Jiddu Krishnamurti

Jiddu Krishnamurti
Wir werden sehen wie wichtig es ist die radikale Revolution in den Köpfen der Menschen zu verursachen. Die Krise ist eine Krise des Bewusstseins. Ein Krise, die nicht mehr die alten Normen akzeptieren kann, die alten Muster, die uralten Traditionen. Wenn man in Betracht zieht, was die Welt jetzt ist, mit all dem Elend, den Konflikten, der zerstörerischen Brutalität, Aggressionen usw. Der Mensch ist immer noch wie er war. Er ist immer noch brutal, zerstörerisch, aggressiv, habgierig, wetteifernd. Er hat eine Gesellschaft darauf aufgebaut.

Samstag, 27. Juli 2019

U.G. Krishnamurti || Der Mut, allein zu stehen, Auszüge Teil 1 Sie müssen gar nichts tun

Quelle: http://www.ugkrishnamurti.net/ugkrishnamurti-net/GERMAN/Der_Mut/3_Der%20Mut_1.htm

25. Juli 2019
Also müssen wir die Realität so, wie sie uns von der Kultur und der Gesellschaft vorgegeben wurde, akzeptieren. Gleichzeitig müssen wir aber auch verstehen, daß es nichts gibt, was wir tun können, um die Realität von irgend etwas zu erleben. Wenn Sie das verstehen, werden Sie sich mit der Gesellschaft nicht in Konflikt befinden, und auch das Verlangen danach, etwas anderes sein zu wollen, als Sie es tatsächlich sind, wird endlich aufhören.

Das Ziel, das Sie sich gesetzt haben und von dem Sie akzeptiert haben, daß es ein ideales und erstrebenswertes Ziel sei, ist nicht mehr vorhanden. Ebenso besteht auch kein Verlangen mehr, etwas anderes zu sein, als Sie es sind. Es handelt sich nicht darum, etwas zu akzeptieren, sondern es geht um die Ziele, die von der Gesellschaft vor uns aufgebaut worden sind und die wir für erstrebenswert halten. Diese Ziele werden von uns nun nicht mehr angestrebt und verfolgt. Es besteht auch kein Verlangen mehr danach, ein Ziel zu erreichen. Also sind Sie das, was Sie sind.

Wenn Sie mit sich selbst in Frieden leben, dann stellen Sie für die Gesellschaft in ihrer jetzigen Form eine Bedrohung dar. Sie werden deshalb eine Bedrohung für Ihre Nachbarn darstellen, weil diese die Wirklichkeit der Welt als real akzeptiert haben und dabei nach so etwas Merkwürdigem suchen, das ‘Frieden’ genannt wird. Im Rahmen dessen, wie diese Menschen ihre eigene Existenz sehen und erleben, können Sie nur wie eine Bedrohung wirken. Also sind Sie ganz allein – und das ist nicht jenes Alleinsein, das die Menschen gemeinhin zu vermeiden trachten – Sie sind wirklich allein.

Selbst die Meditationstechniken sind egozentrische Aktivitäten. All die von Ihnen angewandten Mechanismen erhalten sich andauernd selbst aufrecht. Also wird der Gegenstand Ihrer Suche nach der ultimativen Realität von diesen Techniken zunichte gemacht, denn auch diese Techniken sind Werkzeuge, die sich selbst erhalten. Sie werden plötzlich erkennen, oder es wird Ihnen klar werden, daß gerade auch diese Suche nach einer ultimativen Realität ein sich ewig fortsetzender Mechanismus ist. Es gibt nichts zu erreichen, nichts zu gewinnen, nichts zu erringen.


Unglücklicherweise hat die Gesellschaft uns weisgemacht, daß die Selbstlosigkeit ein erstrebenswertes Ideal sei; schließlich kann ein selbstloser Mensch der Gesellschaft nur von Nutzen sein, und deren eigentliches Interesse liegt darin, die eigene Kontinuität, den Status quo, aufrechtzuerhalten. So wurden all diese Wertvorstellungen, die wir akzeptiert haben und von denen wir glauben, sie seien es wert erhalten zu werden, vom menschlichen Verstand nur aus dem Grund erfunden, um sich selbst in Gang zu halten.

Diese Zielvorstellung ermöglicht es Ihnen, in dieser Weise weiterzumachen, aber erreichen werden Sie damit gar nichts. Sie haben die Hoffnung, daß Sie eines Tages durch irgendein Wunder oder durch die Hilfe von irgend jemanden dazu imstande sein werden, Ihr Ziel zu erreichen. Diese Hoffnung läßt Sie immer weitermachen, aber in Wahrheit kommen Sie nach nirgendwo. Irgendwann werden Sie erkennen, daß alles, was Sie unternehmen, um Ihrem Ziel nahezukommen, zu nichts führt. Dann werden Sie alles mögliche andere versuchen wollen. Wenn Sie es aber einmal versucht haben und dabei merken, daß es nicht funktioniert, dann sollten Sie erkennen, daß es mit allen anderen Systemen genauso ist. Das muß Ihnen vollkommen klar werden.

Es ist sehr schwer zu verstehen, daß alles, was Sie tun, genau das ist, was die bereits bestehende Harmonie und den Frieden stört. Jede Bewegung des Denkens in jedwede Richtung und auf jeder Ebene stellt einen Störfaktor für das einwandfreie und friedliche Funktionieren dieses lebendigen Organismus dar, der an Ihren spirituellen Erfahrungen überhaupt kein Interesse hat. Er interessiert sich für keine einzige dieser spirituellen Übungen, wie außergewöhnlich sie auch sein mögen.

Die völlige Abwesenheit jeglicher Art von Willen und das vollkommene Nichtvorhandensein von Anstrengung könnten als müheloser Zustand bezeichnet werden; aber dieser mühelose Zustand ist nicht etwas, was sich mittels Anstrengung erreichen ließe.

Es kommt gar nicht darauf an, welchem Lehrer Sie folgen. Wenn Sie die Lehre in Frage stellen, müssen Sie bedauerlicherweise auch den Lehrer in Frage stellen – dann aber kommt das Gefühl auf: „Irgendwas stimmt nicht mit mir, eines Tages jedoch werde ich es verstehen“. Wenn Sie es heute nicht verstehen können, werden Sie es nie verstehen. Also ist Verständnis eigentlich das Nichtvorhandensein des Verlangens nach Verständnis – ob heute oder morgen.

Nun ist aber gar kein Verständnis nötig. Das Verständnis dient nur dem Zweck, morgen etwas zu verstehen – nicht heute. Heute müssen Sie überhaupt nichts verstehen.

Das mag Ihnen komisch vorkommen, aber es ist tatsächlich so. Was also wollen Sie verstehen? Sie können mich überhaupt nicht verstehen. Ich habe jetzt zwanzig Tage lang geredet, und ich kann so weitermachen, aber Sie werden dann immer noch rein gar nichts verstanden haben. Und das nicht, weil es schwierig wäre. Es ist so einfach. Aber es ist gerade die hieran beteiligte komplexe [Denk]Struktur, die diese Einfachheit nicht akzeptieren kann. Darin liegt das eigentliche Problem. „So einfach kann es nicht sein“, denken Sie, denn die Struktur ist so komplex, daß sie nicht einmal die Möglichkeit in Erwägung ziehen will, es könnte einfach sein. Also werden Sie es morgen verstehen und nicht heute. Und morgen wird es wieder dasselbe sein, genau wie in zehn Jahren. Was also tut man in so einer Lage? Wir haben das alle schon erlebt. Entweder Sie drehen durch, oder Sie heben ab. Die Chancen durchzudrehen sind wirklich gut, wenn Sie versuchen, sich selbst in die Enge zu treiben. Aber das werden Sie nicht tun.

26. Juli 2019
Sehen Sie, wenn Sie das, was ich sage, im Sinne Ihrer Wertvorstellungen und speziellen Verhaltensregeln interpretieren, gehen Sie vollkommen an der Sache vorbei. Es ist nicht so, daß ich gegen die sittlichen Verhaltensnormen wäre. Diese besitzen einen gesellschaftlichen Wert; sie sind für das reibungslose Funktionieren der Gesellschaft unabdingbar. Um in dieser Welt auf intelligente Weise funktionieren zu können, bedarf es gewisser Verhaltensregeln. Ansonsten herrschte auf dieser Welt das totale Chaos. Dabei handelt es sich aber um ein soziales Problem und nicht um ein ethisches noch um ein religiöses Problem. Sie müssen diese beiden Dinge auseinanderhalten, denn wir leben heute in einer veränderten Welt. Wir müssen eine andere Möglichkeit finden, wie wir mit unserer Umwelt in Harmonie leben können. Solange Sie mit sich selbst in Konflikt sind, solange wird es Ihnen auch nicht möglich sein, mit der Sie umgebenden Gesellschaft in Harmonie zu leben. Dafür sind Sie selbst verantwortlich.

Wie ich Ihnen neulich schon sagte, würde ich Ihnen gerne eine kurze Ahnung, einen Einblick, hiervon vermitteln. Nicht im dem Sinne, wie Sie das Wort ‘Einblick’ gebrauchen; nur eine Andeutung davon. Sie würden überhaupt nicht daran rühren wollen. Das, was Sie wollen, woran Sie interessiert sind, gibt es nicht. Sie können eine Menge unbedeutender Erfahrungen machen, falls es das ist, wofür Sie sich interessieren. Machen Sie nur alle Meditationen mit, tun Sie, was Sie wollen, und Sie werden alle möglichen Erfahrungen machen. Wenn man Drogen nimmt, ist das noch viel einfacher. Ich empfehle hier nicht die Anwendung von Drogen, aber die Erfahrungen, die es dabei zu machen gibt, sind genau die gleichen wie bei der Meditation. Die Ärzte sagen, daß Drogen das Gehirn schädigen würden, aber das wird auch die Meditation tun, wenn man sie nur ernsthaft genug betreibt. Es gibt Menschen, die sind wahnsinnig geworden dabei, sind in den Fluß gesprungen und haben sich so umgebracht. Sie haben alles mögliche unternommen – sie haben sich in Höhlen eingeschlossen – weil sie das nicht verkraften konnten.

Sehen Sie, es ist Ihnen einfach nicht möglich, Ihre Gedanken zu beobachten; es ist nicht möglich, daß Sie jeden Schritt, den Sie tun, beobachten. Das wird Sie zum Wahnsinn treiben. Sie können nicht mehr gehen. Das ist auch gar nicht mit dieser Idee gemeint, daß man alle Dinge wahrnehmen, jeden Gedanken beobachten sollte; wie könnte es denn auch möglich sein, jeden einzelnen Gedanken zu beobachten – und wozu wollen Sie Ihre Gedanken beobachten? Zu welchem Zweck? Kontrolle? Sie können das nicht kontrollieren. Dahinter steckt eine enorme Dynamik.

Wenn Sie in Ihrer Vorstellung so weit gekommen sind, daß Sie meinen, Ihre Gedanken unter Kontrolle zu haben, und wenn Sie einen Raum zwischen diesen Gedanken oder einen Zustand von Gedankenleere erleben, dann glauben Sie, Sie hätten etwas erreicht. Dies ist ein von Gedanken hervorgerufener Zustand der Gedankenlosigkeit, ein Raum zwischen zwei Gedanken. Die Tatsache, daß Sie den Raum zwischen zwei Gedanken und den gedankenleeren Zustand erfahren, bedeutet nur, daß Ihr Denken dabei durchaus gewärtig war. Es kommt wieder zum Vorschein, so wie die Rhône, die durch Frankreich fließt, verschwindet und dann wieder zum Vorschein kommt. Sie ist in den Untergrund verschwunden. Der Fluß ist immer noch da. Er läßt sich nicht zum Zwecke der Navigation nutzen, aber schließlich kommt er wieder herauf. Und genau so kommen auch die Dinge, die Sie in die unterirdischen Regionen verbannen (wobei Sie glauben, daß Sie etwas Außergewöhnliches erlebten) wieder an die Oberfläche – und dann werden Sie merken, wie diese Gedanken aus Ihrem Inneren herausströmen.  

Jetzt sind Sie dessen nicht gewahr, daß Sie jetzt atmen. Sie müssen sich Ihres Atmens nicht bewußt sein. Warum wollen Sie sich dessen bewußt sein, daß Sie atmen? Wenn Sie Ihren Atem kontrollieren, um Ihre Lungen oder Ihren Brustkorb auszudehnen – dann ist das etwas anderes. Aber warum wollen Sie sich der Bewegung des Atems von seinem Entstehen bis zum Ende gewahr sein? Sie werden sich plötzlich Ihres Atmens bewußt. Ihr Atem und das Denken stehen in einer engen Beziehung zueinander. Deshalb wollen Sie Ihren Atem kontrollieren. Denn das würde bedeuten, daß sie so gleichermaßen auch Ihr Denken für eine Weile kontrollieren könnten. Wenn Sie aber Ihren Atem zu lange anhalten, wird Sie das ebenso ersticken, wie auch alles andere, das Sie unternehmen, um den Fluß der Gedanken anzuhalten oder zu blockieren, Sie zu Tode würgen wird – und das ist wörtlich so gemeint – oder es wird Ihnen sonst auf irgendeine Weise schaden. Das Denken ist eine sehr mächtige Schwingung, eine außerordentliche Schwingung. Es ist wie ein Atom. Man kann mit solchen Dingen nicht herumspielen. 

Sie werden das Ziel, Ihr Denken gänzlich unter Ihre Kontrolle zu bringen, nicht erreichen. Das Denken muß auf die ihm eigene Weise funktionieren, auf seine abgehackte, unzusammenhängende Weise. Das ist etwas, was sich nicht durch irgendwelche Bemühungen Ihrerseits erreichen läßt. Es muß in seinen normalen Rhythmus fallen. Selbst dann, wenn Sie versuchen wollen, ihm den normalen Rhythmus zuzumessen, fügen Sie ihm nur neue Impulse hinzu. Es führt ein unabhängiges Leben, das sich unglücklicherweise innerhalb des Lebensvorgänge eine parallele Existenz aufgebaut hat. Diese beiden befinden sich in einem permanenten Konfliktzustand. Und der wird erst dann zu Ende gehen, wenn auch das Leben endet. 

Das Denken hat sich zum Herren über diesen Körper aufgeworfen. Das Denken beherrscht das Ganze absolut. Es versucht noch immer, alles vollkommen unter Kontrolle zu halten. Sie können den Bediensteten nicht aus dem Haushalt entfernen, ganz gleich, was Sie auch tun. Wenn Sie Gewalt anwenden, wird er den ganzen Haushalt niederbrennen, obwohl er genau weiß, daß er damit auch sich verbrennt. Für ihn wäre das eine große Torheit, aber genau die werden Sie provozieren, wenn Sie es versuchen. Das sind nur Gleichnisse, ziehen Sie also keine logischen Schlußfolgerungen daraus, sondern finden Sie es selbst heraus, wenn Sie diese Dinge tun, und nehmen Sie das nicht auf die leichte Schulter. Oder nehmen Sie sie auf die leichte Schulter, und spielen Sie mit ihnen. Das ist in Ordnung – als Spielzeug. 

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Sie wollen kein normaler Mensch sein, Sie möchten kein gewöhnlicher Mensch sein. Das ist das eigentliche Problem. Es gehört zum Allerschwierigsten, ein gewöhnlicher Mensch zu sein. Die Kultur verlangt es, daß man etwas anderes sein sollte als das, was man ist. Dadurch wurden Kräfte in Bewegung gesetzt, eine ungeheuer mächtige Bewegung – der Denkprozeß – der verlangt, daß man etwas anderes sein sollte als das, was man ist. Nur darum geht es. Sie können ihn dazu benutzen, um gewisse Dinge zu erreichen; ansonsten hat er keinen Verwendungszweck.

Der einzige Zweck des Denkens besteht darin, diesen Körper zu ernähren und ihn fortzupflanzen. Das ist alles, wofür das Denken nützlich ist. Ansonsten hat es keinen Nutzen. Es kann nicht dazu benutzt werden, um zu spekulieren.

Sie können eine enorme philosophische Denkstruktur errichten, die jedoch keinerlei Wert besitzt. Sie können jede Begebenheit in Ihrem Leben interpretieren und eine weitere philosophische Denkstruktur erstellen, aber das ist nicht der eigentliche Zweck des Denkens.

Wir reden ständig über das Denken. Was ist Denken? Haben Sie sich das Denken jemals wirklich angesehen, geschweige denn die Gedankenkontrolle, die Manipulation des Denkens oder den Gebrauch des Denkens, um einen materiellen oder sonstigen Gewinn daraus zu ziehen? Sie können Ihr Denken nicht betrachten, weil Sie sich nicht vom Denken abspalten können, um es anzusehen. Es gibt kein Denken, das getrennt wäre von dem Wissen, das Sie darüber haben – den Definitionen, die Sie kennen. Wenn Ihnen also jemand die Frage stellt „Was ist Denken?“, so ist jegliche Antwort, die Sie geben, eine Antwort, die bereits vorgegeben ist – von den Antworten, die andere schon zuvor gegeben haben.

Wenn Sie also Betrachtungen über das Denken anstellen, so werden Sie dort nur das vorfinden, was Sie bereits darüber wissen. Ansonsten können Sie sich das Denken nicht ansehen. Es gibt kein Denken, das nicht in dem enthalten wäre, was Sie schon über das Denken wissen. Wenn das einmal verstanden wird, hört diese ganze sinnlose Bemühung, die darauf abzielt, das Denken beobachten zu wollen, auf. Es gibt nur das, was Sie schon wissen – die Definitionen, die Ihnen von anderen gegeben wurden. Und wenn Sie sehr intelligent und clever genug sind, dann schaffen Sie Ihre eigenen Definitionen.

Wenn Sie einen Gegenstand betrachten, kommt Ihnen das Wissen in den Sinn, das Sie über diesen Gegenstand besitzen. Es entsteht die Illusion, daß das Denken etwas von den Gegenständen Verschiedenes sei; aber Sie sind derjenige, der den Gegenstand erschafft. Der Gegenstand mag vorhanden sein, aber das einzige, das Sie haben, ist das Wissen über diesen Gegenstand. Abgesehen von diesem Wissen und unabhängig von diesem Wissen, frei von diesem Wissen, gibt es keine Möglichkeit für Sie, irgend etwas darüber zu wissen. Es gibt für Sie keine Möglichkeit, etwas auf direktem Wege zu erfahren. Das Wort ‘direkt’ bedeutet nicht, daß es noch einen anderen Weg gäbe, um die Dinge auf eine andere Weise erfahren zu können, als Sie das jetzt tun. Das Wissen, über das Sie verfügen, ist alles, was es gibt, und das ist es auch, was Sie erfahren. Wirklich, Sie wissen nicht, was es ist.

Genau so ist es auch, wenn Sie etwas über das Denken wissen oder das Denken erleben wollen, dann tritt der gleiche Mechanismus in Funktion. Es gibt kein Außen oder Innen. Das, was vorhanden ist, ist lediglich der Vorgang, der Fluss des Wissens (Akasha). Sie können sich also gar nicht vom Denken abspalten, um es anzusehen.


Wenn also eine Frage gestellt wird, sollten Sie eigentlich erkennen, daß es keine Antwort geben kann, die irgendeinen Sinn hätte, denn alle Antworten sind nur aus zweiter Hand und angelernt. Damit hört diese Bewegung auf. Es gibt keinen Grund für Sie, die Frage zu beantworten. Es gibt keinen Grund dafür, warum Sie etwas darüber wissen müßten. Alles, was Sie wissen, kommt zum Erliegen. Es gehen keine Impulse mehr davon aus. Es verlangsamt sich, und dann wird Ihnen allmählich klar, wie sinnlos es ist, diese Frage zu beantworten, auf die es gar keine Antwort gibt. Es gibt bereits all die Antworten, die von anderen gegeben wurden. Also haben Sie zu dem Thema ‘Denken’ nichts zu sagen, denn alles, was Sie zu sagen haben, ist ein Sammelsurium aus anderen Quellen. Sie haben keine eigene Antwort. 

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Sie können sich überhaupt nicht vorstellen, daß es möglich ist, etwas zu begreifen, das nicht in einem zeitlichen Rahmen liegt. Alles dauert seine Zeit. Es hat so und so viele Jahre gedauert, bis Sie dort angekommen sind, wo Sie jetzt sind, und immer noch bemühen Sie sich und kämpfen darum, eine höhere Ebene zu erreichen – höher und höher und immer höher. Das Instrument (der Verstand), das Sie gebrauchen, kann nicht begreifen, daß es eine Möglichkeit gibt, etwas ohne Anstrengung, ohne Bemühen zu verstehen und ohne ein Endergebnis erzielen zu wollen. Aber die Angelegenheiten, mit denen Sie sich im Leben auseinandersetzen müssen sind lebendig; es geht darum, wie man leben soll. Der Verstand hat Ihnen nicht geholfen, diese Probleme zu lösen. Sie können eine zeitlich begrenzte Lösung finden, aber das schafft weitere Probleme, und so geht es immer weiter. Die Belange des Lebens sind lebendige Probleme. Das Mittel, welches Sie benützen, das Denken, ist ein stumpfes Instrument, und es kann nicht dazu benutzt werden, irgend etwas Lebendiges zu verstehen. Sie können gar nicht anders als in Begriffen von Streben, Anstrengung und Zeit zu denken – eines Tages werden Sie das spirituelle Ziel erreicht haben – ganz genau so, wie Sie auch alles andere erreicht haben, das Sie sich im Leben vorgenommen hatten. 

Also liegt Ihr Problem nicht im Problem selbst, sondern in dessen Lösung. Wenn die Lösung verschwunden ist, gibt es auch kein Problem mehr. Falls es eine Lösung gibt, sollte es auch das Problem nicht mehr geben. Wenn die Antworten, die von den anderen (den ‘weisen Männern’) gegeben werden, die richtigen Antworten wären, dann sollte es auch gar keine Fragen mehr geben. Also sind es ganz offensichtlich nicht die richtigen Antworten. Wären sie es, gäbe es keine Fragen mehr.

Warum stellen Sie also nicht die Antworten in Frage? Wenn Sie die Antworten in Frage stellen, müssen Sie auch diejenigen in Frage stellen, die diese Antworten erteilt haben. Aber Sie nehmen es als gegeben hin, daß sie alle miteinander ‘weise Menschen’ wären, uns allen in spiritueller Hinsicht weit überlegen, und daß sie wüßten, worüber sie reden. Aber sie wissen absolut gar nichts!

Wo, glauben Sie, entstehen diese Fragen? Wie formulieren sie sich in Ihrem Innern? Es sind alles mechanische Fragen. Ich muß immer wieder die Notwendigkeit dessen betonen, daß Sie verstehen, wie mechanisch das Ganze ist.


Die Antworten, die Sie erhalten, sind offenbar nicht die richtigen Antworten, denn die Fragen dauern an, trotz der Antworten, die Ihnen anscheinend jemand erteilt. Die Frage besteht immer noch. Diejenige Antwort, von der Sie glauben, daß es die richtige Antwort sei (zu Ihrer Zufriedenheit oder nicht), ist in Wirklichkeit keine Antwort. Wenn sie es wäre, hätte die Frage für alle Zeiten verschwinden müssen. Alle Fragen sind nur Abwandlungen ein und derselben Frage. Die Antwort darauf kennen Sie schon, und all die übrigen Fragen sind nur solche, für die es völlig uninteressant ist, ob sie beantwortet werden oder nicht. Wenn es überhaupt eine Antwort auf eine Frage gibt, dann sollte sie alle bereits vorhandenen Antworten zerstören. Es gibt da keinen Fragesteller. Wenn die Antwort verschwindet, muß gleichzeitig auch der Fragesteller – der nichtexistente Fragende – verschwinden. Ich weiß nicht, ob ich mich verständlich machen kann.

Gibt es eine Frage, von der Sie sagen könnten, daß sie ganz und gar Ihre eigene wäre? Wenn Sie es fertigbringen, eine Frage zu stellen, die Sie wirklich Ihr eigen nennen können, eine Frage, die nie, niemals zuvor gestellt wurde, dann hat es einen Sinn, darüber zu sprechen. Dann müssen Sie nicht mehr dasitzen und irgend jemandem Fragen stellen, die es eigentlich gar nicht gibt. Eine Frage, die Sie Ihr eigen nennen können, wurde niemals zuvor gestellt. Alle Antworten sind nur für diese Frage da. Wahrscheinlich ist Ihnen gar nicht klar, daß Ihre Fragen aus den Antworten entstanden sind, die Sie schon kennen, und daß es sich dabei keinesfalls um Ihre Antworten handelt. Es sind Antworten, die Sie schon erhalten haben.

Warum stellen Sie also diese Fragen, warum sind Sie nicht mit den bereits vorhandenen Antworten zufrieden? So lautet meine Frage. Warum? Wenn Sie damit zufrieden sind, dann ist doch alles in Ordnung. Dann werden Sie wahrscheinlich sagen: „Ich will gar keine Antworten.“ Aber die Frage besteht immer noch, tief in Ihrem Innern. Es ist gleichgültig, ob Sie jemanden aufsuchen oder die Antwort von einem weisen Mann erwarten, die Frage besteht weiter. Warum besteht sie? Was geschieht, wenn die Frage an ihr Ende gelangt? Dann kommen auch Sie an Ihr Ende. Sie sind nichts als die Antworten. Wenn Sie verstehen, daß es keinen Fragenden gibt, der die Fragen stellt, ist Ihre Antwort in höchster Gefahr. Deshalb will die Frage überhaupt keine Antwort bekommen. Diese Antwort würde das Ende jener Antwort bedeuten, die Sie haben, und die nicht die Ihre ist.

Alle Gedanken sind tot, sie leben nicht. Sie können sie nicht mit Leben versehen. Das ist es, was Sie die ganze Zeit über zu tun versuchen: Sie statten sie mit Emotionen aus. Aber es sind keine lebenden Dinge. Sie können niemals etwas Lebendiges berühren. Sie glauben, Sie hätten spirituelle oder psychologische Probleme, dabei sind es eigentlich Probleme mit dem Lebendigsein. 

Was meinen die Menschen denn eigentlich damit, wenn sie von Bewußtsein sprechen? So etwas wie ein Unbewußtsein gibt es nicht. In der medizinischen Technologie kann ein Grund dafür gefunden werden, warum ein bestimmter Mensch bewußtlos ist, aber der Mensch, der bewußtlos ist, kann nicht wissen, daß er es ist. Wenn er aus dem Zustand der Bewußtlosigkeit  herauskommt, ist er bewußt. Meinen Sie also, daß Sie jetzt bewußt sind? Glauben Sie, Sie seien wach? Sind Sie der Meinung, daß Sie am Leben sind? 

Sehen Sie, es ist nicht leicht, zu einem Individuum zu werden. Denn das bedeutet, daß man ein ganz gewöhnlicher Mensch ist. Es ist sehr schwierig, ganz gewöhnlich zu sein. Sie wollen etwas anderes sein als Sie es sind. Man selbst zu sein ist ganz einfach, man muß überhaupt nichts dazu tun. Keine Anstrengungen sind vonnöten. Man muß keine Willenskraft gebrauchen, man muß gar nichts tun, um man selbst zu sein. Aber um etwas anderes zu sein als man wirklich ist, muß man viele Dinge tun.

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