Jiddu Krishnamurti

Jiddu Krishnamurti
Wir werden sehen wie wichtig es ist die radikale Revolution in den Köpfen der Menschen zu verursachen. Die Krise ist eine Krise des Bewusstseins. Ein Krise, die nicht mehr die alten Normen akzeptieren kann, die alten Muster, die uralten Traditionen. Wenn man in Betracht zieht, was die Welt jetzt ist, mit all dem Elend, den Konflikten, der zerstörerischen Brutalität, Aggressionen usw. Der Mensch ist immer noch wie er war. Er ist immer noch brutal, zerstörerisch, aggressiv, habgierig, wetteifernd. Er hat eine Gesellschaft darauf aufgebaut.

Sonntag, 16. Februar 2020

Schuld und Sünde || Mystik || Willigis Jäger

Aus Sicht der Mystik ist Sünde letztlich nicht anderes als Mangel an Erkenntnis. Wer sein wahres Sein wirklich erkannt hat, wer seine  Ich-Fixierung fallen lassen konnte und den transpersonalen Raum betreten hat, der wird sich ethisch korrekt verhalten. Er wird erkennen, dass moralische Vorschriften und ethische Gebote aus der Liebe kommen. Sünde besteht dann nur noch darin, sich dieser Liebe, dieser Selbsttranszendenz zu verweigern und an der Ich-Struktur haften zu bleiben. Sünde ist der Zustand des Abgetrennt-Seins, der Selbstausgrenzung des Ich aus dem Strom des Lebens. Und wo diese SelbstausgrenzungÜberhand gewinnt, lauert das Verderben. Mein Hinweis auf die Naturwissenschaft, die darauf besteht, dass geschlossene Systeme, die sich ihrer Umwelt nicht mehr öffnen können, in sich zugrunde gehen, sei hier noch einmal wiederholt.

Der klassische Mythos zum Thema Sünde dürfte die biblische Geschichte von der Vertreibung aus dem Paradies sein. Handelt auch sie von der Ursünde der SelbsttranszendenVerweigerung?
Sie erzählt die Vorgeschichte. Sie handelt davon, wie wir überhaupt in die Situation geraten konnten, uns der Selbsttranszendenz zu verweigern. Ihr zufolge besteht der eigentliche Sündenfall nämlich in nichts anderem als den Schritt in die Individuation, dem Austritt aus einem "vorpersonalen Himmel". Sie handelt vom Erwachen aus der Dumpfheit des Vorbewusstseins in eine Ich-Erfahrung, aus dem Zustand des Instinktes in den des Erkennens von Gut und Böse. Das war ein großer Fortschritt des Evolution, doch zog er eine ganze Reihe von Belastungen mit sich, die den Menschen in dem Augenblick zu quälen begannen, in dem er sich seines Ich bewusst wurde: Tod, Krankheit, Leiden, Schuld, Einsamkeit.

Nicht das Essen vom Baum der Erkenntnis ist Sünde, sondern dass der Mensch sich bei der Ich-Werdung von Gott - das heißt: von seinem wahren Wesen - abgewandt hat. "Sie waren nackt", heißt es in der Schrift. Das hat nichts mit Kleidung zu tun. Sie waren hinausgeworfen in die Einsamkeit des Ich. Die Vertreibung aus dem Paradies ist das Hinaustreten in den personalen Zustand - das Heraustreten des Ich-Bewusstseins aus der Einheit mit Gott. Sünde ist so gesehen nicht das jeweilige Vergehen einzelner Menschen, sondern der Preis, den die Menschheit für ihre Individuation zu zahlen hat. In dieser Sünde leben wir, so lange es uns nicht gelingt, in einer mystischen Erfahrung uns selbst zu transzendieren.

Die Welle ist das Meer
Unterwegs ins Paradies S.142/143

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen