Jiddu Krishnamurti

Jiddu Krishnamurti
Wir werden sehen wie wichtig es ist die radikale Revolution in den Köpfen der Menschen zu verursachen. Die Krise ist eine Krise des Bewusstseins. Ein Krise, die nicht mehr die alten Normen akzeptieren kann, die alten Muster, die uralten Traditionen. Wenn man in Betracht zieht, was die Welt jetzt ist, mit all dem Elend, den Konflikten, der zerstörerischen Brutalität, Aggressionen usw. Der Mensch ist immer noch wie er war. Er ist immer noch brutal, zerstörerisch, aggressiv, habgierig, wetteifernd. Er hat eine Gesellschaft darauf aufgebaut.

Montag, 12. Dezember 2016

Willigis Jäger - über die Liebe Buch und Vortrag

https://www.randomhouse.de/leseprobe/UEber-die-Liebe-Herausgegeben-von-Christa-Spannbauer-und-Ursula-Richard/leseprobe_9783466368426.pdf

Prolog. Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Rechteinhaber. Alle Rechte vorbehalten.

Agape - die Liebe zum Mitmenschen
"Ein Mönch war an Ruhr erkrankt", heißt es an einer Stelle im Pali-Kanon, "und lag stinkend in seinem eigenen Urin und Kot." Als der Buddha an seiner Unterkunft vorbeikam, fragte er ihn, warum sich niemand um ihn kümmere. "Die anderen Mönche kümmern sich nicht um mich", antwortete der Mönch, "weil ich auch nichts für sie tue." Der Buddha und sein Begleiter Ananda wuschen den Mönch, hoben ihn hoch und legten ihn auf ein Bett. Der Buddha stellte die Gemeinschaft zur Rede, warum sie sich nicht um den kranken Mönch gekümmert hätten, und sagte dann zu ihnen: "Mönche, ihr habt weder eine Mutter noch einen Vater, die euch pflegen könnten. Wenn ihr euch nicht umeinander sorgt, wer wird sich dann um euch kümmern? Wer auch immer mich pflegen würde, sollte auch andere, die krank sind, pflegen."

Beziehung, Zuwendung und nicht zuletzt auch Berührung sind ein so wichtiger Teil unseres Lebens. Es ist ein großes Geschenk, von einem anderen Menschen gesehen, gehört, verstanden und berührt zu werden. Und das Größte, das ich einem anderen geben kann, ist, ihn zu sehen, zu hören, zu verstehen und zu berühren. Die Mönche, zu denen der Buddha hier sprach, waren aus einem falschen Verständnis heraus nur an ihrer eigenen Befreiung interessiert, suchten nur für sich einen Weg zum Erwachen und kümmerten sich nicht umeinander. Indem sich aber der Buddha mit dem kranken Mönch identifizierte, signalisierte er, dass zwischen dem Erwachen und dem Leid ein Zusammenhang besteht. Ohne Geburt, Krankheit, Altern und Tod gäbe es weder ein Erwachen noch einen Erwachten. Der Buddha kann sich mit dem kranken Mönch identifizieren, weil er sieht, dass sein eigenes Erwachen und das des Mönches nichts Verschiedenes sind.

Auch Jesus setzt sein Leben mit dem eines jeden anderen Menschen gleich."Denn ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen; ich war nackt, und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank, und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis, und ihr seid zu mir gekommen."

Meister Eckhart sagte daher zu Recht: "Wer Gott mehr liebt als seinen Nächsten, der liebt ihn noch nicht auf vollkommene Weise." Es geht um die Einheitserfahrung mit allem und jedem, aus der die wahre Liebe aufsteigt.
In dieser Einheitserfahrung liegt die Weisheit aller spirituellen Wege begründet, eine Weisheit, die besagt, dass es keine Trennung zwischen einem Ich und einem Du, zwischen diesem Urgrund Gott und den Menschen gibt.

In dieser Erfahrung der Einheit aller Wesen und allen Lebens liegt das Ziel des spirituellen Weges. Aus dieser Erfahrung erwächst Liebe. Und wer liebt, empfängt. Denn Liebe ist wie der Ruf in eine Echowand - es schallt zurück, wenn ich hineinrufe.

Diese Liebe verändert die Menschen. Ich kann dann gar nicht anders, als auf meinen Mitmenschen zuzugehen, dessen Leid ich als mein Leid erfahre und dessen Freude auch meine Freude ist. Hier gibt es keine Bevorzugung mehr, was nicht heißt, dass auf der persönlichen Ebene die Mutter ihre Kinder nicht mehr in besonderer Weise liebt und ein Partner und die Partnerin nicht in besonderer Beziehung zueinander stehen. Diese Erfahrung des Urgrunds verändert die Menschen von innen heraus, und das ist die Zielsetzung für eine Veränderung der Menschheit.

Meister Eckhart drückt dies in den folgenden Worten aus: "Wollt ihr's recht bedenken, so ist Liebe mehr Belohnung als ein Gebot ... Wer Gott liebt, wie er ihn lieben soll und auch lieben muss, ob er wolle oder nicht, und wie ihn alle Kreaturen lieben, der muss seinen Mitmenschen lieben wie sich selbst."

Wer liebt, steht in Ehrfurcht vor dem Leben. Die Verehrung gilt allen Lebewesen und Dingen. Alles ist heilig. Heilig kann man nicht werden, und man kann auch nichts heiligen. Heilig ist alles von Grund auf. Nichts ist heilig, sagt Bodhidharma, der in China die Zen-Tradition begründete, und meint damit genau das Gleiche. Denn alles, was existiert, ist eine Offenbarung des göttlichen Urgrundes.

Auf dem spirituellen Weg erfahren wir die Einheit mit allem Lebendigen. Wir erfahren den und das andere als eins mit unserem eigenen Leben. Alles wird zum Teil unseres eigenen Lebens, auch das, was wir als mangelhaft, schlecht oder böse bezeichnen. Wir erkennen, dass eine Unterteilung in heilig und unheilig letztlich unsinnig ist. Unser Intellekt begreift dies nicht, denn er möchte unterscheiden. Doch wahre Liebe erwächst nicht aus der Moral, nicht aus Geboten von "Du sollst" und "Du musst". Wirkliche Liebe akzeptiert den anderen Menschen, so wie er ist, und erfährt ihn als vollkommen, so wie er ist.

Viele Worte aus dem Neuen Testament weisen in diese Richtung:
"Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan."
"Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!"
"Liebet eure Feinde, tut Gutes denen, die euch hassen.
Segnet die, die euch verfluchen; betet für die, die euch misshandeln. Dem, der dich auf die eine Wange schlägt, halte auch die andere hin, und dem, der dir den Mantel wegnimmt, lass auch das Hemd" (Lukas 6,27ff.).

Das sei doch falscher Idealismus, sagt hier schnell der gesunde Menschenverstand. Sehe man sich die Weltsituation an, die vielen Kriege, den Terror, dann könne man doch erkennen, dass das nicht praktikabel ist. Auf einer solchen Ethik, so die allgemeine Auffassung, sei doch keine Sozialordnung zu gründen. Die Bösen würden das ausnutzen und die Oberhand gewinnen. So etwas werde nicht funktionieren.

Die Liebe, von der hier die Rede ist, kommt jedoch nicht aus der Moral, sondern basiert auf der Erfahrung des Nicht-Getrenntseins. Solange die Nächstenliebe nur ein Gebot bleibt, wird es keinen Frieden und keine Harmonie auf unserem Planeten geben. Wenn wir jedoch das eine Leben in uns selbst und in allen Erscheinungsformen erfahren, dann begegnen wir allem, was lebt, in Ehrfurcht und Respekt. Der Mystiker Thomas Merton beschrieb diese Erfahrung folgendermaßen: "Plötzlich war mir, als sähe ich die geheime Schönheit der Herzen, die Tiefe, wo weder Sünde noch Gier hinreichen, das Geschöpf, wie es in Gottes Augen ist."

https://www.amazon.de/%C3%9Cber-die-Liebe-Herausgegeben-Spannbauer/dp/3466368421

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen