt. Entweder Sie drehen durch, oder Sie heben ab. Die Chancen durchzudrehen sind wirklich gut, wenn Sie versuchen, sich selbst in die Enge zu treiben. Aber das werden Sie nicht tun.
26. Juli 2019
Sehen Sie, wenn Sie das, was ich sage, im Sinne Ihrer Wertvorstellungen und speziellen Verhaltensregeln interpretieren, gehen Sie vollkommen an der Sache vorbei. Es ist nicht so, daß ich gegen die sittlichen Verhaltensnormen wäre. Diese besitzen einen gesellschaftlichen Wert; sie sind für das reibungslose Funktionieren der Gesellschaft unabdingbar. Um in dieser Welt auf intelligente Weise funktionieren zu können, bedarf es gewisser Verhaltensregeln. Ansonsten herrschte auf dieser Welt das totale Chaos. Dabei handelt es sich aber um ein soziales Problem und nicht um ein ethisches noch um ein religiöses Problem. Sie müssen diese beiden Dinge auseinanderhalten, denn wir leben heute in einer veränderten Welt. Wir müssen eine andere Möglichkeit finden, wie wir mit unserer Umwelt in Harmonie leben können. Solange Sie mit sich selbst in Konflikt sind, solange wird es Ihnen auch nicht möglich sein, mit der Sie umgebenden Gesellschaft in Harmonie zu leben. Dafür sind Sie selbst verantwortlich.
Wie ich Ihnen neulich schon sagte, würde ich Ihnen gerne eine kurze Ahnung, einen Einblick, hiervon vermitteln. Nicht im dem Sinne, wie Sie das Wort ‘Einblick’ gebrauchen; nur eine Andeutung davon. Sie würden überhaupt nicht daran rühren wollen. Das, was Sie wollen, woran Sie interessiert sind, gibt es nicht. Sie können eine Menge unbedeutender Erfahrungen machen, falls es das ist, wofür Sie sich interessieren. Machen Sie nur alle Meditationen mit, tun Sie, was Sie wollen, und Sie werden alle möglichen Erfahrungen machen. Wenn man Drogen nimmt, ist das noch viel einfacher. Ich empfehle hier nicht die Anwendung von Drogen, aber die Erfahrungen, die es dabei zu machen gibt, sind genau die gleichen wie bei der Meditation. Die Ärzte sagen, daß Drogen das Gehirn schädigen würden, aber das wird auch die Meditation tun, wenn man sie nur ernsthaft genug betreibt. Es gibt Menschen, die sind wahnsinnig geworden dabei, sind in den Fluß gesprungen und haben sich so umgebracht. Sie haben alles mögliche unternommen – sie haben sich in Höhlen eingeschlossen – weil sie das nicht verkraften konnten.
Sehen Sie, es ist Ihnen einfach nicht möglich, Ihre Gedanken zu beobachten; es ist nicht möglich, daß Sie jeden Schritt, den Sie tun, beobachten. Das wird Sie zum Wahnsinn treiben. Sie können nicht mehr gehen. Das ist auch gar nicht mit dieser Idee gemeint, daß man alle Dinge wahrnehmen, jeden Gedanken beobachten sollte; wie könnte es denn auch möglich sein, jeden einzelnen Gedanken zu beobachten – und wozu wollen Sie Ihre Gedanken beobachten? Zu welchem Zweck? Kontrolle? Sie können das nicht kontrollieren. Dahinter steckt eine enorme Dynamik.
Wenn Sie in Ihrer Vorstellung so weit gekommen sind, daß Sie meinen, Ihre Gedanken unter Kontrolle zu haben, und wenn Sie einen Raum zwischen diesen Gedanken oder einen Zustand von Gedankenleere erleben, dann glauben Sie, Sie hätten etwas erreicht. Dies ist ein von Gedanken hervorgerufener Zustand der Gedankenlosigkeit, ein Raum zwischen zwei Gedanken. Die Tatsache, daß Sie den Raum zwischen zwei Gedanken und den gedankenleeren Zustand erfahren, bedeutet nur, daß Ihr Denken dabei durchaus gewärtig war. Es kommt wieder zum Vorschein, so wie die Rhône, die durch Frankreich fließt, verschwindet und dann wieder zum Vorschein kommt. Sie ist in den Untergrund verschwunden. Der Fluß ist immer noch da. Er läßt sich nicht zum Zwecke der Navigation nutzen, aber schließlich kommt er wieder herauf. Und genau so kommen auch die Dinge, die Sie in die unterirdischen Regionen verbannen (wobei Sie glauben, daß Sie etwas Außergewöhnliches erlebten) wieder an die Oberfläche – und dann werden Sie merken, wie diese Gedanken aus Ihrem Inneren herausströmen.
Jetzt sind Sie dessen nicht gewahr, daß Sie jetzt atmen. Sie müssen sich Ihres Atmens nicht bewußt sein. Warum wollen Sie sich dessen bewußt sein, daß Sie atmen? Wenn Sie Ihren Atem kontrollieren, um Ihre Lungen oder Ihren Brustkorb auszudehnen – dann ist das etwas anderes. Aber warum wollen Sie sich der Bewegung des Atems von seinem Entstehen bis zum Ende gewahr sein? Sie werden sich plötzlich Ihres Atmens bewußt. Ihr Atem und das Denken stehen in einer engen Beziehung zueinander. Deshalb wollen Sie Ihren Atem kontrollieren. Denn das würde bedeuten, daß sie so gleichermaßen auch Ihr Denken für eine Weile kontrollieren könnten. Wenn Sie aber Ihren Atem zu lange anhalten, wird Sie das ebenso ersticken, wie auch alles andere, das Sie unternehmen, um den Fluß der Gedanken anzuhalten oder zu blockieren, Sie zu Tode würgen wird – und das ist wörtlich so gemeint – oder es wird Ihnen sonst auf irgendeine Weise schaden. Das Denken ist eine sehr mächtige Schwingung, eine außerordentliche Schwingung. Es ist wie ein Atom. Man kann mit solchen Dingen nicht herumspielen.
Sie werden das Ziel, Ihr Denken gänzlich unter Ihre Kontrolle zu bringen, nicht erreichen. Das Denken muß auf die ihm eigene Weise funktionieren, auf seine abgehackte, unzusammenhängende Weise. Das ist etwas, was sich nicht durch irgendwelche Bemühungen Ihrerseits erreichen läßt. Es muß in seinen normalen Rhythmus fallen. Selbst dann, wenn Sie versuchen wollen, ihm den normalen Rhythmus zuzumessen, fügen Sie ihm nur neue Impulse hinzu. Es führt ein unabhängiges Leben, das sich unglücklicherweise innerhalb des Lebensvorgänge eine parallele Existenz aufgebaut hat. Diese beiden befinden sich in einem permanenten Konfliktzustand. Und der wird erst dann zu Ende gehen, wenn auch das Leben endet.
Das Denken hat sich zum Herren über diesen Körper aufgeworfen. Das Denken beherrscht das Ganze absolut. Es versucht noch immer, alles vollkommen unter Kontrolle zu halten. Sie können den Bediensteten nicht aus dem Haushalt entfernen, ganz gleich, was Sie auch tun. Wenn Sie Gewalt anwenden, wird er den ganzen Haushalt niederbrennen, obwohl er genau weiß, daß er damit auch sich verbrennt. Für ihn wäre das eine große Torheit, aber genau die werden Sie provozieren, wenn Sie es versuchen. Das sind nur Gleichnisse, ziehen Sie also keine logischen Schlußfolgerungen daraus, sondern finden Sie es selbst heraus, wenn Sie diese Dinge tun, und nehmen Sie das nicht auf die leichte Schulter. Oder nehmen Sie sie auf die leichte Schulter, und spielen Sie mit ihnen. Das ist in Ordnung – als Spielzeug.
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Sie wollen kein normaler Mensch sein, Sie möchten kein gewöhnlicher Mensch sein. Das ist das eigentliche Problem. Es gehört zum Allerschwierigsten, ein gewöhnlicher Mensch zu sein. Die Kultur verlangt es, daß man etwas anderes sein sollte als das, was man ist. Dadurch wurden Kräfte in Bewegung gesetzt, eine ungeheuer mächtige Bewegung – der Denkprozeß – der verlangt, daß man etwas anderes sein sollte als das, was man ist. Nur darum geht es. Sie können ihn dazu benutzen, um gewisse Dinge zu erreichen; ansonsten hat er keinen Verwendungszweck.
Der einzige Zweck des Denkens besteht darin, diesen Körper zu ernähren und ihn fortzupflanzen. Das ist alles, wofür das Denken nützlich ist. Ansonsten hat es keinen Nutzen. Es kann nicht dazu benutzt werden, um zu spekulieren.
Sie können eine enorme philosophische Denkstruktur errichten, die jedoch keinerlei Wert besitzt. Sie können jede Begebenheit in Ihrem Leben interpretieren und eine weitere philosophische Denkstruktur erstellen, aber das ist nicht der eigentliche Zweck des Denkens.
Wir reden ständig über das Denken. Was ist Denken? Haben Sie sich das Denken jemals wirklich angesehen, geschweige denn die Gedankenkontrolle, die Manipulation des Denkens oder den Gebrauch des Denkens, um einen materiellen oder sonstigen Gewinn daraus zu ziehen? Sie können Ihr Denken nicht betrachten, weil Sie sich nicht vom Denken abspalten können, um es anzusehen. Es gibt kein Denken, das getrennt wäre von dem Wissen, das Sie darüber haben – den Definitionen, die Sie kennen. Wenn Ihnen also jemand die Frage stellt „Was ist Denken?“, so ist jegliche Antwort, die Sie geben, eine Antwort, die bereits vorgegeben ist – von den Antworten, die andere schon zuvor gegeben haben.
Wenn Sie also Betrachtungen über das Denken anstellen, so werden Sie dort nur das vorfinden, was Sie bereits darüber wissen. Ansonsten können Sie sich das Denken nicht ansehen. Es gibt kein Denken, das nicht in dem enthalten wäre, was Sie schon über das Denken wissen. Wenn das einmal verstanden wird, hört diese ganze sinnlose Bemühung, die darauf abzielt, das Denken beobachten zu wollen, auf. Es gibt nur das, was Sie schon wissen – die Definitionen, die Ihnen von anderen gegeben wurden. Und wenn Sie sehr intelligent und clever genug sind, dann schaffen Sie Ihre eigenen Definitionen.
Wenn Sie einen Gegenstand betrachten, kommt Ihnen das Wissen in den Sinn, das Sie über diesen Gegenstand besitzen. Es entsteht die Illusion, daß das Denken etwas von den Gegenständen Verschiedenes sei; aber Sie sind derjenige, der den Gegenstand erschafft. Der Gegenstand mag vorhanden sein, aber das einzige, das Sie haben, ist das Wissen über diesen Gegenstand. Abgesehen von diesem Wissen und unabhängig von diesem Wissen, frei von diesem Wissen, gibt es keine Möglichkeit für Sie, irgend etwas darüber zu wissen. Es gibt für Sie keine Möglichkeit, etwas auf direktem Wege zu erfahren. Das Wort ‘direkt’ bedeutet nicht, daß es noch einen anderen Weg gäbe, um die Dinge auf eine andere Weise erfahren zu können, als Sie das jetzt tun. Das Wissen, über das Sie verfügen, ist alles, was es gibt, und das ist es auch, was Sie erfahren. Wirklich, Sie wissen nicht, was es ist.
Genau so ist es auch, wenn Sie etwas über das Denken wissen oder das Denken erleben wollen, dann tritt der gleiche Mechanismus in Funktion. Es gibt kein Außen oder Innen. Das, was vorhanden ist, ist lediglich der Vorgang, der Fluss des Wissens (Akasha). Sie können sich also gar nicht vom Denken abspalten, um es anzusehen.
Wenn also eine Frage gestellt wird, sollten Sie eigentlich erkennen, daß es keine Antwort geben kann, die irgendeinen Sinn hätte, denn alle Antworten sind nur aus zweiter Hand und angelernt. Damit hört diese Bewegung auf. Es gibt keinen Grund für Sie, die Frage zu beantworten. Es gibt keinen Grund dafür, warum Sie etwas darüber wissen müßten. Alles, was Sie wissen, kommt zum Erliegen. Es gehen keine Impulse mehr davon aus. Es verlangsamt sich, und dann wird Ihnen allmählich klar, wie sinnlos es ist, diese Frage zu beantworten, auf die es gar keine Antwort gibt. Es gibt bereits all die Antworten, die von anderen gegeben wurden. Also haben Sie zu dem Thema ‘Denken’ nichts zu sagen, denn alles, was Sie zu sagen haben, ist ein Sammelsurium aus anderen Quellen. Sie haben keine eigene Antwort.
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Sie können sich überhaupt nicht vorstellen, daß es möglich ist, etwas zu begreifen, das nicht in einem zeitlichen Rahmen liegt. Alles dauert seine Zeit. Es hat so und so viele Jahre gedauert, bis Sie dort angekommen sind, wo Sie jetzt sind, und immer noch bemühen Sie sich und kämpfen darum, eine höhere Ebene zu erreichen – höher und höher und immer höher. Das Instrument (der Verstand), das Sie gebrauchen, kann nicht begreifen, daß es eine Möglichkeit gibt, etwas ohne Anstrengung, ohne Bemühen zu verstehen und ohne ein Endergebnis erzielen zu wollen. Aber die Angelegenheiten, mit denen Sie sich im Leben auseinandersetzen müssen sind lebendig; es geht darum, wie man leben soll. Der Verstand hat Ihnen nicht geholfen, diese Probleme zu lösen. Sie können eine zeitlich begrenzte Lösung finden, aber das schafft weitere Probleme, und so geht es immer weiter. Die Belange des Lebens sind lebendige Probleme. Das Mittel, welches Sie benützen, das Denken, ist ein stumpfes Instrument, und es kann nicht dazu benutzt werden, irgend etwas Lebendiges zu verstehen. Sie können gar nicht anders als in Begriffen von Streben, Anstrengung und Zeit zu denken – eines Tages werden Sie das spirituelle Ziel erreicht haben – ganz genau so, wie Sie auch alles andere erreicht haben, das Sie sich im Leben vorgenommen hatten.
Also liegt Ihr Problem nicht im Problem selbst, sondern in dessen Lösung. Wenn die Lösung verschwunden ist, gibt es auch kein Problem mehr. Falls es eine Lösung gibt, sollte es auch das Problem nicht mehr geben. Wenn die Antworten, die von den anderen (den ‘weisen Männern’) gegeben werden, die richtigen Antworten wären, dann sollte es auch gar keine Fragen mehr geben. Also sind es ganz offensichtlich nicht die richtigen Antworten. Wären sie es, gäbe es keine Fragen mehr.
Warum stellen Sie also nicht die Antworten in Frage? Wenn Sie die Antworten in Frage stellen, müssen Sie auch diejenigen in Frage stellen, die diese Antworten erteilt haben. Aber Sie nehmen es als gegeben hin, daß sie alle miteinander ‘weise Menschen’ wären, uns allen in spiritueller Hinsicht weit überlegen, und daß sie wüßten, worüber sie reden. Aber sie wissen absolut gar nichts!
Wo, glauben Sie, entstehen diese Fragen? Wie formulieren sie sich in Ihrem Innern? Es sind alles mechanische Fragen. Ich muß immer wieder die Notwendigkeit dessen betonen, daß Sie verstehen, wie mechanisch das Ganze ist.
Die Antworten, die Sie erhalten, sind offenbar nicht die richtigen Antworten, denn die Fragen dauern an, trotz der Antworten, die Ihnen anscheinend jemand erteilt. Die Frage besteht immer noch. Diejenige Antwort, von der Sie glauben, daß es die richtige Antwort sei (zu Ihrer Zufriedenheit oder nicht), ist in Wirklichkeit keine Antwort. Wenn sie es wäre, hätte die Frage für alle Zeiten verschwinden müssen. Alle Fragen sind nur Abwandlungen ein und derselben Frage. Die Antwort darauf kennen Sie schon, und all die übrigen Fragen sind nur solche, für die es völlig uninteressant ist, ob sie beantwortet werden oder nicht. Wenn es überhaupt eine Antwort auf eine Frage gibt, dann sollte sie alle bereits vorhandenen Antworten zerstören. Es gibt da keinen Fragesteller. Wenn die Antwort verschwindet, muß gleichzeitig auch der Fragesteller – der nichtexistente Fragende – verschwinden. Ich weiß nicht, ob ich mich verständlich machen kann.
Gibt es eine Frage, von der Sie sagen könnten, daß sie ganz und gar Ihre eigene wäre? Wenn Sie es fertigbringen, eine Frage zu stellen, die Sie wirklich Ihr eigen nennen können, eine Frage, die nie, niemals zuvor gestellt wurde, dann hat es einen Sinn, darüber zu sprechen. Dann müssen Sie nicht mehr dasitzen und irgend jemandem Fragen stellen, die es eigentlich gar nicht gibt. Eine Frage, die Sie Ihr eigen nennen können, wurde niemals zuvor gestellt. Alle Antworten sind nur für diese Frage da. Wahrscheinlich ist Ihnen gar nicht klar, daß Ihre Fragen aus den Antworten entstanden sind, die Sie schon kennen, und daß es sich dabei keinesfalls um Ihre Antworten handelt. Es sind Antworten, die Sie schon erhalten haben.
Warum stellen Sie also diese Fragen, warum sind Sie nicht mit den bereits vorhandenen Antworten zufrieden? So lautet meine Frage. Warum? Wenn Sie damit zufrieden sind, dann ist doch alles in Ordnung. Dann werden Sie wahrscheinlich sagen: „Ich will gar keine Antworten.“ Aber die Frage besteht immer noch, tief in Ihrem Innern. Es ist gleichgültig, ob Sie jemanden aufsuchen oder die Antwort von einem weisen Mann erwarten, die Frage besteht weiter. Warum besteht sie? Was geschieht, wenn die Frage an ihr Ende gelangt? Dann kommen auch Sie an Ihr Ende. Sie sind nichts als die Antworten. Wenn Sie verstehen, daß es keinen Fragenden gibt, der die Fragen stellt, ist Ihre Antwort in höchster Gefahr. Deshalb will die Frage überhaupt keine Antwort bekommen. Diese Antwort würde das Ende jener Antwort bedeuten, die Sie haben, und die nicht die Ihre ist.
Alle Gedanken sind tot, sie leben nicht. Sie können sie nicht mit Leben versehen. Das ist es, was Sie die ganze Zeit über zu tun versuchen: Sie statten sie mit Emotionen aus. Aber es sind keine lebenden Dinge. Sie können niemals etwas Lebendiges berühren. Sie glauben, Sie hätten spirituelle oder psychologische Probleme, dabei sind es eigentlich Probleme mit dem Lebendigsein.
Was meinen die Menschen denn eigentlich damit, wenn sie von Bewußtsein sprechen? So etwas wie ein Unbewußtsein gibt es nicht. In der medizinischen Technologie kann ein Grund dafür gefunden werden, warum ein bestimmter Mensch bewußtlos ist, aber der Mensch, der bewußtlos ist, kann nicht wissen, daß er es ist. Wenn er aus dem Zustand der Bewußtlosigkeit herauskommt, ist er bewußt. Meinen Sie also, daß Sie jetzt bewußt sind? Glauben Sie, Sie seien wach? Sind Sie der Meinung, daß Sie am Leben sind?
Sehen Sie, es ist nicht leicht, zu einem Individuum zu werden. Denn das bedeutet, daß man ein ganz gewöhnlicher Mensch ist. Es ist sehr schwierig, ganz gewöhnlich zu sein. Sie wollen etwas anderes sein als Sie es sind. Man selbst zu sein ist ganz einfach, man muß überhaupt nichts dazu tun. Keine Anstrengungen sind vonnöten. Man muß keine Willenskraft gebrauchen, man muß gar nichts tun, um man selbst zu sein. Aber um etwas anderes zu sein als man wirklich ist, muß man viele Dinge tun.
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